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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Der grausame Mord an einer britischen Studentin im italienischen Siena hält die Öffentlichkeit in Atem - täglich richten sich die Augen der Welt auf den kontroversen Prozess gegen die attraktive Amerikanerin Jessica Fuller, die ihre Wohngenossin mit Hilfe ihres Freundes umgebracht haben soll. Der junge Regisseur Thomas Lang ist überzeugt, seinen nächsten Filmstoff gefunden zu haben. Vor Ort trifft er sich mit der Journalistin Simone Ford, die den Prozess mitverfolgt und ein Buch über das Verbrechen geschrieben hat. Doch je mehr sich Thomas in den Fall vertieft, desto mehr verliert er sich darin. Er hinterfragt seine eigenen Motive und verliert das Vertrauen in sich und sein Können - bis ihm auf den Straßen die Studentin Melanie begegnet.

Kritik

Wenn man sich als Filmemacher und Künstler mit einem realen Mordfall befasst und diesen sogar als Vorbild für sein derzeitiges Filmprojekt nutzen möchte, dann drängt sich ganz schnell die Frage auf, wie viel Fiktion und wie viel Realismus möglich sind und wo sich die moralische Grenze dieses Projekts befindet. Ein schwerer, kreativer Prozess, der meist noch durch Produzenten, Vermarkter und selbst die Presse erschwert wird, die das eigene Projekt zu Aufmerksamkeitsgunsten gehetzt in etwas Unwürdiges verwandeln und den Filmemacher selbst an den Rand schieben. Diesem Problem sieht sich Regisseur Thomas (Daniel Brühl) in Micheal Winterbottoms Metafest „Die Augen des Engels“ gegenüber, als er sich dem ungelösten Mordfall um die Studentin Jessica Fuller annimmt und diesen in seinen neusten Film einbauen und kreativ behandeln möchte. Ebenso wie Winterbottom selbst, der sich für diese Geschichte den realen, ungelösten (jüngst aber freigesprochenen) Mordfall um Amanda Knox und Meredith Kercher zum Vorbild genommen hat und anhand dessen die Medien und den Prozess des Filmemachens kritisiert.

Und ganz nebenbei wird die Geschichte des Charakters Thomas selbst erzählt, der sich in einem düsteren Labyrinth aus Selbstzweifeln und kreativen Barrieren verliert und durch sein neues Projekt versucht wieder an die klare Oberfläche zu gelangen. Und wenn man mal ganz von all der kritisierten Mediengeilheit absieht und die Frage, ob dieser Film gar etwas Heuchlerisches an sich hat, an die Seite schiebt, dann kommt ganz unvermittelt ein sehr atmosphärisches Charakterdrama zum Vorschein, welches seinen überbeanspruchten, fast schon penetranten Metaaspekt vielleicht gar nicht nötig gehabt hätte.

Wenn man keine Antwort auf eine Frage findet, dann dreht man einfach einen Film über die Suche nach dieser Antwort. Und in diesem Kontext drängt sich nach der Sichtung von "Die Augen des Engels" die Frage auf, ob dieser Film ein scheinheilges Machwerk geworden ist. Ohne hier zu viel zu verraten, ist eine der Hauptaussagen dieses Werks, dass wenn sich ein Filmemacher (oder auch ein Journalist) mit einer unlösbaren Aufgabe auseinandersetzen muss, das Problem manchmal einfach in Ruhe gelassen werden sollte. Doch verrät sich Winterbottom hier in gewisser Weise selbst, indem er diese Aussage in einem Drama unterbringt, welches sich selbst mit einem realen Mordfall befasst und nur Handlungsort und Namen verändert. Es ist in diesem Zuge einfach nicht ganz verständlich, warum sich „Die Augen des Engels“ so zwanghaft mit der Realität verbinden will, gleiten er und sein Hauptcharakter doch immer weiter von ihr weg. Vermutlich war dieser Realitätsbezug wichtig für die ebenfalls sehr zentralen und arg kritischen Auseinandersetzungen mit sensationsgeilem Journalismus und profitgierigen, kunstverachtenden Filmproduzenten. Ohne Frage hat sich Winterbottom hier sehr persönlichen Ärgernissen angenommen, was ihre Prominenz erklären, sie aber kaum entschuldigen mag. Denn die eigentliche Geschichte um Daniel Brühls Charakter geht bei all diesen angeschnittenen Diskussionen schon fast unter.

