{{ tweet.login }}

{{{ tweet.body | format }}}

Wird geladen...

×
×

Erwähnungen

×

Benachrichtigungen

Quelle: themoviedb.org

Verfügbar auf

Netflix

Inhalt

Warschau in den 1980er Jahren: Die zwei Schwestern Silber und Gold verbindet ihr Dasein als Meerjungfrauen. Eigentlich bleiben die beiden stets unter ihresgleichen und kommen den Menschen nur näher, wenn sie hungrig sind. Denn die bildschönen und musisch begabten Geschöpfe betören Zweibeiner mit ihren Gesängen, um sie anschließend zu zerfleischen. Als sie eines Abends auf die Band eines Nachtclubs aufmerksam werden, entschließen sich die beiden an Land zu gehen und heuern als Stripperinnen, Tänzerinnen und Sängerinnen an. Während Silber versucht, Herrin ihrer aufkeimenden Verliebtheit zu werden, gibt sich Gold ganz und gar ihrer dunklen und dämonischen Seite hin.

  • Cv6qjc3kgk2v9pyktgluxzuwpkk
  • Kwuym7oi1fojbwnyoqce66xnpoo
  • Isrzesn2ejs0bollyslyradvhft
  • D8idgsahqeiiaupmx1l6xtmj824
  • Irwwoiwafeuyxuaacvk3qakaegm
  • 1ms8sjonypta0twrfebupda54yv
  • Ykley3eiv9tv1x8go2e4gvqpgdf
Quelle: themoviedb.org

Kritik

Wie Barbie-Puppen sehen die beiden jungen Frauen aus, als sie der Manager eines polnischen Nachtclubs zum ersten Mal nackt auf der Couch in einem der Hinterzimmer des Etablissements erblickt. Wo diese mysteriösen Schönheiten, die sich beide mit Namen nur als Silber und Gold ausgeben, genau herkommen, ist für den Manager aber schon recht bald nicht mehr von Bedeutung. Die beiden Frauen, die offenbar aus den Tiefen des Meeres stammen und denen eine lange Schwanzflosse wächst, sobald sie mit Wasser in Berührung kommen, versprühen von Anfang an eine Ausstrahlung, der sich niemand um sie herum entziehen kann. Für den Manager steht sofort fest, dass er die beiden als Neuzugang in seinem Club aufnehmen und für die dortigen Auftritte, welche Gesang, Performance und Striptease verbinden, nutzen will. 

Diese Schilderung einer angehenden Handlung wird dem Kern von Agnieszka SmoczynskasThe Lure allerdings nur annähernd gerecht. Der Film der polnischen Regisseurin ist vielmehr ein vor kreativen Impulsen geradezu übersprudelnder Hybrid verschiedenster Einflüsse, Vorlagen und Stilmittel, der wie jedes bemerkenswerte Stück Kino selbst erfahren werden muss. Als Meerjungfrauen-Horror-Musical, dem zugleich tieftragische Untertöne innewohnen und das trotz eines markanten Fantasy-Einschlags mehr über das Menschsein aussagt als so manchen womöglich lieb ist, stellt The Lure sicherlich ein Novum in der Filmlandschaft dar. Smoczynskas Film gestaltet sich dabei selbst wie ein filmgewordener Sirenengesang, der den Betrachter unentwegt mit seinen Reizen betört und in einen euphorisierten Rauschzustand verführt. 

Schon die Anfangssequenz, in der die beiden Meerjungfrauen in den 80er Jahren ein paar Männer am Ufer immer näher zu sich locken, indem sie kurze Textzeilen wiederholt singen, entfaltet eine hypnotische Sogwirkung, welche die atmosphärische Kraft des Films innerhalb weniger Minuten verdeutlicht. Nachdem die fremdartigen und doch anziehenden Frauen von der Band am Strand in den Nachtclub gebracht werden, in dem die Musiker regelmäßig spielen, verströmt The Lure eine exzessive Energie, die aufgrund der dynamisch schwebenden Steadicam-Fahrten durch die Räumlichkeiten des Clubs und des Hangs zu ausgelassenen Musical-Montagen an poppigen Kino-Bombast im Stil eines Baz Luhrmann (Moulin Rouge) erinnert. 

