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Inhalt

Das Mädchen Momo lebt in einem Amphitheater in einer italienischen Kleinstadt. Hier ist die Welt noch in Ordnung ... noch. Denn die grauen Herren versuchen alles, um die Menschen dazu zu bringen, Zeit zu sparen. Dahinter verbirgt sich aber ein heimtückischer Plan, der in Wahrheit darauf ausgelegt ist, den Menschen ihre Zeit zu stehlen. Auch in der geliebten Heimat von Momo tauchen die grauen Herren auf und bald haben sie es auf das kleine Mädchen abgesehen, denn sie allein verhindert, dass sich ihre Freunde nicht von der „Zeitsparkasse“ blenden lassen. Als sich die Lage dennoch zuspitzt, schickt Meister Hora – der „Verwalter der Zeit“ – seine Schildkröte Kassiopeia zu Momo und ruft sie zu sich.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Im Jahr 1973 wurde der Roman „Momo“ von Michael Ende veröffentlicht. Der Untertitel lautete: Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte. Das mutet märchenhaft und phantastisch an und rückt – wie so oft bei Ende – das Kindliche in den protagonistischen Fokus. Der Autor ist dafür bekannt, seinen Geschichten einen erheblichen Symbolgehalt unterzurühren. Natürlich steht dann die Frage im Raum, ob das, was auf beinahe 300 Buchseiten sukzessive aufgebaut und erläutert wird, auch filmisch einwandfrei zu vermitteln ist. Mit weltweit über sieben Millionen verkauften Exemplaren ist „Momo“, 1974 sogar mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet, nach „Die Unendliche Geschichte“ das erfolgreichste Werk von Michael Ende. Die Verfilmung krankt jedoch am gerade erwähnten Punkt: In rund 104 Minuten wird man als Zuschauer wenig verzaubert und vielmehr verwirrt.

Das soll nicht heißen, dass der Film in seiner Gänze unverständlich ist. Der springende Punkt wird deutlich, aber er springt irgendwie wild umher, eher im Zickzack als im angenehmen Rund. Und genau das ist der Film dann eben nicht: rund. In der geschriebenen Geschichte funktioniert ein Satz wie „Ich glaube, man muss ihm zuhören, auch wenn er nicht singt“, den Momo an eine Frau richtet, deren Vogel schon lange Zeit nicht mehr gesungen hat. Das Medium Film ist aber, ja, schnelllebiger. Hier konkurriert der mediale Charakter mit der zentralen Aussage der Geschichte auf interessante Weise. Man hört eher mit dem Lesen auf, um sich Gedanken über etwas zu machen, als dass man die Fernbedienung in die Hand nimmt und auf die Pausetaste drückt. Man liest einen Absatz eher ein zweites Mal, als dass man zurückspult. Sicher, getreu dem Thema müsste man sich diese Zeit nehmen, um zu reflektieren und zu verstehen. Tendenziell geht ein Satz wie der eben genannte jedoch verloren, wenn man ihn im Film hört und nicht im Buch liest. Warum also die Verfilmung einer Geschichte, die als Roman gut funktioniert? In der Regel sind es kommerzielle Hintergründe, die hier eine Rolle spielen. Das ist bei Michael Ende aber auszuschließen. Der Autor selbst war mit der Verfilmung von „Momo“ äußerst zufrieden, nicht so mit der Inszenierung von „Die Unendliche Geschichte“. Als Film taugt diese Adaption jedoch wesentlich mehr, weil man die Geschichte eingefangen und cineastisch mehr als eindrucksvoll übermittelt hat. Bei „Momo“ wurde versucht, den Symbolgehalt einzufangen und zu transportieren – und entstanden ist ein Film, der keine gute Geschichte erzählt.

Hinzu kommt eine Inszenierung, die der Grenze zum Peinlichen nicht selten bedrohlich nahekommt. Das Spiel der Freunde von Momo und der grauen Herren befindet sich oft im Overacting-Bereich. Auch wenn viele Szenen im Amphitheater spielen, müssen Filmrollen nicht wie Theaterfiguren gespielt werden. Was auf der Bühne funktioniert, wirkt auf Leinwand schnell geistig zurückgeblieben. Sicherlich passt das zu ausgewählten Charakteren, das Schauspiel in „Momo“ ist aber allumfassend over the top und damit zu gestellt, um glaubwürdig zu sein. Momo selbst, also Radost Bokel, brilliert hier und da mit einem bezaubernden Lächeln, doch wenn Kritik bei einer Darstellerin in ihrem jungen Alter erlaubt ist, muss auch erwähnt werden, dass sie die Hauptfigur natürlich bemüht, aber streckenweise recht laienhaft spricht. Das ist in keiner Weise ein Vorwurf, tut dem Film angesichts seiner eh schon vorhandenen Makel aber auch nicht gut.

Die Sets sind zum Teil bewusst künstlich gewählt. Das macht in der Welt, die bereits von den grauen Herren infiltriert ist, auch Sinn: Hier bewegt man sich quasi zwischen leblosen, grauen Papphäusern. Das untermalt zwar erneut den Theatercharakter, funktioniert an der Stelle aber. Den von Ende bekannten phantastischen Charme erhält der Film zum Ende hin, als Meister Hora die Bühne betritt. Richtig gut sieht das alles auch dann nicht aus, doch der Zweck wird erfüllt. Was hingegen gar nicht geht, sind die nervig spacigen Soundeffekte, die immer dann erklingen, wenn die grauen Herren unterwegs und im Bild sind. Ebenso misslungen: das gesamte Finale. Beim Showdown Momo versus graue Herren findet lediglich ein fragwürdiges Hin- und Herrennen inklusive Rumgestolpere statt. Das ist beinahe Slapstick und nun wirklich blamabel!

„Momo“ ist jetzt auch als Blu-Ray erhältlich. So richtig ins Zeug gelegt hat man sich bei der Gestaltung aber nicht. Sicher, die Bildqualität ist besser (wäre ja auch eine Schande, wenn nicht), doch bei den Extras wurde erheblich eingespart. Eigentlich gibt es nur ein Feature: „Ein Besuch bei Michael Ende“. Immerhin läuft der Zusammenschnitt aus Grundstückbegehung und Interview aber fast 45 Minuten.

Fazit

Als Film funktioniert das bedeutungsträchtige Ganze, das die Geschichten von Michael Ende beherrscht, einfach nicht. Bei der Verfilmung von „Die Unendliche Geschichte“ hat man den Symbolgehalt beiseite geschoben und mit beeindruckenden Sets und Effekten, wunderbaren Kostümen und Masken eine großartige Geschichte erzählt, die primär unterhält. Das fand Michael Ende wenig prickelnd, dem geneigten Filmfreund sollte diese Variante der Adaption aber gefallen. Bei „Momo“ hat man es umgekehrt versucht und ist daran gescheitert. Ende ist ein Meister des Tiefsinns, doch Roman ist eben nicht gleich Film. Und was nutzt ein Film, der sich vor Symbolen nur so erbricht, aber kaum unterhält?

Kritik: André Gabriel

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