Nein, nicht alles was Til Schweiger anfasst wird zu Gold. Abseits seiner Kinokomödien sind seine anderen Versuche sich auf dem deutschen Kinomarkt zu behaupten gescheitert. Ernste Stoffe wie Schutzengel oder One Way erwiesen sich als Flops und auch seine TV-Ausflüge als Tatort-Kommissar boten zuletzt nicht mehr die überragenden Quoten der Anfangszeit. Auch Tschiller: Off Duty war kein Zuschauermagnet. Der Film bringt das Duell zwischen dem schießfreudigen Kriminalbeamten aus Hamburg und dem türkischen Gangster Firat zu Ende. Die dazugehörige Vorgeschichte, wurde derweil in den beiden letzten TV-Auftritten erzählt.
Da stellt sich natürlich die Frage, ob es überhaupt Sinn ergibt sich Off Duty anzuschauen, wenn man die TV-Filme Tatort - Fegefeuer und Tatort - Der große Schmerz nicht gesehen hat. Nun, auch ohne Vorkenntnisse sollte der Zuschauer ohne größere Schwierigkeiten zurechtkommen, aber dennoch wirkt Tschiller: Off Duty ohne das Hintergrundwissen aus dem Fernsehen seltsam zusammengesetzt. Wer sich den Actionfilm also ansehen möchte, sollte auch die Vorgänger sehen.
Eine weitere Frage die sich stellt ist jene, was einen nun erwartet? Ist der erste Kino-Tatort seit Zahn um Zahn von 1985 mit Götz George als kultiger Kodderschnauzen-Cop Horst Schimanski mehr als ein ausgedehnter Fernsehspielfilm? Klare Antwort: ja. Alleine optisch atmet Tschiller: Off Duty Kino-Atmosphäre. Die Bilder bieten Hochglanz, die Musik dröhnt streng voraus und statt auf den hanseatischen Straßen von Hamburg ist Schweiger die meiste Zeit in Istanbul und Moskau unterwegs, wobei der Tschiller natürlich von seinem Kollegen Yalcin, gespielt von Fahri Yardim, unterstützt wird.
Yardim wurde schon früh als heimlicher Star der Reihe gefeiert und das bleibt auch hier so. Durch die ironische Note, die seien Figur mitbringt, wird der oftmals gestrige, über-maskuline Charaktere von Nick Tschiller – sowie seine Taten – auf kurzlebige, amüsante Weise gebrochen. Das tut definitiv gut, denn ansonsten würde sich Schweiger wohl nur stur wie ein Panzer über die Leinwand, bzw. Mattscheibe ballern und mosern. Letzteres macht er in der Realität ja auch ganz gerne.
Doch Yardim bleibt leider das einzige Ventil, um die hohle, teils massiv chauvinistische wie teilweise auch rassistische Phrasendrescherei des Films zu kompensieren. Ansonsten bietet Tschiller: Off Duty genau das, was bereits die TV-Filme boten: Viel Action, noch mehr (teils wirklich uralte bis ärgerliche) Klischees und dies alles verpackt in eine uneindrucksvolle Geschichte, die im Kinoformat wenig ergiebig auf 140Minuten ausgewalzt wurde.
Natürlich bietet der Film in dieser Zeit einiges an Krawall-Attraktionen und die wurden allesamt von Regisseur Christian Alvart durchaus ansehnlich in Szene gesetzt. Doch wirkliche Momente, in denen sich Tschiller: Off Duty gegen die Genre-Konkurrenz behaupten kann, gibt es nicht. Viel mehr annektiert Alvart die raue, aber immer noch massentaugliche und nicht zu verstörende, Action eines 96 Hours. Die ist zwar durchaus hart und stringent, es mangelt ihr aber auch an Kernelementen wie Komposition und Rhythmus. Es ist eben Fast Food.
Wem es auch an etwas mangelt ist Luna Schweiger. Der fehlt nämlich darstellerisches Talent. Die Schweiger-Tochter musste immer wieder (partiell harte) Schellte über sich ergehen lassen – oftmals ging diese Kritik auch über das Ziel hinaus. Doch was sie in Tschiller: Off Duty auffährt ist wirklich katastrophal. Ohne wirkliche Mimik wird ihre Figur im Film herumgereicht und vom Script von der blauäugigen Rächerin zur reinrassigen Damsel in Distress herabgestuft. Dabei ist vor allem die Rachegeschichte zu Beginn, die Tschillers Tochter in die lebensgefährliche Bredouille bringt, nicht frei von Potenzial. Doch das ist herzlich egal, denn es braucht auch eine überzeugende Darstellerin, um diesen Handlungsstrang zutragen. Das vermag Luna Schweiger aber nicht.
Da ist es um so bedauerlicher, dass Tschiller: Off Duty neben Luna Schweiger so gut wie keine weiblichen Figuren zu bieten hat, die wirklich wichtig sind. Neben einer Hotelangestellten werden die restlichen Frauenfiguren entweder als Prostituierte oder reinrassiges Opfer gezeichnet. Das passt übrigens auf eine unschöne Weise zur Darstellung der Türkei und Russland im Film. In Tschiller: Off Duty scheinen dieses Länder hauptsächlich aus Kriminellen zu bestehen. Wäre es nicht so ärgerlich, die ethnische Blindheit der Produktion wäre fast schon paradox erheiternd.