Ein ikonisches Bild: Zwei Männer im Anzug tänzeln mit leichtfüßiger Präzision zu "At The Ball, That's All" durch den Sand einer texanischen Kleinstadt, die sich unmissverständlich nur in Form einer Projektion hinter ihnen auftut. Ein beschwingter, sympathischer - vor allem aber: noch immer komischer - Moment aus dem 1937 erschienenen Way Out West, einem der beliebtesten Spielfilme aus dem langjährigen Schaffen des Komiker-Duos Stan Laurel & Oliver Hardy. Beinahe 70 Jahre sind seit ihrem letzten Kinoauftritt ins Land gegangen. Die Filmgeschichte hat sich verändert, mit ihr auch die amerikanische Komödie. In Vergessenheit geraten sind Stan und Ollie, in Deutschland als Dick und Doof bekannt, aber immer noch nicht.
Mit Drehbuchautor Jeff Pope (Philomena) und Regisseur Jon S. Baird (Drecksau) wagen sich nun erstmalig zwei Kunstschaffende an eine filmische Verhandlung ihrer Erfolgsgeschichte. Bis jetzt ausgeblieben ist diese nicht ohne Grund. Laurel und Hardy besitzen weltweit Kultstatus, ihr unverwechselbarer Humor ist nicht einfach reproduzierbar. In Popes Drehbuch erscheint Komik demnach nur als Begleiterscheinung, im Mittelpunkt steht Laurel und Hardys Freundschaft, die in späteren Jahren von ausbleibendem Erfolg auf die Probe gestellt wurde (zumindest legt das dem Skript zugrunde liegende Buch "Laurel & Hardy - The British Tours" von A. J. Marriot das nahe). Der Film, Stan & Ollie, entführt zu Anfang jedoch in ihre besten Jahre.
In wendigen Kamerafahrten begleitet er die beiden über das Gelände der Hal Roach Studios, auf ihrem Weg von der Umkleidekabine bis zum Set. In diesem Anfangsmoment inszeniert Baird einen beinahe kindlich verstellten Blick auf ein antiquiertes Studiosystem, der Gang beider Figuren wird zur nostalgische Revue durch eine Traumfabrik, die niemals still zu stehen scheint. Der überwältigenden Popularität der Hauptfigur(en), die in amerikanischen Heldengeschichten immer erst zerschlagen werden darf, nachdem ihre Entstehung mühsam nachgezeichnet wurde, ist diese kurze Eröffnungsszene ganz und gar gewidmet. Sie erscheint als verträumtes, idealisiertes Erinnerungsfragment, das den Figuren scheinbar gegönnt sein muss, bevor der Film sie mit einem Zeitsprung in einer verregneten Lebensrealität verortet.
Im Jahr 1953 angekommen, stimmt Pope sogleich einen wehmütigen Abgesang an. Ein sich in der Eröffnungsszene bereits leise ankündigender Vertragsstreit mit Produzent Hal Roach hat nicht nur den internationalen Erfolg von Laurel und Hardy beschädigt, sondern auch in ihrer Freundschaft einen tiefen Riss hinterlassen. Bei ihrer Theatertour durch Großbritannien bleiben die Zuschauerreihen leer. Gelächter ist rarer, die Hotels sind schäbiger. Pope geht der Frage nach, ob die Freundschaft von Laurel und Hardy abseits ihrer Leinwand- und Bühnenauftritte bestehen kann, jetzt da sie beide vom Alter eingeholt wurden, im Erfolg nicht länger verbrüdert sind. Die für ein einfühlsames Charakterdrama gestellten Weichen befährt der Film dann aber leider nie.
Stattdessen fügt er sich allzu schematischen Biopic-Mechanismen, die die Figuren nur zugunsten des zentralen Konflikts der Geschichte charakterisieren. Zu komplexen Menschen, die aus sich selbst heraus und nicht nur brav im Auftrag ihres hüftsteifen Drehbuchs agieren, werden diese Filmversionen von Stan und Ollie nie. Steve Coogan und John C. Reilly, die sich beide stimmlich wie körperlich beeindruckend in ihre Rollen einfinden, trösten nur zuweilen über die selbstgenügsame Mittelmäßigkeit des Drehbuchs hinweg. Denn mehr als nur eine gefällige Liebeserklärung von Fans für Fans möchte der Film leider nie sein. Auch der anarchische Witz des Komiker-Duos darf nur sympathisch referenziert, nie aber wirklich ausgelebt werden.
Was bleibt ist ein letztendlich zu oberflächlicher, zu ehrfürchtiger Blick auf zwei Ikonen der Originalität, denen ein gleichsam origineller Film vergönnt gewesen wäre. Als emotional fesselndes Charakterporträt erweist sich Stan & Ollie nie, stattdessen begnügt sich der Film mit einem manchmal launigen, eher aber langweiligen Durchschreiten von üblichen Stationen des Kino-Biopics, dessen glatte Bilder ironischerweise immer ans Fernsehen erinnern (produziert wurde unter anderem von BBC Films). Erst wenn im Schlussmoment der Bogen zum Anfang zurückgespannt wird und sich die ikonischen Schatten der Figuren auf der Bühne zu verselbstständigen scheinen, beschwört der Film doch noch seinen eigenen Mythos. Es gelingt ein emotionaler, vielleicht sogar großer Kinomoment.