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Leone einmal anders

Kritik

„The Good, the Bad and the Ugly“ – Es gibt weltweit wohl keinen Filmfan, der Sergio Leones Westernklassiker mit Clint Eastwood als schweigsamen Revolverhelden nicht kennt und liebt. Das epische Meisterwerk, das gleichzeitig den Abschluss der legendären Dollartrilogie bildet, ist an Action, Spannung und Schauwerten nahezu nicht zu überbieten. Der Italowestern „Zwei glorreiche Halunken“ (deutscher Titel) ist folglich ein unbestrittener Klassiker, der als unerreichbar gilt und dennoch dutzenden Regisseuren als Inspiration und Zitatenschatztruhe für ihre Werke dient und diente. Kim Ji-woon, der bereits mit dem Thriller „A Bittersweet Life“ auf der ganzen Linie überzeugen konnte, hat sich ein Herz gefasst und eine Art Remake-Neuinterpretation-Hommage-Persiflage-Mixtur des Klassikers mit dem durchaus passenden Titel „The Good, the Bad, the Weird“ (OT: „Joheun nom nappeun nom isanghan nom“) inszeniert. Dieser Mix gibt nie vor ein reinrassiges (und vor allem ernst gemeintes) Remake zu sein, sondern entlehnt sich nur Grundidee, Aufbau und einige Einstellungen sowie Besonderheiten der Vorlage.

Die 30er Jahre des 19. Jahrhunderts: Die heldenhaften Cowboys sind am Aussterben, den Pferden wird von Autos und Motorrädern der Rang abgelaufen und der Wilde Westen liegt in den letzten Zügen. Doch nicht so in der Mandschurei. The Weird (Abgedreht: Kang-ho Song aus „The Host“ und „JSA“) stiehlt im Zuge eines Eisenbahnraubs einem hohen japanischen Beamten eine Schatzkarte. Diese wird jedoch nicht nur von der Armee und diversen Banden gesucht, sondern auch von The Bad (Eiskalt: Byung-hun Lee aus „A bittersweet life“ und „G.I. Joe: The Rise of Cobra“), der dafür bezahlt wird sie zurückzubringen und The Good (Unberechenbar: Woo-sung Jung aus „The Restless“), der es auf das Kopfgeld der beiden zuvor genannten Verbrecher abgesehen hat. Diese Schatzsuche (der etwas anderen Art) zieht sich durch die halbe Mandschurei, nur um nach einer genialen Verfolgungsjagd in einem spannenden Shoot-Out zu enden.

Zugegeben, es dauert eine Weile, bis die etwas eigenartig anmutende Mischung aus Western, Thriller, Abenteuerfilm und typisch koreanischem Humor ihre ganze Wirkung entfalten kann und der Film in vollen Zügen genießbar wird. Aber nach einer, knapp einer halbe Stunde andauernden, Kennenlernphase kann man sich als aufgeschlossener Zuschauer dem visuellen Rausch von „The Good, the Bad, the Weird“ sicherlich nicht mehr entziehen. Es gibt nahezu keine Einstellung, in der nicht irgendetwas zu beobachten ist. Weite Landschaftseinstellungen von ungeahnter Qualität, sensationelle Kulissen und eine toll choreographierte Actionszene nach der anderen. Wobei die Intensität und epische Größe von Kampf zu Kampf steigt, um sich in einem irrwitzigen Showdown zwischen den drei Titelhelden, der Armee und anderen Gangstern zu entladen und mit einem Triell auszuklingen. Über die phänomenale Optik von „The Good, the Bad, the Weird“ könnte wahrscheinlich seitenlang geschrieben werden. Die epische Naturaufnahmen, tollen Close-Ups, sensationellen Kamerafahrten und genialen Kostüme suchen Ihresgleichen. Bei näherer Betrachtung der Schauwerte und gebotenen Qualität erklärt sich somit auch, warum der Film sein Budget regelmäßig nach oben geschraubt und den Terminplan gesprengt hat.

Wie in vielen anderen asiatischen Filmen neigen die Hauptakteure bisweilen zu Übertreibung und hoffnungslosem Overacting, wobei die überspitzten Darstellungen in diesem Fall jedoch nahezu immer zum jeweiligen (Comicbuch-artigen) Charakter passen. The Good gibt den abgebrühten Antihelden und Verbrecherjäger (natürlich nur um an das Kopfgeld zu gelangen), the Bad spielt herrlich überdreht den unberechenbaren Killer, der im Grunde einfach nur der Beste sein will und the Weird ist übermäßig tollpatschig und wirr, aber trotzdem schnell und tödlich (die Darstellung erinnert teilweise etwas an Jackie Chan in „Drunken Master“).

Als Kritikpunkte können lediglich einige kleinere Längen im ersten Drittel, die etwas zu schnell geratenen Schnitte und der, den Sehnerv teilweise etwas überfordernde, Actionoverflow am Ende genannt werden. Wenn Pferde, Granaten, Motorräder, Morgensterne, Autos, Dynamit, Gewehre, Messer und Pistolen in hundertfacher Ausführung (gefühlte) zwanzig Minuten lang über die Leinwand huschen, kann durchaus ein leichtes Gefühl der Überforderung beziehungsweise Überfrachtung aufkommen. Auf der anderen Seite ist das Grande Finale durch die perfekte Choreographie und die atemberaubenden Stunts (in Hollywood sicher nicht in diesem Ausmaß möglich), die heroische Musik und den klassische Shoot-Out (bei dem kein Auge trocken bleibt) wiederum ein Leckerbissen, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Somit dient die Überfrachtung einem noblen Unterhaltungszweck und ist nur mitnichten ein negativer Kritikpunkt.

Fazit

„The Good, the Bad, the Weird“ ist ein Film den man trotz kleinerer Längen und etwas zu schneller Schnitte (die typische Ruhe eines Western fehlt stellenweise) in vollen Zügen genießen kann. Wie schon bei „A bittersweet life“ und partiell auch bei „A tale of two sisters“, dominiert in Kim Ji-woons Asiawestern eine überragende Optik den gesamten Filmverlauf. In Kombination mit der spannenden Umsetzung, dem tollen Score und den superben schauspielerischen Leistungen, ergibt das im Fall von „The Good, the Bad, the Weird“ einen optischen Leckerbissen, der sicherlich nicht nur auf der großen Leinwand seine volle Wirkung entfalten kann.

Kritik: Christoph Uitz

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