Mit den knallbunten Kostümen und der prunkvollen Ausstattung aus den Filmen des Australiers sollte man Smoczynskas Vision allerdings nicht gleichsetzen. Im Polen der 80er Jahre, das die Meerjungfrauen scheinbar nur als Zwischenstation auf einer schier ewig während Reise durch die Meere der Welt angepeilt hatten, werden die beiden schließlich zu Opfern ihrer unbändigenden Neugier. Im Inneren des Nachtclubs, der sich irgendwo im Herzen des trostlosen, kaum einladenden Warschaus befindet, zeigt die Regisseurin die zunehmende Objektifizierung der beiden Frauen, die von ihrem Umfeld vollständig auf ihre attraktiven Körper sowie bezirzenden Stimmen reduziert werden. 

Würde man die fantasievolle Komponente der Meerjungfrauen aus The Lure entfernen, könnte der Film problemlos als Parabel auf ein Land verstanden werden, das seine eigenen Kinder in Form heranwachsender oder junger Frauen schonungslos ausbeutet und einem trostlosen Schicksal ausliefert, bei dem die Persönlichkeiten der jeweiligen Menschen zugunsten von kalkulierten Profiten ausgelöscht werden. Auch wenn Smoczynska ihre weiblichen Hauptfiguren lange Zeit mit strahlenden Gesichtern und einer dominierenden Charakterstärke in den Vordergrund rückt, offenbart die Regisseurin nach und nach Probleme und Komplikationen, die das Leben in herkömmlicher Menschlichkeit für die Meerjungfrauen mit sich bringt. 

Während sich Silber in den Bassisten der Band verliebt, wird Gold von einem Hunger geplagt, der sich nur durch den Verzehr von Menschenfleisch vorübergehend stillen lässt. Sollte sich Silbers Auserwählter hingegen für eine andere Frau entscheiden und diese heiraten, droht der nach wie vor verliebten Meerjungfrau beim Sonnenaufgang des ersten Morgens nach der Hochzeit, dass sie zu Meeresschaum zerfällt. Spätestens mit diesem mythologischen Unterbau verweist die Regisseurin explizit auf Hans Christian Andersens bekannte Märchengeschichte Die kleine Meerjungfrau, die Smoczynska weitestgehend vorlagengetreu mit dem Handlungsgerüst ihres Films verflechtet. 

Stand das tragische Ende in Andersens Märchen wiederum für einen optimistischen Neubeginn, so bleibt die Tragik in The Lure bis ganz zum Schluss fester Bestandteil des Erzähltons. Nach Passagen, in denen pessimistische Klagegesänge, bizarrer Body-Horror und blutige Einschübe regieren, findet Smoczynska zu einem von wummernden Bässen begleiten Schluss, in dem sie das zentrale Dilemma, als Außenseiter an der Menschheit zu scheitern, noch einmal eindringlich auf einen finalen Höhepunkt bringt.

Fazit

Als polnisches Meerjungfrauen-Horror-Drama-Musical ist „The Lure“ gewiss ein Film, wie man ihn wahrscheinlich noch nie gesehen hat. Auch wenn die einzelnen Stilmittel und Versatzstücke aus Agnieszka Smoczynskas Film Einflüsse und Vorlagen deutlich erkennbar machen, ist der Regisseurin ein fantastisch inszeniertes Werk gelungen, das den Betrachter durch hypnotische Rauschhaftigkeit in einen tranceähnlichen Zustand versetzt. Gleichzeitig erzählt Smoczynska auf niederschlagende, berührende Weise viel über das Menschsein und davon, wie all das, was uns fremdartig oder ungewöhnlich erscheint, auf Dauer keinen Platz zwischen uns zu finden scheint und irgendwann zur Verdammung bestimmt ist.

Kritik: Patrick Reinbott

Wird geladen...

×