Wir schreiben das Jahr 1940, und die Bevölkerung Japans ist über den Eintritt des Landes in den Zweiten Weltkrieg gespalten. Satoko, die Frau eines Stoffhändlers, ist ihrem Mann treu ergeben, doch bald ahnt sie, dass er etwas im Schilde führt. So lässt sie sich auf ein gefährliches Spiel ein.
In seinem neusten Film reist Kiyoshi Kurosawa ins Japan der 1940er Jahre zurück. Nach Filmen wie Cure, Pulse und Tokio Sonata widmet sich der japanische Regisseur nun erstmals einem historischen Stoff, mit dessen Verfilmung er bei den 77ten Filmfestspielen in Venedig den Silbernen Löwen gewann. Die preisgekrönte Mischung aus Historiendrama, Romanze und Spionagethriller gibt es seit 8. September 2021 exklusiv auf MUBI zu sehen.
Yu Aoi (Tokio, Tokyo Family) und Issei Takahashi (Kill Bill: Volume 1, Godzilla Resurgence) porträtieren die im Mittelpunkt stehenden Eheleute, deren Beziehung sich vor allem durch ihre Ambivalenz auszeichnet. Wo zu Beginn Takahashis Charakter den deutlich aktiveren Part ausübt und in Geheimniskrämerei versinkt, beginnt seine Frau erst nach einem Drittel des Films aus ihrer Passivität auszubrechen. Gleich bleibt dabei eine gewisse emotionale Distanz sowohl zwischen den beiden Figuren als auch in deren Betrachtung durch die Zuschauer*innen. Der Film orientiert sich an Leitbildern, dem gutmütigen Idealisten oder der Antworten suchenden Frau und steigt nur selten tiefer in die Befinden der Charaktere ein. Das trägt zur Undurchsichtigkeit einiger Figuren bei, denen die Handlung überraschende Wendungen auferlegt, die dann jedoch unter mangelnden emotionalen Pay-Off leiden. Es wird viel über Beziehungen gesprochen, nur wird sie selten auch so wirkungsvoll zu den Zuschauer*innen transportiert.
Wife of a Spy ist ruhig erzählt, vermittelt Geschehnisse über lange Dialoge, eröffnet philosophische Exkurse zum Thema Gerechtigkeit und ist eindeutig mehr Drama als Thriller. Eine Herangehensweise, die die brisanten Themen zwar interessant anklingen lässt, aber nicht immer zum Mitfiebern einlädt. Das letzte Viertel des Films zeigt, was möglich gewesen wäre, wenn Vorangegangenes gestrafft und packender inszeniert worden wäre, denn zum Ende hin schafft Kurosawa die eindringlichen Szenen, die es an der ein oder anderen Stelle schon vorher gebraucht hätte.
Eine Stärke des Films ist das Einfließen des Kriegsgeschehen, ohne jemals das Kriegsgeschehen zu zeigen. Sei es ein Platz im Hintergrund, auf dem die Armee aufmarschiert, Radiodurchsagen oder geheimes Bildmaterial – die Zeit und somit der Krieg, sind immer präsent und rücken im Laufe des Films immer dichter an die Figuren heran. Ähnlich gegenwärtig ist die Einbindung des Mediums Film, welches sich in seinen verschiedenen Formen als Unterhaltungsmedium oder Ereignisdokumentation in der Handlung wiederfindet und Querverweise zur japanischen Filmgeschichte anstellt (z.b. Kenji Mizoguchi).
Darüber hinaus ist die Gestaltung der Atmosphäre simpel und zurückhaltend, einige Ausleuchtungen entfachen ein geisterhaftes Lichtspiel, und die dezent eingesetzte Musik lässt die wenigen offenkundigen Spannungsmomente zur richtigen Zeit anschwellen. In seiner gesamten Intensität und Aufmachung gleicht Wife of a Spy jedoch eher einer tristen Fernsehproduktion als einem prämierten Seherlebnis.
Fazit
„Wife of a Spy“ ist eine Spionage-Geschichtsstunde, bei der Beziehungsgeflechte öfter im Vordergrund stehen als der eigentliche Thrilleranteil. Über knapp zwei Stunden gibt es zwar eine Vielzahl an Dialogen, Zuspitzungen und gewendeten Gesinnungen, Intensität und Spannung sind jedoch streckenweise auf Undercover-Einsatz.
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