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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

US-amerikanisches Abenteuer-Drama von Peter Weir. Der Idealist Allie Fox (Harrison Ford) wandert mit seiner Familie aus und baut sich eine neue Existenz in der sogenannten Mosquito Coast in Honduras auf. Fortan leben sie abgeschottet von der Zivilisation in ihrem kleinen Paradies. Mit der Zeit wird aber immer klarer, dass sich Allie in einen Herrscherwahn reinsteigert.

Kritik

„Ein Alleswisser, der manchmal recht hat. Sag ihm, dass er gefährlich ist…eines schönenTages wird er euch noch alle umbringen!“

Mit seinem zweiten US-Film Der einzige Zeuge gelang Peter Weir der bis dato größte Erfolg seiner Karriere. Der Thriller im Amish-Milieu wurde ein Kassenschlager, gewann zwei Oscars und machte seinen Regisseur endgültig auch für das breite Publikum jenseits seiner australischen Heimat zu einem Begriff. Bei seinem Folgewerk kam es erneut zu einer Zusammenarbeit mit Harrison Ford (Frantic), der jedoch seitens des Studios gar nicht die erste Wahl war. Lieber hätte man Robert De Niro oder Jack Nicholson in der Hauptrolle gesehen, am Ende setzte sich Weir jedoch durch. Was sich rückwirkend als Glücksfall herausstellt. Während De Niro und Nicholson ja unlängst als gestandene Charakterdarsteller etabliert waren, galt Ford bis dahin mehr als Star für Popcornkino. Zwar meist äußerst hochwertiges, letztlich aber nicht mehr.

Mit Mosquito Coast kann Ford unter Beweis stellen, das mehr in ihm steckt als der Held in reinen Unterhaltungsfilmen. Vor allem, dass er nicht zwingend auf die Rolle des Sympathieträgers festgenagelt sein musste. Der von ihm verkörperte Erfinder und vierfache Familienvater Allie Fox kann nicht mal mehr als Gesellschaftskritiker bezeichnet werden, er ist ein Gesellschaftszyniker. Maßlos von sich selbst und seiner Sicht auf die Welt überzeugt wird er nicht müde über den moralischen Verfall und die zunehmenden Degeneration der modernen Welt zu ätzen, wobei der Hauptgrund dafür darin zu suchen ist, dass er sich und sein Schaffen als nicht entsprechend wertgeschätzt betrachtet. Kurzentschlossen lässt er alles hinter sich. Macht sich mit seiner Ehefrau (Helen Mirren, Der Nussknacker und die vier Reiche) und den Kindern auf nach Honduras. Dort erwirbt er eine „Stadt“ mitten im Dschungel, die sich heruntergekommene Siedlung herausstellt. Für den Selfmade-Man und Anpacker Allie allerdings der ideale Nährboden. Wie ein noch formbarer, nicht gebrannter Klumpen Lehm, den er sich nach seinen Vorstellungen und Idealen zurechtbiegen kann. Der ach so integre Moralapostel zeigt nun wirklich sein wahres Gesicht. Errichtet als „Vater“ seines Volkes sich ein scheinheiliges Utopia, welches zum Scheitern verurteilt ist. Mit fatalen Folgen für alle Beteiligten.

Schon in der blanken Theorie klingt die Kombination von Regisseur Peter Weir und Autor Paul Schrader (Taxi Driver) ziemlich spannend. Schrader, der den Zerfall von Zivilisations-erkrankten Figuren zuweilen exzellent zu portraitieren verstand und Weir, der besonders in seinen noch sehr surreal geprägten Werken aus den 70ern bereits eine Form von Eskapismus, Esoterik und Naturverbundenheit mit psychologischem Schrecken zu verbinden vermochte. Mosquito Coast scheint dieses Surrealismus zunächst vollständig abzulegen, wirkt geerdeter und realistischer, öffnet sich aber später doch wenigstens angedeutet einem leicht entrückten Wahrnehmungsfeld. Die Architektur einer schönen, neuen, gesunden Welt gerät heftig ins Wanken und fördert den eigentlich schon vorher offensichtlichen Narzissmus, die Egomanie, die Scheinheiligkeit und die schließlich wirklich brandgefährliche Selbstgerechtigkeit seiner Hauptfigur unverblümt zu Tage. Ein Götzenbild der eigenen Brillanz ragt irgendwann wie ein Fremdkörper aus der bis dahin tatsächlich unschuldigen Wildnis und wie Fitzcarraldo schleppt er (oder lässt schleppen) bald statt eines Schiffes einen gigantischen Eisblock quer durch den Dschungel, um seinen eigenen Größenwahn gerecht zu werden. Oder wie die Vorstufe eines Colonel Kurtz, der bald schon vor nichts mehr zurückschreckt.

Das vermeidliche Paradies, es wird unvermeidlich irgendwann in Flammen aufgehen. Vom Moralisten zum Despot, vom König und Halbgott zum heimaltlosen Schiffbrüchigen. Sobald ihm die Kontrolle entgleitet – quasi mit der wirklichen Unabhängigkeit konfrontiert -, eskaliert die Situation schließlich endgültig. Die längst überfällige, familieninterne Meuterei, sie deutet sich mehr und mehr an. Allerdings nur von Seiten der älteren Söhne (u.a. River Phoenix, Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers), während die tatsächlich namenlose Mutter erst gen Ende überhaupt echte Widerworte gibt. Helen Mirren ist somit ein Stückweit in ihrer Qualität leider auch verschenkt, denn das ist zweifelsohne die One-Man-Show von Harrison Ford, in der alle anderen nur als Stichwortgeber dienen. Aber Ehre, wem Ehre gebührt. Schließlich bildet er auch das unangefochtene Zentrum eines gesellschaftsmüden Psychogramms, an dessen kläglichen Scheitern es sich voller Faszination beiwohnen lässt.

Fazit

Zwar gelingt es dem Duo Weir & Schrader nicht, das gesamte, explosiv-aufgeladen Potential dieser selbst- und fremdzerstörerischen Odyssee in den Wahnsinn vollends auf den Punkt auszuformulieren, da waren beide auf ihren Höhepunkten schon besser. Noch zwangloser, radikaler und mutiger. Was allerdings nur im direkten Vergleich als Haar in der Suppe zu finden wäre. Losgelöst davon ist „Mosquito Coast“ ein prächtig fotografiertes Abenteuer- und vor allem Psychodrama. Psychologisch wie dramaturgisch mit Tiefe und von Harrison Ford gegen sein Image enthusiastisch gespielt.

Kritik: Jacko Kunze

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