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Inhalt

Als Osamu Shibata und sein Sohn Shota nachts ein kleines verwahrlostes Mädchen treffen, nehmen sie sie kurzerhand mit, um sich um sie zu kümmern. Schnell wird klar, dass das Mädchen nicht zurück will zu ihrer eigentlichen Familie, bei der ihr Gewalt droht. Doch auch in ihrer neuen Familie ist nicht alles wie es scheint, denn das Mädchen Yuri ist nicht die einzige "Fremde"...

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Der Japaner Hirokazu Kore-eda ist ein Filmemacher, der immer wieder mit seinem Landsmann und Großmeister Yasujiro Ozu (Die Reise nach Tokyo) verglichen wird. Versprochen, sobald Kore-eda einen Film veröffentlicht und der internationalen Kritik zum Verehren vorstellt, wird mindestens ein Ozu-Vergleich irgendwo vernehmbar sein. Heißt das nun, dass man die Klassiker Ozus sehen muss, um die Werke Kore-edas zu schätzen? Mitnichten, mögen sich die Filme zwar in Typus und Technik ähneln, versprüht das Werk des aktuellen Gewinners der Goldenen Palme bei den Filmfestspielen in Cannes doch einen einzigartigen Sinn für seine Geschichte. Der Film erzählt von einer bettelarmen Familie in den Außenbezirken Tokyos, die zu sechst in einem kleinen Haus wohnt und strategisch lokale Läden und Shops zu erleichtern, mal um ein paar Gegenstände, dann wieder um ein wenig Essen. Die Kinder sind dabei zuckersüße Komplizen des Vaters.

Das Kino des Hirokazu Kore-eda war schon immer an seinen Figuren interessiert. Diese galt es auszuleuchten. Über die Filme hinweg hat der Regisseur seinen Blick, sein Gespür und sein Interesse stets verfeinert. Still Walking ist und bleibt eines der bemerkenswertesten Dramen seiner Art dieses Jahrtausends - vor allem dank der außerirdisch genialen Kameraführung von Yutaka Yamasaki. In Shoplifters jedoch hat Kore-eda mit dem von ihm geschätzten Kameramann Kondo Ryuto gearbeitet, der, nach Aussage des Filmemachers, selbst wie ein Regisseur denkt, weshalb Kore-eda sich nur mit seinen Schauspielern zu beschäftigen brauchte. Das macht sich bemerkbar. Zärtlich, interessiert und vor allem geduldig widmet Shoplifters sich jedem seiner sechs Figuren, die im Mittelpunkt stehen. Die Oma der Familie, die mit ihrer Rente einen großen Teil des monatlichen Einkommens erwirtschaftet, der Vater, der „dank“ eines Unfalls (?) Entschädigungszahlungen bekommt und mit seinem Sohn regelmäßig klauen geht, um die Beute später für viel Geld zu verkaufen. Bei all dem Krimskrams, der die kleine Baracke vermüllt, bleibt es schwer zu glauben, dass er oft Käufer findet.

Tatsächlich hat die Familie sehr viel Eigentum, es herrscht stets ein munteres Durcheinander und Chaos in den heimischen vier Wänden. Und doch kratzen sie stets am unteren Rand der Armutsgrenze entlang. Mit dem Besitz wissen sie nichts anzufangen, tatsächlich scheint das meiste einfach bloß vergessen herumzuliegen. Ohne Grund, ohne Sinn, aber es ist da. Erst nach und nach wird entlarvt, wie diese Familie tatsächlich funktioniert. Ist Familie ein Wort, das eine Verbindung durch Blutsverwandtschaft oder durch Liebe, Fürsorge und Materielles beschreibt? Kore-eda fühlt diesen Vokabeln für zwei hinreißende Stunden auf den Zahn. Das Band einer Familie, die sich selbst ausgesucht hat, muss doch zwangsweise stärker sein als jenes der Familie, die keine Wahl hat, sondern an das Schicksal der Geburt gekettet ist, oder? Wie es Shoplifters gelingt, einerseits das Fortleben der namenlosen Familie zu bebildern, wie er ihren Alltag, die Probleme und Sorgen der Heranwachsenden Kinder inszeniert, andererseits gleichzeitig jede Figur für sich allein beleuchtet und zudem die umliegende Welt beachtet und das alles in einen kompakten, präzisen und nicht zuletzt wunderschönen Film verpackt, ist eine der großen Meisterleistungen dieses an Meisterleistungen nicht armen Kinojahres.

Fazit

Und nun ist Zeit für Reihen der Superlative. Der beste japanische Regisseur unserer Zeit hat mit „Shoplifters“ ein meisterhaftes Familienstück abgeliefert. Mit einem hervorragenden Schauspieler-Ensemble, wundersamer Präzision und intensiven Emotionen bietet der Cannes-Sieger zwei Stunden kompaktes, perfekt inszeniertes und herrlich sympathisches Kino der besonderen Art. Wer mit der japanischen Filmkultur hauptsächlich Takashi Miike, Sion Sono und derartige herrliche Rüpel verbindet, der sollte sich von Hirokazu Kore-eda und seiner Shoplifter-Familie die Augen und Herzen öffnen lassen. Außergewöhnlich.

Kritik: Levin Günther

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