Wenn Striptease jemandem etwas gebracht hat, dann dem Bankkonto seiner Hauptdarstellerin. Mit einer Gage von über 12 Millionen US-Dollar hat Demi Moore (Ghost - Nachricht von Sam) hier Geschichte geschrieben: Noch keine Schauspielerin in Hollywood wurde für einen Film zuvor mit einer derartigen Summe entlohnt. Ansonsten konnte das Werk von Andrew Bergman (Der ausgeflippte Professor) ausschließlich Negativschlagzeilen hervorbringen: An den Kinokassen blieb Striptease hinter den Erwartungen zurück, von der internationalen Kritik wurde er einstimmig in Grund und Boden verdammt und zu allem Überfluss gab es am Ende auch noch sechs goldene Himbeeren, darunter für die Schlechteste Schauspielerin, den Schlechtesten Film und den Schlechtesten Regisseur. Wenn man all das also zusammenfassen möchte, dann könnte man Striptease als einen der großen Unfälle des 1990er Jahre Kinos beschrieben.
Womöglich aber handelt es sich hier ja doch um ein großes Missverständnis? Ähnlich wie bei Showgirls von Paul Verhoeven, der durch etwas nüchterne Distanz als eine wirklich gelungene Showbiz-Abrechnung rezipiert werden darf, hätte vielleicht auch Striptease das Zeug gehabt, als schwarze Komödie über das Geschäft von Lust und Begehren zu funktionieren. Die Geschichte, die hier erzählt wird, erscheint ja bereits beim Lesen der Inhaltsangabe so unfassbar absurd, dass die Verantwortlichen kaum mit umfassender Ernsthaftigkeit zu Werke geschritten sein konnten: Die FBI-Sekretärin Erin (Moore) verliert aufgrund des Vorstrafeneregisters ihres Ex-Mannes Darrell (Robert Patrick, Gangster Squad) ihren Job und daraufhin auch das Sorgerecht für ihre gemeinsame Tochter. Um für die Berufung und den darauffolgenden Prozess finanziell gewappnet zu sein, heuert sie als Stripperin im Eager Beaver an.
Alle Hoffnungen auf ein himmlisches Vergnügen aber werden in Windeseile zerschlagen, denn Striptease möchte sich nicht auf einer subversiven Ebene verwirklichen, sondern definiert sich im Kern tatsächlich als trampeliges Melodrama über eine Löwenmama, die sich dazu gezwungen sieht, ihre prallen Plastik-Brüste vor dem übelsten Gesocks der Stadt zu entblößen – alles natürlich zum Wohle ihrer Tochter. Irritierend sind allerdings die Wege, die das Narrativ einschlägt, um diese eigentlich dramatische Handlung über eine Laufzeit von fast zwei Stunden zu wuchten. Denn neben der größtenteils wenig ergötzlichen Fleischbeschau auf den Bühnen, versucht sich Striptease auch an einem politischen Kommentar, der vollkommen verloren in ein durchweg spannungs- kraftloses Thriller-Konstrukt eingewoben wurde: Mit der Hilfe des Kongressabgeordneten Dilbeck (Burt Reynolds, Boogie Nights) will Erin sich nämlich ihre Tochter zurückholen.
Passenderweise ist dieser David Dilbeck ein absoluter Sabbergreis und Erin vom ersten Moment an vollkommen verfallen. Das geht dann sogar so weit, dass Dilbeck seinem Assistenten den Auftrag gibt, ein von Erin getragenes Höschen zu entwenden, damit er an diesem abends genüsslich schnüffeln kann, während er seinen gesamten Körper mit Vaseline eingeschmiert hat. Burt „Ich habe nur Milchbrei im Schädel!“Reynolds aber ist der einzige Schauspieler, der verstanden hat, in was für einem Schund er sich hier eigentlich bewegt. Seine gockelige Performance ist jenseits von Gut eine Böse – und einer der wenigen Gründe, warum Striptease zeitweise sogar amüsiert, anstatt durchweg zu verärgern oder ermüden. Selbst ein Ving Rhames (Pulp Fiction) macht keinen Spaß, obwohl er Menschen mit einer Bohrmaschine bedroht, einen Affen auf der Schulter spazieren trägt und Wutanfälle bekommt, wenn Free Willy - Ruf der Freiheit verliehen ist.
Bis auf das grandiose Chargieren Reynolds, der hier offensichtlich in vollem Bewusstsein darüber war, dass es hier ohnehin nichts mehr zu verlieren gibt, ist dieser grenzenlos debile und bisweilen extrem sexistische Film eine einzige Frechheit, dessen Existenz allein darauf begründet, einen der damals größten Stars nackt vor die Kamera zu bekommen. Die anderen Stripperinnen verkommen indes zu objektivierten Dummchen, deren einziges Attribut ihre Körper sind, während Demi Moore durchweg betonen darf, zuvor einen „richtigen“ Job gehabt zu haben und nur aus Liebe zu ihrer Tochter in diesem Gewerbe gelandet zu sein. Das hier ist keine Imagepflege im Namen der allseits verrufenen Nackttänzerinnen, sondern ein stupider und jederzeit unglaubwürdiger Offenbarungseid, dem es nicht um Verführung und Einfühlung, sondern allein um das Gaffen und die Bloßstellung geht.