Inhalt
Frankie Page (Patricia Arquette) ist eine lebenslustige junge Frau, die nicht an Gott glaubt. Doch eines Tages verändert sich ihr Leben vollkommen, als sich an ihren Händen und Füßen gefährliche Wunden bilden - die Stigmata. Der Top-Agent des Vatikan, Pater Kiernan (Gabriel Byrne), und der korrupte Kardinal Housman (Jonathan Pryce) untersuchen den Fall. Bald wird klar, dass hinter den Wundmalen eine Botschaft steckt, die nicht nur die katholische Kirche, sondern auch das Schicksal der Menschheit für immer ändern kann.
Kritik
„I was blind, but now I see.“
Zu Anfang möchte man noch glauben, es sind Visionen oder Hirngespinste, denen Frankie (Patricia Arquette, Lost Highway) anheimfällt, wenn sich an ihrem Körper die Wundmale Jesus Christi abzeichnen. Man geht sogar so weit, dass man sich vorstellen könnte, Stigmata versuche hiermit, auf etwas Größeres zu schließen – womöglich auch auf eine metaphorische Auseinandersetzung mit dem ewig aktuellen Missbrauchsthema. Rupert Wainwright, der seine Karriere 2005 mit dem katastrophalen John-Carpenter-Remake The Fog – Nebel des Grauens postwendend wieder zu Grabe getragen hat, aber stellt sich mit Stigmata in die Tradition von Filmen wie Der Exorzist und Das Omen, weiß der Genealogie des Okkult-Horrors aber keine neuen Impulse abzuringen. Die wenigen wahren Reizpunkte liegen ausschließlich in den unfreiwilligen (?) Gedankenansätzen, die zu keiner Zeit ausgebaut werden.
Eben in jenen schnell zu übersehenden Ansätzen, die verheißen könnten, dass Stigmata sich im übertragenen Sinne mit den Leiden eines Menschen auseinandersetzt, der nicht in der Lage ist, seine Traumata zu bewältigen, diesen aber kontinuierlich entkommen möchte – bis der eigene Körper zur Projektionsfläche all des Schmerzes wird, der sich in der Seele angesammelt hat. Die Qualen kehren sich nach außen, wenn man so möchte. Das Drehbuch von Tom Lazarus allerdings begreift paranormale Phänomene als gegebenen Umstand. Ihm ist es nicht daran gelegen, einen doppelten Boden zu erschaffen, stattdessen hat Rupert Wainwright leichtes Spiel und kann seine Erfahrungen aus der Musik- und Werbebranche aufzeigen, wenn er Stigmata in schnellen Schnitten und entkräfteten, ausgeblichenen Farben zu einem größtenteils drögen Der Exorzist-Epigonen für die MTV-Generation erklärt.
Stigmata ist die meiste Zeit nicht mehr als hüftsteifer Hokuspokus, dessen Inszenierung sicherlich davon zeugt, dass sich die Verantwortlichen im Hintergrund mit dem Okkult-Genre auseinandergesetzt haben und im Kern auch den entscheidenden Konflikt dieses Sujets, nämlich der Kampf zwischen Wissenschaft und Glauben, bemühen. Dem Film allerdings bleibt es verwehrt, bis tief in die Dunkelkammern christlicher Ängste vorzudringen. Ihm wird es sogar nicht einmal ermöglicht, mit Symbole, Ikonen und Ikonographien aufzuwarten, die sich über die obligatorischen Allgemeinplätze des Genres hinausbewegen. Da ist es umso bedauerlicher um die potenziell guten Schauspieler, die Stigmata für sich gewinnen konnte. Patricia Arquette spielt als lebensgewandte Atheistin vergeblich gegen die Unausgewogenheit des Drehbuchs an, während Gabriel Byrne (Miller's Crossing), der im selben Jahr den Teufel in End of Days mimte, ein sträflich unterschätzter Künstler bleibt.
Fazit
Wenn man so möchte, dann könnte man "Stigmata" als drögen "Der Exorzist"-Abklatsch bezeichnen, der sich damit beschäftigt, den unverwüstlichen Klassiker für die MTV-Generation neu aufzubereiten. Rupert Wainwright jedenfalls vermag es nicht, aus dem zu offensichtlich formulierten Stoff eine packende Geschichte zu destillieren und versandet in schnellen Schnitten, ausgeblichenen Bildern und verschenkten Schauspielern.
Autor: Pascal Reis