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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Der Earl of Rochester ist kein angenehmer Mensch: Er hasst sein Leben, trinkt wie ein Loch, gebraucht Frauen und fühlt sich allen anderen überlegen - alles ist ihm egal, denn erste Anzeichen von Syphilis stärken ihn in der Annahme, er habe nicht mehr lange zu leben. Überheblich lässt er sich auf eine Wette ein, er könne jede x-beliebige Schauspielerin groß herausbringen - und schaufelt sich damit sein eigenes Grab. Denn jene Elizabeth ist es, die den Earl nach Erreichen ihrer Ziele fallen lässt.

Kritik

»Schwanz oder Gehirn?« 

König Charles II. (John Malkovich, Der fremde Sohn) erhoffte sich natürlich etwas Tiefgründiges und Schmeichelhaftes, als er John Wilmot (Johnny Depp, Gegen die Zeit), den zweiten Graf von Rochester, mit dem Gesuch beauftragte, ein Theaterstück mit ihm (sprich: zu seinen Ehren) in der Hauptrolle zu entwerfen. Wilmot hingegen setzte eine rauschende Orgie in Szene, die der Bürgerschreck und Bettenstürmer als ein Denkmal für das Schaffen des Königs bezeichnete. Und natürlich hatte er Recht damit, denn nachdem die repressiven Puritaner England jahrelang beherrscht hatten, wurde im Jahre 1660 der liberale König Charles II. unter großem Jubel des Volkes inthronisiert. Nicht nur Kunst, Theater sowie Naturwissenschaften entwickeln sich, auch die Unmoral platzt aus allen Nähten. John Wilmot ist das Produkt dieser Zeit – gleichermaßen Nutznießer wie Opfer.

Im ordinären Prolog von The Libertine richtet Wilmot sein Wort auch geradewegs in die Kamera und sucht damit den direkten Kontakt zum Zuschauer. Hier unterstreicht der Protagonist der folgenden knapp 120-minütigen Laufzeit, dass er keinen Wert darauf legt, von uns gemocht zu werden. Sympathien bekämpft er mit pulsierendem Schwanz und mit bis zum Rand gefüllten Eiern. Bereit, sich an jedem, ob Mann oder Frau, zu vergehen, der sich ihm in den Weg stellt. Auf dieses Vorwort lässt Regisseur Laurence Dunmore auch direkt Taten folgen, wenn er veranschaulicht, dass Wilmot dem weiblichen Geschlecht zur Begrüßung erst einmal die Hand zwischen die Beine schiebt. Der orgiastisch-hemmungslose Lebensstil, der den Libertin schlussendlich auch ins Grab führen sollte, hätte allerdings durchaus noch deutlich extremer respektive expliziter ausgekostet werden können.

Denn im Umgang mit ausgestellter Nudität und visualisierter Sexualität zeigt sich The Libertine dann doch irritierend geizig, letztlich wohl auch aus dem Grund, weil sich Dunmore im Klaren darüber ist, dass der erzählerische Schwerpunkt der historischen Geschichte, die auf ein Theaterstück aus dem Jahre 1994 zurückgeht, nicht per se auf den Ausschweifungen liegt, denen sich Wilmot mit selbstzerstörerischer Entschiedenheit hingegeben hat, sondern auf den Konsequenzen und dem Scheitern daran. Irgendwann nämlich lernt der dauergeile, niemals nüchternde Exzentriker die Schauspielerin Elizabeth Barry (Samantha Morton, Minority Report) kennen, verfällt ihr und lässt dafür seine Frau (gespielt von Rosamund Pike, A Private War) kurzerhand aufs Land verfrachten. Wilmot verspricht Elizabeth, ihr dabei zu helfen, zur eindrucksvollsten Bühnendarstellerin ihrer Zeit zu werden – und er hält sein Versprechen.

Die Liebe von Elizabeth jedoch konnte er nie für sich gewinnen und die ausgiebigen Jahre als tiebgesteuerter, hochmütiger Lustwandler tragen Rechnung, wenn er als syphiliskrankes Häuflein Elend langsam aber sicher verkümmert. The Libertine, der nichts Anmutiges oder Sehnsuchtsvolles im Ambiente des Kostüm- und Ausstattungsfilmes findet, spürt dem Ekel im Dekandenten, der Abscheu dem Verschwenderischen gegenüber nach und hat mit John Wilmot einen idealen Dreh- und Angelpunkt dafür gefunden: Auch er, der intellektuelle Wüstling, liebt das Leben nicht im geringsten so sehr, wie er es vorgibt. Johnny Depp, der 2004 schon in den karnevalesken Untiefen des Fluch der Karibik-Franchise angekommen war, präsentiert sich hier zudem in Hochform, spuckt Feuer und Galle, wenn es sein muss, und lässt hinter der hedonistisch-anmaßenden Fassade immerzu eine tiefe Tragik durchschimmern.

Fazit

Sicherlich mag "The Libertine" kein herausragender Film sein, allerdings beweist die Regiearbeit von Laurence Dunmore nicht nur, was für ein großartiger Darsteller Johnny Depp eigentlich ist. Das Peroid Picture entledigt sich auch stimmungsvoll jedem Ansatz von sehnsuchtsvoller Verklärung des historischen Ambiente und führt direkt in eine Epoche, in der die Unmoral zum Prinzip erklärt wurde. Ein tödliches Prinzip.

Kritik: Pascal Reis

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