Wenn Tony Manero durch die Straßen Brooklyns läuft, gleicht sein Gang einer einzigen Tanzbewegung. Begleitet von dem Song Stayin‘ Alive der Bee Gees scheint der 19-jährige Italoamerikaner die Blicke stets mit auffälligem Hüftschwung auf sich lenken zu wollen, selbst wenn er in der Auftaktszene von Saturday Night Fever nur einen Eimer voll Farbe zu dem Farbengeschäft bringt, in dem er arbeitet. Was nach diesem lässigen Auftakt von John Badhams (Nummer 5 lebt!) Film folgt, hat in Windeseile Kino- und Popkultur-Geschichte geschrieben und ist aus dem Kanon ikonischer Tanzfilme nicht mehr wegzudenken. Der damals 23-jährige Hauptdarsteller John Travolta (Pulp Fiction), der zuvor eher durch Auftritte in Serien bekannt war, wurde nicht nur zu einem gefeierten Star, sondern zum Gesicht einer ganzen Jugendgeneration, die sich vornehmlich an den Wochenenden in den Clubs die Nächte um die Ohren schlug, um der tristen Realität ihres Alltags so ausgelassen wie nur möglich zu entfliehen.
Dass Saturday Night Fever, der Musikfilm, Drama und Milieustudie zugleich ist, so einen gewaltigen Anklang beim Publikum fand, mag sicherlich daran liegen, dass der Regisseur das Tanzen als ultimative Form des Ausbruchversuchs seiner Hauptfigur begreift. Die Farben, von denen Tony tagsüber bei seinem Job umgeben wird und die in eintönigen Eimern gelagert werden, erwachen erst zum Leben, wenn sie ihn als strahlende Lichter im Inneren des Clubs umhüllen. Tony, der einer Familie aus der Arbeiterklasse angehört, in der konservative Werte und alte Traditionen herrschen, wird in diesen Momenten, in denen er wie ein Wirbelwind über die Tanzfläche zappelt, gar zu einem anderen Menschen. Der Sohn eines frustrierten Vaters und einer gottesfürchtigen Mutter sowie Bruder eines Priesters, der im Laufe der Geschichte nach Hause zurückkehrt, da er sich von der Kirche abgewendet hat, ist in den Clubnächten an jedem Samstag der Woche ein Frauenschwarm, der vom weiblichen Geschlecht regelmäßig gefragt wird, ob er denn im Bett genauso gut sei wie auf der Tanzfläche.
Die Art und Weise, wie Badham auf Grundlage von Norman Wexlers Drehbuch, das wiederum auf dem fiktiven Artikel des Journalisten Nik Cohn basiert, das New York der 70er Jahre einerseits aufgrund der niedrigen Produktionskosten in geradezu spröden Bildern porträtiert, während er andererseits gerade in den Clubszenen das rauschhafte Gefühl eines ekstatischen Höhenflugs vermittelt, erzeugt den Eindruck eines ungefilterten, authentischen Lebensgefühls. Dieses Lebensgefühl hörte auf den Namen Disco und war nicht mehr länger dem afroamerikanischen Untergrund oder Italoamerikanern vorbehalten, sondern lockte fortan massenweise Menschen sämtlicher Kulturen auf die Tanzflächen dieser Welt. Gerade für Männer wurden das hautenge Hemd, der weiße Anzug und die taillierte Hose zu Statussymbolen, während die dazugehörige Musik von Popgruppen wie den Bee Gees in Dauerschleife durch die Diskotheken schallte. Nicht ohne Grund ist das Soundtrack-Album des Films, das primär aus Songs der Bee Gees besteht, bis heute das meistverkaufte Soundtrack-Album aller Zeiten.
So fällt es zeitweise nicht allzu störend ins Gewicht, dass die eigentliche Geschichte von Saturday Night Fever recht dünn gestrickt ist. Neben dem Fokus auf Tonys kontrastreiches Leben, der als Mensch auf der Schwelle zwischen naiver, lebensfreudiger Jugendlichkeit und nachdenklichem Erwachsensein zwischen privaten Konflikten mit seiner Familie sowie seiner Clique und dem Ziel, einen kommenden Tanzwettbewerb zu gewinnen, hin und hergerissen wird, spürt Badham vor allem dem ansteckenden Fieber der samstäglichen Nacht nach, das der Filmtitel bereits vorwegnimmt. Ein Fieber, dem Tony ebenso verfallen ist wie seine zunächst widerwillige Tanzpartnerin Stephanie, die den forschen Jüngling anfangs immer wieder in die Schranken weist. Wie der Protagonist träumt auch die Sekretärin von einem besseren Leben, in der High Society New Yorks, wo Ruhm und Glamour an der Tagesordnung stehen. Am Ende hinterlässt jenes titelgebende Fieber dieses Films, das schließlich immer noch eine Krankheit ist, zwei desillusionierte, gebrochene Menschen, die zumindest in einem kurzen Hoffnungsschimmer noch einmal zueinander finden dürfen. Als Freunde, fernab vom Licht der schillernden Discokugel.