Lee Gates steht vor den Kameras, trägt einen Satin-Bademantel über dem Designeranzug und lässt sich von zwei Models die Boxhandschuhe anziehen. Was folgt ist übertriebenes Schattenboxen, während im Hintergrund auf Flatscreens die Börsenkurse durch tickern. Ja, gleich zu Beginn von Money Monster macht der Film klar, wer genau im Visier des satirischen Dramas steht. Es sind nicht nur die großen Banken, sondern auch die Medien und ihr Umgang mit der Finanzwelt.
Lee Gates ist ein Nutznießer der Symbiose aus Börse und Medien. In seiner täglichen Show Money Monster bewertet er Firmen und deren Aktien, gibt Anlagetipps und zelebriert dabei vor allem sein eigenes Ego. George Clooney spielt diesen Gates, dessen gebleichtes Lächeln recht schnell verzweifelnde Züge annimmt, als der junge Kyle (Jack O’Connell, Unbroken) ins Studio stürmt, Gates eine Waffe an die Stirn hält, ihm eine Sprengstoffweste umlegt und Patty (Julia Roberts), die Regisseurin der Show, dazu zwingt, die Kameras weiterlaufen zulassen.
Das erinnert schon ein wenig an Costa-Gavras' Mad City mit Dustin Hoffman und John Travolta aus dem Jahre 1997. Allerdings fehlt Jodie Fosters vierter Regiearbeit dieser robuste Negativismus. Trotz der schieren Allmacht der Banken traut sich Money Monster niemals so ganz die Hilflosigkeit gegenüber der Finanzsysteme einzugestehen. Hier bleibt immer ein Hoffnungsschimmer übrig, der wohl vor allem die Zuschauer erfreuen wird, die Adam McKays The Big Short zu zynisch und pessimistisch fanden. Dennoch ist sich auch Foster der am Abgrund tanzenden Situation bewusst und im Gegenteil zu anderen Werken rund um die Finanzkrisen, bzw. den gefährlichen Spekulationen derKonzerne, gibt sie den Leidtragenden mit Geiselnehmer Kyle, der zwar überfordert aber niemals stupide agiert, ein Gesicht.
Dass ein vom System Betrogener sich eben an diesem rächt (oder es zumindest versucht), erinnert schon ein wenig an Uwe Bolls Rachephantasien aus Assault on Wall Street oder an seine Rampage-Trilogie. Aber anders als Boll sind die Money Monster sich bewusst, dass ihr Ein-Mann-Aufräumkommando kein eiskalter, berechnender Killer ist, sondern ein durch Verzweiflung getriebener junger Mann. Darsteller O’Connell bekommt diese Selbstdemaskierung der Figur sehr gut hin, aber auch Clooney, ein bekannter Großmeister wenn es darum geht sein Image zu konterkarieren, gelingt es mit Leichtigkeit die großkotzige Krone des Lee Gates einzutauschen gegen wimmernde Desillusionierung, die sogar in einen Walk of Shame endet.
Money Monster scheint aber nicht genügend Vertrauen für die konzipierte Konstellation zu haben und strickt um die Geiselnahme fast schon einen kriminalistischen Subplot, in dem geklärt wird, wie eine große Firma knapp 800 Millionen US-Dollar wegen gescheiterter, semi-legaler Geschäfte. Dabei lässt der Film einige Figuren ihr Gewissen wiederfinden, was jedoch nie über einen narrativen Alibi-Status hinaus geht und Money Monster einiges an Druck und Kraft kostet, auch wenn dies alles am Ende in ein großes, gemeinsames Finale übergeht.
Fosters Film misslingt es einfach die Ambivalenz der Situation gerecht zu werden und düpiert sich immer wieder selbst, wenn es darum geht eine wirkliche und nachhaltige Aussage zu treffen. Oft genug steht Money Monster dabei seine, immer wieder kurz aufblitzende, Komik im Weg. Gerade dann, wenn es möglich wäre der Handlung einen stabileren dramaturgischen Unterbau zu verpassen, dreht sich die Stimmung des Films. Er generiert plötzlich (schwarze) Komik, die aber nach einem kurzen Zwerchfellzucken wieder verhallt. Es wirkt fast wie eine humoristische Säuberung. Sobald sich etwas Dreck am Hochglanz der Inszenierung fest gemacht hat, wird es mit einem zwanghaften Lächeln weggewischt. So funktionierte es bereits bei The Big Short, nur – wie bereits erwähnt – verfügte dieser über den notwendigen Zynismus sowie eine schwarzseherische Weltanschauung und verstand sich mehr als Aufklärer.
Money Monster scheint ebenso daran interessiert zu sein uns, den Märkten, den Medien und den gegenseitigen Verbindungen zueinander den Spiegel vorzuhalten. Tatsächlich funktioniert das stellenweise ganz gut, was aber weder an der Entwicklung der Geschichte liegt, sondern viel mehr an den Darstellern. Aber auch diese bleiben machtlose Marionetten, wenn Foster und ihre Drehbuchautoren ungelenk versuchen den Zuschauer zu belehren und die Fragilität des Finanzsystems offen zu legen, dabei aber die Opfer der misslungenen Investitionen und krummen Geschäfte zum Spielball falscher Heroisierungen zu machen. So gesehen ist Money Monster genau das, was er zu Beginn präsentiert: übertriebenes Schattenboxen.