Angezogen von den Lichtern der Stadt im Tal, nimmt die 16-jährige Jeanne aus einem Kinderheim in den Bergen Reißaus. Sie findet Unterschlupf in einem Filmstudio, das sie nachts in aller Ruhe erkundet. Tagsüber wird hier der FilmDie Schneekönigingedreht, in dem die geheimnisvolle Cristina die Hauptrolle spielt. Der wunderschöne, leidgeprüfte Star zieht Jeanne sofort in den Bann. Zwischen dem Mädchen und der Schauspielerin entwickelt sich eine gegenseitige Faszination.
Kritik
Für grausame Märchen über das Heranwachsen junger Mädchen und die manipulative Erwachsenenwelt hat Lucile Hadzihalilovics ein filmisches Faible. Genau wie seit kürzerem für das gefrorene Element, das zuletzt in Earwig in Form einer Zahnschiene zu qualvollem Einsatz kam. Abstrakterer Natur ist das Eis im Titel ihres geschliffenen Genre-Juwels. Dessen verschlungene Handlung spielt einmal mehr in einer alternativen Vergangenheit, in der bedrohliche Mentoren-Figuren eine unheimliche Macht über junge Charaktere ausüben und kindliche Unschuld einem unerbittlichen System geopfert wird.
Die Zeitebene gleicht diesmal den 70ern und das System ist die Filmindustrie. Jene öffnet sich der jungen Heldin Jeanne (Clara Pacini), die über Umwege aus dem Waisenhaus auf das Filmset der ikonischen Schauspielerin Cristina Van Der Berg (Marion Cotillard, Die Fotografin) gerät, als Zauberreich voll gefährlicher Verlockungen. Unter der Regie des italienischen Regisseurs Dino (Gaspar Noé, Vortex, der ehemalige Partner der Regisseurin) dreht Van Der Berg eine Adaption Hans Christian Andersens Die Schneekönigin, mit ihr in der Rolle der kaltherzigen Titelfigur.
Jene gewinnt eine dämonische Macht über die sich nun Bianca nennende Jeanne, die als Christinas Assistentin der Diva immer ähnlicher wird. Das Doppelgänger-Motiv zersplittert in ein Prisma von Persönlichkeiten, die sowohl Facetten als auch Fiktionen Jeannes sein können. Diese psychologische Vielschichtigkeit spiegelt auf dramatischer Ebene das doppelbödige Element des Films-im-Film als eine moderne Variation des Märchenmotivs. Als Leinwandikone ist Christina selbst Protagonistin eines Erfolgsmärchens und wie Andersens Figur tragisch, geheimnisvoll und einsam in ihrer Macht.
Fazit
7.0
Unter den Schauerfabel der diesjährigen Berlinale, wo Lucile Hadzihalilovics kinematisches Kunstmärchen im Wettbewerb premiert, ist ihre hintergründige Parabel von der Verlockung, Vermarktung und Verurteilung weiblicher Macht das sanfteste und subtilste. Ein magischer Kristall, die Kameralinse oder glitzernde Schneeflocken sind die irisierenden Lichtquellen in einer stimmungsvollen Szenerie, getaucht in spukhaftes Dunkel. Cottilards frostige Ausstrahlung in der Schlüsselrolle entwickelt eine fesselnde Synergie mit Newcomerin Pacinis. Dass einige narrative Mysterien ungelöst bleiben, bewahrt den düsteren Charme der schillernden Leinwandsage.
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