Im Vorspann der Verfilmung von Robert Littells Spionageroman The Amateur erscheinen lediglich zwei Drehbuchautoren – ein Blick in die Datenbank der Writers Guild of America offenbart jedoch eine weitaus komplexere Realität: Insgesamt zehn Personen haben an der finalen Fassung des Drehbuchs mitgeschrieben, darunter Patrick Ness (Sieben Minuten nach Mitternacht), Scott Z. Burns (Das Bourne Ultimatum) und sogar der Romanautor selbst - auch wenn sein Credit sich vermutlich auf sein Engagement bei der ersten Verfilmung seines Buches von 1981 bezieht. Ein kreatives Kollektiv, das auf dem Papier vielversprechend klingt, in der Praxis jedoch zu einem in sich widersprüchlichen und stilistisch zerrissenen Werk geführt hat. Die altbekannte Redensart von den vielen Köchen, die den Brei verderben, scheint hier leider allzu treffend.
Dabei ist der erzählerische Ausgangspunkt durchaus reizvoll: Ein CIA-Datenanalyst verliert seine Frau (die neue Lois Lane aus dem kommenden Superman: Rachel Brosnahan) bei einem brutalen Terroranschlag. Anstatt in ohnmächtiger Trauer zu versinken, entschließt er sich zur Rache. Da ihm im konventionellen Apparat niemand helfen will – oder kann – erpresst er kurzerhand seine Vorgesetzten, die selbst mit moralisch zweifelhaften Machenschaften belastet sind. So entsteht ein gefährliches Spiel, bei dem der sogenannte "Amateur" bald zum ernstzunehmenden Gegenspieler wird – klüger, wendiger und gefährlicher, als es die Drahtzieher auf Regierungsebene zunächst vermuten.
Doch obwohl diese Prämisse klassischen Agententhrillern eine moderne, persönliche Note verleiht, bleibt The Amateur seltsam blutleer. Der Spannungsaufbau wirkt erratisch, die dramaturgische Kurve bricht immer wieder ein – vor allem in den Momenten, in denen die Geschichte sich nicht auf ihre Hauptfigur konzentriert, sondern in Nebenstränge abdriftet, die nicht konsequent erzählt werden. Zwar bleibt der Fokus formal stets auf der von Rami Malek gespielten Hauptfigur, doch das narrative Gefüge um ihn herum wird nur sporadisch mit Leben gefüllt.
Rami Malek (Oppenheimer), der für seine introvertierte Intensität bekannt ist, gelingt es durchaus, die Verzweiflung und Verletzlichkeit seiner Figur überzeugend zu vermitteln. Die Szene, in der er sich durch reinen Intellekt und technische Raffinesse gegen die Übermacht der Bürokratie behauptet, hat durchaus Kraft. Doch sobald der Rachefeldzug konkrete Züge annimmt, verliert seine Darstellung an Überzeugungskraft. Malek bleibt ein Denker, kein Vollstrecker – was der Figur zwar Authentizität verleiht, dem Genre jedoch die Wucht nimmt.
Dass The Amateur dabei nicht etwa mit Action überladen wäre, sondern sich vielmehr auffallend viel Zeit lässt, wäre nicht per se ein Problem – geduldiges Erzählen kann gerade im Spionagekino von großer Wirkung sein. Doch in diesem Fall gerät das Tempo zur Belastung. Die Handlung mäandert durch eine Vielzahl von Nebenfiguren und Subplots, deren dramaturgische Relevanz sich oftmals erst spät – oder gar nicht – erschließt. Schauspieler*innen wie Julianne Nicholson (Dream Scenario), Caitríona Balfe (Le Mans 66: Gegen jede Chance) oder Holt McCallany (Mindhunter) bringen zwar Charisma mit, werden aber erzählerisch weitgehend verschenkt.
Ein zentraler Schwachpunkt des Films ist das ungeschickte Nebeneinander zweier Handlungsebenen: Während die Hauptfigur im Untergrund agiert, wird innerhalb der CIA um Macht und Einfluss gerungen. Diese internen Intrigen hätten das Potenzial, dem Geschehen Tiefe zu verleihen, werden aber derart unharmonisch mit der eigentlichen Rachegeschichte verwoben, dass das erzählerische Gleichgewicht permanent kippt. Was als komplexe Parallelstruktur gedacht war, wirkt in der Ausführung fragmentarisch und entbehrlich – als hätte jeder Autorin eigene Akzente setzen wollen, ohne Rücksicht auf die Kohärenz des Gesamtwerks.
Auch inszenatorisch bleibt The Amateur hinter seinen Möglichkeiten zurück. Regisseur James Hawes (One Life) findet weder eine visuelle Sprache, die das psychologische Innenleben seiner Figuren einfängt, noch gelingt es ihm, die wenigen Actionsequenzen wirkungsvoll zu gestalten. Eine Bootsverfolgung, ein Kampf in einer Waschküche (Laurence Fishburne gibt sich hier alle Mühe) – all das hätte zumindest für punktuelle Spannung sorgen können, bleibt jedoch inszenatorisch erstaunlich blass.
Die angedeutete Gratwanderung zwischen psychologischem Agententhriller und handfestem Actionkino misslingt. Der Film findet nie zu einem klaren Tonfall, sondern pendelt unentschlossen zwischen den atmosphärischen Zwischentönen eines Dame, König, As, Spion (2011) und der geradlinigen Härte eines The Mechanic (2011). Letztlich bleibt von dieser Ambivalenz nicht viel mehr als der Eindruck erzählerischer Unentschlossenheit.
Selbst die prominente Besetzung wird nicht effektiv genutzt: Jon Bernthal (Daredevil: Born Again), charismatisch wie eh und je, taucht in wenigen Szenen auf, verteilt ein paar kryptische Weisheiten – und verschwindet wieder. Es sind diese verschenkten Möglichkeiten, die sich durch das gesamte Werk ziehen und dem Zuschauer das Gefühl geben, einem Thriller beizuwohnen, der stets knapp an seinem eigenen Anspruch vorbeischrammt.
Am Ende bleibt ein Film, der viel verspricht, aber wenig einlöst. Weder als packender Rachethriller noch als intelligentes Agentendrama überzeugt The Amateur auf ganzer Linie. Und vielleicht ist es genau diese Unentschiedenheit – genährt durch zehn verschiedene Stimmen im Schreibzimmer –, die dafür sorgt, dass der Film sich selbst im Weg steht.
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