„Hier spricht Moskau…“
Wenn man an das Science-Fiction-Kino der 50er- und 60er-Jahre denkt, fallen einem vermutlich in erster Linie amerikanische Produktionen wie Kampf der Welten, Alarm im Weltall oder Planet der Affen ein. Es gab jedoch, obgleich diese weitaus weniger bekannt sind, zahlreiche russische Genrevertreter wie etwa Der Weg zu den Sternen, Der Himmel ruft oder eben Planeta Bur, im deutschen als Planet der Stürme erschienen.
Was Planet der Stürme hier in erster Linie auszeichnet, ist wohl seine Inszenierung des Unbekannten: Die Oberfläche der Venus, auf welcher die Protagonisten landen, entpuppt sich in Pavel Klushantsevs Werk als karge Felslandschaft mit nur wenig Vegetation, in der vor allem Braun- und Grautöne die unwirtliche Szenerie prägen. Im Verlauf der Handlung verschlägt es die Kosmonauten auch an die ausladende Küste eines weitläufigen Meeres und in simpel getricksten, aber dennoch gut funktionierenden Unterwasseraufnahmen unter die Meeresoberfläche. Dabei herrscht, abgesehen von den Unterwasseraufnahmen, nahezu permanent ein dicker Nebelschleier vor, welcher die triste Bildsprache noch intensiviert, indem er einem den Blick in die Ferne die meiste Zeit über verwehrt. Doch die trostlose Landschaft ist keinesfalls unbelebt. Die Raumfahrer treffen auf Kreaturen, welche prähistorisch anmuten und an jene Geschöpfe erinnern, die vor Jahrmillionen auch auf der Erde gelebt haben könnten. So machen die Kosmonauten (welche glücklicherweise bewaffnet sind) beispielsweise unliebsame Bekanntschaft mit mannsgroßen, unfreiwillig komisch hüpfenden Echsen. Diese erinnern optisch stark an Godzilla in klein, was, wenn man bedenkt, dass der 1954 erschien, vermutlich kein Zufall ist.
Ungeachtet dieser unfreiwilligen Komik entsteht durch die gelungenen Landschaftsaufnahmen in Verbindung mit den dinosaurierartigen Geschöpfen insgesamt eine stimmige und durchaus überzeugende prähistorische Welt. Dies sorgt dafür, dass Planet der Stürme über weite Strecken hinweg, insbesondere durch das urzeitliche Setting (wenn man einmal von den Raumanzügen und dem schwebenden Auto absieht) wie ein Abenteuerfilm anmutet, in dem die Gegend erkundet sowie untersucht wird und beiläufig Proben genommen werden. Es hätte allerdings gerne mehr Aufeinandertreffen mit den auf der Venus lebenden Geschöpfen geben dürfen, denn einen nicht unerheblichen Teil der Handlung machen Szenen aus, in denen die Kosmonauten durch die Landschaft stapfen oder aber in einem schwebenden Auto mit großer Glaskuppel über selbige dahingleiten. Sonderlich flott, spannend oder interessant ist dies allerdings nicht. Einzig eine Sequenz, in der ein Vulkan ausbricht und die Lava Crewmitglieder einzuschließen und zu verbrennen droht, lässt beim Zuschauer Spannung aufkommen.
Davon abgesehen präsentiert sich Planet der Stürme unaufgeregt, tonal ernst und wirkt in einigen Momenten, in denen die Kosmonauten über Fragen der Existenz sprechen, fast schon philosophisch angehaucht. Die Figurenzeichnung fällt derweil dennoch recht dünn aus, sodass der Zuschauer im Grunde keinen der Charaktere näher kennenlernt. Der Roboter John sticht allein schon durch sein humanoides Äußeres als „Protagonist“ noch am stärksten hervor und dürfte dem Zuschauer am ehesten im Gedächtnis bleiben. Auf allzu plakative sowjetische Propaganda sowie Antiamerikanismus verzichtete Pavel Klushantsev (Der Weg zu den Sternen, Luna) nahezu komplett. Das Bisschen, was in die Richtung gedeutet werden kann, fällt so gering und unaufdringlich aus, dass es nicht der Rede wert ist. Die Qualität der Spezialeffekte ist bei Planet der Stürme schwankend. Während eine fleischfressende Pflanze, welche mit ihren langen Tentakeln nach einem Crewmitglied grapscht, durchaus imposant anmutet, sehen die bereits erwähnten Mini-Godzillas sowie ein Flugsaurier in ihren Bewegungen eher schwach getrickst aus.
Gleiches gilt für die starren, unbeweglichen Plastikraumschiffe, welche der Zuschauer zu Beginn des Films präsentiert bekommt. Derartige Aufnahmen haben einige Filme bereits in den 50er-Jahren besser, da dynamischer hinbekommen. Das Innenleben der Raumschiffe schaut da schon überzeugender aus und auch der Roboter John wirkt mit seinem humanoiden Design, welches frappierend an den Roboter Robby aus Alarm im Weltall erinnert, für die Zeit durchaus gelungen. Etwas, das außerordentlich gut zu gefallen weiß, ist das Design der Raumanzüge. Hier gibt sich der Film weit moderner, als es viele andere Filme selbst Jahre später mit ihren oft klobigen, eckigen und teils altbacken wirkenden Anzügen taten. Mit ihrem schlanken Design, der akzentuierten Brustplatte und dem großen, gläsernen Helm erinnern sie frappierend an die Raumanzüge, welche in dem Film Prometheus von Ridley Scott (Alien, Blade Runner) zum Einsatz kamen.
Ein gewisses Kuriosum rund um Planet der Stürme ergibt sich übrigens daraus, dass der amerikanische Regisseur und Produzent Roger Corman (House of Usher, Das Pendel des Todes) das Bildmaterial des Films erwarb und daraus gleich zwei weitere Filme erstellen ließ. Zum einen den 1965 erschienenen Film Voyage to the Prehistoric Planet und zum anderen einen 1968 veröffentlichten Film namens Voyage to the Planet of Prehistoric Women. Man schnitt jeweils das Quellmaterial um, änderte die Szenenabfolge, synchronisierte das Material neu, tauschte bei den Credits die russischen Namen durch amerikanisch klingende Fiktivnamen aus, drehte teilweise gänzlich neue Szenen z.B. mit amerikanischen Schauspielern oder aber halb nackten Blondinen, fügte Szenen aus anderen Filmen ein und wandelte die Handlung ab (in einem Fall mehr, im anderen weniger). Diese Filme sind dabei derart „quellmateriallastig“, dass man fast schon davon sprechen kann, dass Planet der Stürme in insgesamt drei Versionen existiert.