Dabei ist es doch gerade jene, die den Film am Leben erhält. Die cineastische Darstellung von Thomas langsamen Abgleiten in düstere Selbstzweifel, Drogen- und Familienprobleme stellen den stärksten Aspekt an "Die Augen des Engels" dar, werden symbolisch wunderbar atmosphärisch von den dunklen, engen Gassen Sienas unterstrichen und eröffnen so eine tiefe und bedrohlich dichte Spirale, die den Zuschauer im Laufe der Zeit mitsamt des Hauptdarstellers hinabzieht und gefangen nimmt. Thomas wird dabei verkörpert von einem ungewohnt rauen und dennoch bravurös aufspielenden Daniel Brühl (Rush“), dem die Rolle des künstlerisch in einer Sackgasse steckenden Filmemannes wirklich ausgezeichnet steht. „Die Augen des Engels“ kann sowieso mit einer wirklich guten Darstellerriege überzeugen. Corrado Invernizzi („Marco Polo“) ist angenehm bedrohlich und undurchschaubar, John Hopkins ("Alice im Wunderland") lässt überzeugend den Arsch raushängen. Nur Kate Beckinsale ("Total Recall") bleibt als Reporterin Simone Ford etwas blass, was aber auch an ihrer recht eindimensionalen Rolle liegen mag. Mit Abstand am besten gefällt Model Cara Delevingne („Pan“), die als Thomas mystische junge Stütze und letzte positive Instanz eine solch gute und natürliche Leistung erbringt, dass man denken könnte, sie hätte den begleitenden Filmprozess gar nicht bemerkt.

Dies mag aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Winterbottoms Film sich viel zu viele Themen aufbürgt, was im Laufe der 100 Minuten zu einer Zerfaserung des Films in alle Richtungen gleichzeitig führt, wenn sich nicht immer zwischen Medienkritik, Charakterdrama und gar psychologischem Wahnsinn à la „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ entschieden werden kann. Aber anders betrachtet fügt sich diese inszenatorische Unentschiedenheit ganz perfekt in den zerrissenen Zustand seines Hauptcharakters, dessen Selbstzweifel und Stagnation fast die einzigen Konstanten in einem Film bleiben, dessen Aussage es ist keine Aussage besitzen zu müssen.

Es bleibt die Frage, ob die Mordfall-Metaebene wirklich die Prominenz im Film hätte erhalten müssen, die sie letztlich bekommt und ob diese nicht nur störend zur inhaltichen Zerfahrenheit dieses Dramas beiträgt. Als Subtext für die  Antwortsuche auf ein unlösbares Problem (in die auch immer wieder Dantes "Göttliche Komödie" geworfen wird) hält sie gut her, die hin und her pendelnde Zerrissenheit des Charakters selbst wird damit gelungen unterstrichen. All das ergibt einen Sinn innerhalb des filmgegebenen Kontextes, wirkt aber, in Hinsicht auf den Streifen als emotionales Drama, meist deplatziert. Ohne die starke Inszenierung des Films, könnte man ihm diese Inkonsequenz vermutlich nicht verzeihen.

Kann man im Endeffekt aber doch. Eine definitive Antwort auf all diese unlösbaren, undurchsichtigen Momente gibt der Film nicht, wobei er sich und seiner Aussage  immerhin treu bleibt. Ob all der Rummel um den realen Mordfall trotzdem hätte sein müssen und nicht nur zur Medienpräsenz von "Die Augen des Engels" beitragen soll, sei mal dahingestellt. Dieser Film ist atmosphärisch und darstellerisch durchaus gelungen, wenn auch scheinheilig in der Aussage sich als Künstler aus dem Medienrummel raushalten zu sollen, während er sich sich genau in jenen hineinstürzt.

Fazit

Am konsequentesten wäre es wohl gewesen, hätte Michael Winterbottom seinen Film „Die Augen des Engels“ nie gedreht. Aber dann hätte vermutlich niemand seine Aussagen zur Kenntnis genommen, die dem Regisseur offensichtlich sehr am Herzen lagen: Dass die Aufgabe eines schier unlösbaren Themas manchmal den richtigen Weg darstellen kann und dass der oberflächliche, sensationsgeile Medienrummel und die profitgierige Produzentenintervention die Produktion eines wirklich künstlerisch freien Werks negieren. So kann man Winterbottoms Film letztlich eine nervige Scheinheiligkeit vorwerfen, wenn auch weniger im Hinblick auf seine Mordfall-Metaebene, als wegen seines Status als Moralapostel. Dieser überbordende Metagebrauch ist im Gegensatz zu der sehr dichten Atmosphäre, den starken Darstellern und dem letztlich sehr gelungenen Charakterdrama um Filmemacher Thomas, schon fast unnötig und fügt sich mit der regelrecht plakativ dahingerotzten Aussage wenig in diesen sonst sehr angenehm immersiven und dicht inszenierten Film ein.

Kritik: Thomas Söcker

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