The End ist ein Endzeit-Musical über eine wohlhabende Familie, die sich vor über zwanzig Jahren nach einem Klimakollaps in einen unterirdischen Bunker zurückgezogen hat. Deren Leben wird durch die Ankunft einer jungen Frau aus dem vermeintlich stabilen Gleichgewicht geworfen. Vor allem für den Sohn der Familie eröffnen sich dadurch neue Welten.
In den meisten Fällen ist es kein gutes Zeichen, wenn ein Film seinen Höhepunkt zu früh erreicht und diesem Moment im weiteren Verlauf nur noch hinterherlaufen kann. Im Fall von The End, dem ersten Spielfilmprojekt des bekannten Dokumentarfilmregisseurs Joshua Oppenheimer (The Look of Silence) ist das besonders früh der Fall. Nämlich bereits dann, wenn der Filmtitel zu Beginn auf der Leinwand erscheint und die beiden Wörter „The End“ herrlich anachronistisch die folgenden zweieinhalb Stunden einleiten. Was darauf folgt wirkt zwar zunächst durch Ausstattung, Kulisse und Kostüm interessant, verliert sich aber alsbald auf bekannten Wegen. Die postapokalyptische Geschichte, in deren Zentrum vor allem Beziehungsdynamiken verhandelt werden, entlockt dem bekannten Narrativ einer eingeschworenen Gruppe, die plötzlich mit einem Außenseiter konfrontiert wird, wenig Neues.
The End arbeitet sich an der plakativen Konfrontation von Widersprüchen ab und stellt ein ums andere Mal zwei vermeintlich gegenteiliger Aspekte gegenüber, die sich dann doch nur als die beiden Seiten der gleichen Medaille erweisen. Das nutzt sich alsbald ab, wenn der Kontrast zwischen luxuriös eingerichtetem Bunker und staubiger Salzmine wieder und wieder als Überraschung verkauft wird. Möglicherweise erklären sich dadurch auch die unrhythmisch vorgetragenen Musicalsequenzen, die ansonsten so gar nicht zum tristen Setting des Films passen wollen. Dass noch dazu alle Songs beinahe gleich klingen, könnte als interessante Dekonstruktion des Genres gedacht sein, wirkt jedoch im Laufe der überlangen zweieinhalb Stunden immer mehr wie ein selbstzweckhaftes Gimmick.
Überhaupt scheint sich Oppenheimer immer wieder im Ton zu vergreifen. So etwa in einer Szene, in der die Familie gemeinsam Pancakes zubereitet und sich gegenseitig den rohen Teig ins Gesicht schmiert. Was irritierend, vielleicht auch komisch oder gar verstörend wirken soll, ist letztlich auf einer sehr banalen Art und Weise neben der Spur und schafft es nicht, stärkere Gefühle zu evozieren. Wieder und wieder scheitert The End daran, seine Geschichte emotional zu verankern - auch wenn er schauspielerisch wie inszenatorisch mit großen Gesten aufwartet. Da hilft es auch wenig, dass die zentrale Liebesgeschichte zwischen George MacKay (The Beast) und Moses Ingram (Macbeth) seltsam in der Luft hängt und keine Chemie zwischen den beiden Darsteller*innen entsteht.
Thematisch geht es dabei viel um Verleugnung und Selbstbetrug, der alle Figuren wie eine geisterähnliche Erscheinung heimsucht. In gewisser Weise bleibt sich Oppenheimer damit treu, kreisten doch bereits seine beiden bekannten Dokumentarfilme um dieses Thema. Vor allem The Act of Killing, der vom Völkermord im Indonesien der 60er-Jahre aus Tätersicht berichtet, ist voll von Rechtfertigungen und geschichtlichen Verdrehungen. Die eigene Schuld wird runtergespielt, teilweiße gar verleugnet. So auch bei den von Tilda Swinton (Memoria) und Michael Shannon (Take Shelter) verkörperten Eltern des Protagonisten, die im Laufe des Films wieder und wieder mit ihrer fragwürdigen Vergangenheit konfrontiert werden, diese jedoch ein ums andere Mal nicht wahrhaben wollen. Für Ambivalenzen lässt Oppenheimer dabei keinen Raum.
Fazit
Nach zweieinhalb Stunden ist alles gesagt - und das immer wieder und wieder. Leider gelingt Joshua Oppenheimer in seinem ersten Spielfilm keine auch nur ansatzweise so tiefschürfende Auseinandersetzung mit dem Motiv der Verleugnung wie in seinen bekannten Dokumentarfilmen. The End ist oberflächlich, repetitiv und in seiner moralisierenden Botschaft übereindeutig.
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