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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Rimini im Winter. Während Schneestürme die Palmenblätter zum Tanzen bringen, spült das Leben verlorene Seelen an die leeren Hotelbars des sonst so paradiesischen Adria-Klassikers. Hier stapft Richie Bravo (Michael Thomas) unbeirrbar durch den Regen. Ob als Sänger oder Gigolo — mit reichlich „Amore Mio“ wärmt der einst gefeierte Schlagerstar in den Wintermonaten die Herzen und Betten schmachtender Bustouristinnen und entzückten Damen reiferen Alters. Die fetten Jahre liegen hinter ihm. Seinen ausschweifenden Lebensstil finanziert er sich mit Auftritten in glitzernden Showkostümen und mit Liebesdiensten, die ihm dank eines üppigen Fundus’ an immergünen Liebesschwüren routiniert von der Zunge gehen. Die eingeübt tragische Idylle bekommt Risse als plötzlich seine erwachsene Tochter (Tessa Göttlicher) vor ihm steht. Die möchte weder Autogramm noch Umarmung, sondern die jahrzehntelang versäumten Unterhaltszahlungen, und zwar alles auf einen Schlag. Richie verspricht ihr, das Geld aufzutreiben. Für den rücksichtslosen Überlebenskünstler tut sich ein Abgrund auf— aber auch die leise Hoffnung, vielleicht doch noch auf seine alten Tage so etwas wie Versöhnung und menschliche Anerkennung zu finden.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Mit Rimini hat der umstrittene österreichische Filmregisseur Ulrich Seidl (Hundstage) erneut ein großes Werk geschaffen. Nach seiner abgründigen Paradies-Trilogie (Paradies: Liebe, Paradies: Glaube,Paradies: Hoffnung) und dem großartigen Dokumentarfilm Im Keller bleibt er sich auch mit seinem neuen Film treu. Er porträtiert den gescheiterten Schlagerstar Richie Bravo, der sich im winterlichen Sommerurlaubsort an der Adria mit gelegentlichen Auftritten in Hotelbars und Liebesdiensten an österreichischen Bustouristinnen über Wasser hält. Seine Villa an der Adria vermietet er an seine letzten Fans. Was übrig bleibt landet im Spielautomaten oder hinter der Theke. Wieder einmal zeichnet Ulrich Seidl eine gescheiterte, tief tragische Figur. Wieder einmal tun sich dabei menschliche Abgründe auf, über die man nur schwer hinwegsehen kann, da sie uns so authentisch, so akkurat geschildert werden.

Alles stimmt in diesem Film. Da ist das frostige, leergefegte Rimini. Eisiger Nebel verdeckt die Sicht. Hin und wieder verirrt sich dort ein Reisebus mit wollüstigen Bustouristinnen. Sie verkriechen sich in verlassenen Ferienhotels, weit außerhalb der Hochsaison, in deren Frühstückssälen der gefallene Schlagerstar seine Lieder präsentiert. Das Publikum ist in den späten Sechzigern, Sitzmöbel und Teppichboden aus den Achtzigern, die Orangensaftmaschine mindestens genauso alt. Man kann die Szene im Kino förmlich riechen: Rührei, Chlorreiniger und ein Hauch von Inkontinenz. Es ist das Revier von Richie Bravo, dem ewige Gigolo. Im weißen Polyesteranzug mit Ziegenbart und Silberschmuck umschmeichelt er noch immer sein weibliches Publikum mit Hits wie „Amore Mio“ oder „Emilia“. Wenn das Playback mal Probleme macht, weiß Richie Bravo, wie man sie weglächeln kann.

Selten erlebt man im Kino eine solche akkurat charakterisierte Figur. Nicht nur sein Lebensraum an der verschneiten Adria und sein geniales Kostüm zeichnen Richie Bravo aus, es ist vor allem sein Darsteller Michael Thomas (Import/Export), der den Schlagersänger so einzigartig zum Leben erweckt. In einem Doppelinterview sagte Regisseur Seidl zu Schauspieler Thomas: „Du BIST Richie Bravo!“ Tatsächlich ist es anfangs schwer zu glauben, dass Richie Bravo eine fiktive Figur ist. Es liegt nicht nur an Seidls dokumentarisch anmutenden Stil, sondern an der überzeugenden Präzision mit der Michael Thomas seine Figur verkörpert. Seidl hat die Figur Richie Bravo inspiriert von Thomas für ebenjenen entwickelt. Es ist eine Rolle, die für ihn wie auf den Leib geschnitten wurde. Sieht man sich den Darsteller in Interviews an, erkennt man Richie Bravo sofort: die bullige Präsenz, die Eitelkeit, der ewige Jugendliche im vom Alkohol geprägten Körper. Michael Thomas braucht keine Mühen, um großartig in seiner Rolle zu sein.

Erneut hat Ulrich Seidl einen Film gedreht, in dem sich ganz unspektakulär und unprätentiös menschliche Abgründe auftun. In einer Szene verführt Richie Bravo zwei ältere Damen und nimmt sie mit in ein verlassenes Hotel, für das er einen Schlüssel besitzt. Sie spaßen, trinken zusammen, schleichen von Zimmer zu Zimmer und erzählen sich von ihren sexuellen Geheimnissen. Eine der beiden Frauen erzählt beiläufig, dass sie sich daran erinnert, wie sie damals vom Bäckergesellen in ihrem Dorf missbraucht wurde. Richie Bravo heitert sie auf, macht sie betrunken und schläft mit ihr. Er filmt sie dabei und erpresst ihren Mann mit dem Video, um das Geld für die verpassten Unterhaltszahlungen aufzutreiben, die er seiner Tochter schuldet. Ulrich Seidls Figuren sind Gescheiterte, unrühmlich, pervers und unmoralisch – trotzdem sind wir als Zuschauer tief drin in ihrem Seelenleben. Wir verstehen sie, fühlen ihre  Ängste und ihre Enttäuschung. Man weiß, dass sie das Falsche tun, und trotzdem gibt es immer wieder Momente des Verständnisses. Hilflos sind wir dieser Ambivalenz ausgesetzt, denn Seidl und sein schonungsloser Stil offenbaren das Schöne in einer kaputten Welt. Auch Rimini verweist auf solche Widersprüche und schafft es, dass man sich auch nach langer Zeit noch sehr gut an seine schmerzhaft schönen Bilder erinnern wird.

Fazit

"Rimini", der neue Film von Ulrich Seidl ist wieder einmal ein großer Wurf. Erschreckend authentisch und unheimlich akkurat wird hier der gefallene Schlagerstar Richie Bravo porträtiert, der uns gleichermaßen abstößt wie fasziniert. Eine detaillierte Milieustudie.

Kritik: Kevin Gensheimer

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