The Nun 2 ist ein ärgerlicher Film. Nicht weil er schlecht ist, sondern weil er viel Potenzial liegen lässt. Über seine knapp 110 Minuten Lauflänge nimmt sich Regisseur Michael Chaves (Lloronas Fluch) viel Zeit, ein bedrohliches Setting einzurichten. Mit ihm verschlägt es uns nach Frankreich, in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Ort der Schauergeschichte ist ein ehemaliges Kloster, das mittlerweile als Internat dient. Gelungen greift der Film konventionelle Horrormotive auf und bastelt aus ihnen eine bedrohliche Ausgangslage: Nach dem Tod eines Geistlichen geschehen unerklärliche Dinge innerhalb der Kirche und Schwester Irene (Taissa Farmiga) muss sich mit ihrer Vergangenheit konfrontieren, sie muss sich auf ein erneutes Aufeinandertreffen mit dem Dämon Valak vorbereiten.
In The Nun 2 sind Kinder, die scheinbar mehr sehen, als Erwachsene. Da ist ein Dämon, der sukzessiv zu seiner physischen Gestalt findet. Da sind die Exorzismus-Motive und schaurige, religiöse Mythologisierungen. Das mag altbekannt sein, zeigt jedoch noch immer Wirkung. Besonders, wenn ein Film so wertig umgesetzt ist, wie dieser. Dem Team um Chaves gelingt es, das Kloster als Ort der langen Gänge, der vielen Türen, der dunklen Hinterräume zu inszenieren. Gut kann man sich vorstellen, dass hier ein unheimliches Geheimnis lauert. Und wenn die Eskalation im letzten Drittel einsetzt, bietet dieser Ort viele Möglichkeiten für Verfolgungen und Verstecke.
Auch wenn die Geschichte etwas schleppend wirkt (immerhin haben wir es hier mit dem neunten Franchise-Ableger und der zigfachsten Geschichte dieser Art zu tun), tut dem Werk das altmodische, langsame Erzähltempo gut. Die sich aufbauende Bedrohung und der emotionale Impact der letztlichen Auflösung werden so erhöht. All das macht das Sequel von Chaves besser als den Vorgänger The Nun. Umso ärgerlicher ist es, dass der Film das Potenzial seiner dämonischen Bedrohung fehl einschätzt. Die titelgebende dämonische "Nun" ist nicht dann bedrohlich, wenn sie uns mit einem lauten Jumscare ins Gesicht gesprungen kommt. Sie ist dann bedrohlich, wenn wir nur ihre Umrisse sehen, wenn sie wie ein dunkles Omen über der Szenerie schwebt.
The Nun 2 hat viele Momente, in der die Nonne nur an der Wandoberfläche zu sehen ist, in Gemälden oder – in einer der besten Szenen – als Silhouette, die sich langsam aus vom Winde umher gebletterten Zeitungsseiten ergibt. Leider hält der Film diesen Spannungsaufbau bloß wenige Momente durch, bevor er ihn mit einem Jumpscare ruinieren muss. Es handelt sich dabei nicht bloß um ein paar gut platzierte Jumpscares, um die schaurige Stimmung mit Schrecken aufzubrechen. Stattdessen sind sie das Mittel der Wahl, um so gut wie jede Szene zu beenden. Als böse Vorahnung hätte hier schon das Intro des Filmes genügen müssen.
Michael Chaves, der mit Lloronas Fluch und Conjuring 3 schon zweimal für das Franchise die Regie übernahm, setzt damit ein altbekanntes Problem der Reihe fort und liefert abermals Effekthascherei und Geisterbahn-Spuk ab, der im Moment effektiv erscheint, doch kaum bis nach dem Abspann wirkt. Hinzu kommen eine eh schon abgenutzte Geschichte und eine Redundanz im Szenen-Aufbau: Nach der Sichtung hat man das Gefühl, unzählige Male gesehen zu haben, wie ein Nonnen-Gesicht aus der Wand geschossen kommt, wie Türen im letzten Moment zugeschlagen werden und ein Erwachsener einem Kind doch noch schnell zur Rettung eilt. Das liegt vor allem an der Vorhersehbarkeit der Szenen-Auflösung, die mit ihrem Geisterbahn-Spuk schnell für Langeweile sorgt und in Kombination mit der konventionellen, trist Farbgebung und dem hämmernden Score und Sounddesign eine zähe Filmerfahrung ergibt.