In einem Italien zwischen Neo-Realismus und Fantasie kämoft eine schweigsame Tochter trotzig um die Liebe ihrer exzentrischen Mutter. Doch die exzentrische Straßenkünstlerin sorgt sich einzig um ihren Hund Marcel.
Kunst zu verehren ist noch keine Garantie, selbst Kunst schaffen zu können. Darin liegt sowohl auf dramatischer als auch stilistischer Ebene das zentrale Dilemma von Jasmine Trincas (Slam) drolliger Debütinszenierung. Dessen stilisierte Szenerie quilt über vor Referenzen an die Künste, denen sich die namenlosen Hauptfiguren verschreiben haben. Der Kunst verdanken sie ihr Leben, sagt die Mutter (immer verlässlich: Alba Rohrwacher, Frau im Dunkeln) ihrer verschlossenen Tochter (Maayane Conti), mit der sie sich unterstützt von Hund Marcel als Straßenkünstlerin durchschlägt.
Dergleichen doppeldeutige Dialoge, die auf die eigene Künstlichkeit der Ereignisse verweisen, sind Teil der ausufernden Bezugswelt der verspielten Hommage an eine überbordenden italienisch-französische Darstellungstradition. Die prototypischen Figuren reisen durch ein imaginativem Italien zwischen Neo-Realismus und Fellini-esker Fantasie, in dem ein improvisierter Vorhang und ein paar Kreidelinien jede Straßenecke in eine Bühne verwandeln kann. Diese naive Nostalgie für eine von der divenhaften Großmutter (Giovanna Ralli, Immaturi) modisch und erzählerisch beschworenen Vergangenheit dämpft die Gegenwart.
Das augenscheinlich nach Marcel Marceau (Silent Movie) benannte Titeltier, mit dem die Tochter um die mütterliche Zuneigung konkurriert, verkörpert eine im Verschwinden begriffene künstlerische Tradition, die einer sich deren Bedeutung nur begrenzt bewussten jüngeren Generation im Wege steht. Diese pessimistische Allegorie indes füllt kaum die Hälfte der Handlung, die schwache Vorführungen von Pantomimen und Ausdruckstheater auf Spielfilmlänge ziehen. Das provozierte Gefühl der Redundanz läuft paradoxerweise entgegen der narrativen Intention jenes melancholischen Märchens zwischen Vintage-Wehmut und Trivial-Theater.
Fazit
Dass die Kunst eines Mimen wie Marceau sich in einem Hund gleichen Namens inkarniert, ist symptomatisch für die absurde Anmaßung Jasmine Trincas sentimentalen Regiedebüts. Dessen humorvolle Huldigung an einen Kanon kolossaler Kunstformen und -ikonen von Commedia dell’Arte, Schaustellerei, Stummfilm, italienischer Neo-Realismus bis hin zu Zirkus und Zaubershow steht in betretenem Kontrast zu den bescheidenen Erfolgen des ziellosen Zusammenspiels von Parabel, Kinderfilm und Künstlerdrama. Kostüme, Kulissen und Cast sind weit evokativer als die strapazierte Story.
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