„Wie heißt es in der Varda: Wer flieht, holt sich selber nicht mehr ein.“
Ach was? Diese unschlagbare Weisheit aus der Weltall-Glückskeks-Bibel sollte noch ergänzt werden: Wer vor Sador – Herrscher im Weltraum flieht, verpasst echt was. Kein cineastisches Meisterwerk, ganz sicher jedoch einen denkwürdigen Auswurf der kreativ-dreisten Rip-Off-Schmiede von Roger Corman (Bloody Mama), dem kein Copyright zu heilig war und stets wusste, wie man sich mit wenig Drehzeit um kaum Geld an großen Vorbildern labt, daraus kaum einen Hehl macht und gerade dadurch sogar punktet.
Nach seinem unverblümt-billigen, mordmäßig unterhaltsamen Star Wars-Raubbau Star Crash - Sterne im Duell (1978) hatte der Budget-Jongleur wohl entweder noch zu viel Kulisse, zu wenig Eigenkapital oder einfach (und im Endeffekt ist es wohl die clevere Mischung aus allem) ein zu gutes Gespür, wie er wohl erneut einen kuriosen Unsinn massentauglich, absurd und effektiv verschachern konnte. Corman und sein Co-Regisseur Jimmy T. Murakami (Wenn der Wind weht, in den Credits zwar als alleiniger Regisseur genannt, in der Realität war Corman aber wohl deutlich mehr als nur Produzent) reiten immernoch auf der heißen Welle von George Lucas (was der sicher rein zufällig ähnlich klingende Originaltitel Battle Beyond The Stars schon vermuten lässt) und verlegen ihre „Adaption“ von Die sieben Samurai bzw. John Sturges' Western-Remake Die glorreichen Sieben in den Weltraum. Ein grimmig dreinschauender John Saxon (Der Mann mit der Todeskralle) hat als despotischer Weltenvernichter Sador seinen unglaublich gruseligen Stellarkonverter scharf gestellt und auf das arg beschauliche Planetchen Akir (nach Akira Kurosawa, Regisseur von Die sieben Samurai, nur eins von etlichen Details) gerichtet. Dessen Bewohner*innen sind alle so unterwürfig, langweilig und pazifistisch, das er eigentlich nur höflich hätte fragen müssen und die würden sich ergeben, wenn nicht der blinde Großvater-Krieger Zed und sein kuhäugiger Azubi Shad (Richard Thomas, Die Waltons) wären. Da Opi nicht mehr ganz frisch auf der Linse ist, steigt Shad in das einzige Raumschiff und schreitet zu einer zunächst sehr unbeholfenen Rettungsmission. Denn Shad hat bisher nicht sonderlich weit über den Tellerrand seines harmonischen Wohlfühlplaneten geschaut und hat keine Ahnung, wie rau und zum Teil gar anzüglich es in den unendlichen Weiten des Alls so vor sich geht.
Gott sei Dank gibt es die Raumschiff-KI namens Nell, die dem kleinen Hosenscheißer erst mal stattlich einnordet. Die schnippische Schwester von HAL 9000 ist offenbar in der Menopause und nicht gerade auf die Kontakte gefallen, sagt dem viel zu pazifistisch eingestelltem Lappen auch gerne mal, wann er denn bitte mal feuern möge, aber das geht nicht, weil John-Boy es nicht gerne „von hinten“ macht. Schade. Nach der Enttäuschung gibt es dafür viel zu entdecken, besonders die Mitstreiter, Karneval im Weltall. Verhältnismäßig normal erscheint da noch Nanelia (Darlanne Fluegel, Leben und Sterben in L.A.), die hübsche Tochter eines Wissenschaftlers, die bis auf ihren inzwischen nur noch in Kopfform vorhandenen Vater allerdings noch nie echte Menschen, sondern nur die selbst gebastelten Cyborgs getroffen hat. Da kommt Shad dem Papa ganz gelegen, endlich kann mal jemand sein Töcherlein ordnungsgemäß begatten. Aber natürlich lehnt Shad empört und ein gutes Stückweit auch überfordert ab, so ein unkeuscher Schweinkram kommt ihm gar nicht in die Tüte. Dafür gewinnt er Nanelia als erste Weggefährtin beim Kampf gegen Sador, der bald noch einige kuriose Exemplare folgen sollen. So zum Beispiel Cayman, scheinbar der unehliche Sohn der Creature from the Black Lagoon und dem Ding aus dem Sumpf, und seinem Harpunen-Lustknaben im schicken Swinger-Club-Outfit. Wer war nicht schon im All unterwegs und hat die Harpune vergessen? Weltraum-Wale, die unterschätze Gefahr. Das ist noch lange nicht alles, da gibt es auch das Kollektiv Nestor, die zufällig sehr freizügig-bekleidete Fetisch-Walküre Saint-Exmin (Sybil Danning, Der Tag der Cobra), der Han Solo-Verschnitt „Cowboy“ (George Peppard, Das A-Team) und besonders Robert Vaughn als intergalaktischer Kopfgeldjäger „Geld“.
Ja, der Robert Vaughn, der auch in Die glorreichen Sieben spielte, hier halt in den komischen Sieben. Entweder war das die ultimative Selbstironie oder eben ein Fall von "er brauchte das Geld", beides denkbar. Roger Corman kann es egal sein und sobald dessen Intention auch den letzten Zuschauern gewahr wird (dürfte wohl bei niemanden länger als 10 Minuten dauern), gibt es auf dem Spaßbaromenter kaum ein Halten mehr. Da wird ungeniert kopiert, mit selbstironischen Momenten nicht gegeizt, mit Absurditäten um sich geworfen. Ob das Raumschiff um Trottel Shad und Zicke Nell wirklich aussehen sollte wie ein fliegendes Skrotum, die Schergen von Sador wie Frankensteins Schweine und deren Armee (genau drei) von Angriffsschiffen wie große Mistkäfer, keine Ahnung. Möglich ist hier fast alles. An ulkigen Einfällen mangelt es grundsätzlich nicht. Hannibal Solo zapft sich Scotch und Eiswürfel aus der Gürtelschnalle, ein buntes Xylophon-Spiel kitzelt einen Kristall zum Gräberausheben, und es werden sehr aufklärende Gespräche geführt (-„Wie macht ihr es?“ -„Männer und Frauen tun sich zusammen.“ -„Nur zwei Geschlechter?!“), dabei ist wohl jedem bewusst, was hier gerade abgeht. Corman sowieso und Vaughn zwangsweise, beim Rest, wer weiß…? Dazu gibt es eines der schrägsten, dabei tatsächlich witzigsten Attentatsversuche auf politische Oberhäupter, die man im filmischer Form wohl jemals gesehen hat.
Übrigens: Für die Spezialeffekte war ein gewisser James Cameron (Avatar: The Way of Water) verantwortlich. Schon kurios, wenn man dessen weiteren Werdegang betrachtet.