Inhalt
Drei Jahre sind vergangen, seit Mike sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Stripper verabschiedet hat: In "Magic Mike XXL" sind inzwischen auch die übrigen Kings of Tampa bereit, das Handtuch zu werfen. Aber sie machen das auf ihre Art - es soll ein unheimlich starker Abgang mit einer letzten überwältigenden Performance in Myrtle Beach werden, wobei ihr legendärer Star Magic Mike mit ihnen auftreten soll.Auf der Reise zur letzten Show machen sie Halt in Jacksonville und Savannah, um alte Bekanntschaften aufzuwärmen und neue Freunde zu finden. Dabei studieren Mike und die Jungs neue Choreografien ein, und sie überwinden ihre Vergangenheit auf überraschende Weise.
Kritik
Glaubt man der Statistik, dann waren 96% aller Besucher, die „Magic Mike XXL“ während der amerikanischen Startwoche gesehen haben weiblich (mehr dazu hier). Verwundern tut das natürlich nicht. Bereits der Vorgänger, „Magic Mike“, protzte mit dem Körper seines Titelhelden sowie denen seiner Entourage. Beim Sequel ist das natürlich nicht anders und doch gibt es ein entscheidendes Element, welches Teil eins seinem Nachfolger voraushat: seine Handlung. Ja, das ist ernst gemeint. Denn „Magic Mike“ besaß hinter seiner Fassade aus strammen Bizeps, aufgepumpten Hosenbeulen und harten Sixpacks eben auch die Geschichte eines Strippers, der sein Leben neu ordnen wollte. Gewiss war das keine Story der es gelang tiefe Wurzeln aus ihrer Verankerungen zu reißen. Mehr war die Geschichte fast schon etwas universell. So oder so, sie funktionierte, ließ genügend Freiraum für Witz und natürlich die ein oder andere Striptease-Szene.
Bei „Magic Mike XXL“ gibt es natürlich auch wieder eine Story, doch diese erweist sich mehr als eine Art Reiseführer, die Hauptdarsteller Channing Tatum und seine Stripper-Kollegen von einem hüllenfallenden Auftritt zum nächsten navigiert. Eine charakterliche Entwicklung kommt dabei nicht mehr zu Stande. Das Sequel wirkt daher fast schon wie reinrassiger Fan-Service. Wer also den Vorgänger mochte, mit dessen durchaus existierenden ernsten Untertönen und Szenen aber nicht viel anfangen konnte, wird nun bei „Magic Mike XXL“ besten bedient. Hier steht klar der Spaß im Vordergrund. Wenn Mikes Kollege und er in einem alten Food Truck auf einen Road Trip gehen, um bei einer großen Stripper Convention noch ein letztes Mal zeigen zu können dass sie zu den Besten gehören, ist kein Platz für langfristige Dramaturgie.
Es gibt natürlich den ein oder anderen Versuch, die persönlichen Verhältnisse der einzelnen Figuren zu beleuchten. Mehr als loses Flickwerk kommt dabei aber meist nicht zu Stande. Ist das schlimm? Nun, zumindest lässt „Magic Mike XXL“ somit einige Chance verstreichen die männlichen Stripper zu echten Individuen auszubauen. So bleiben sie doch immer etwas zu sehr gefangen in ihren doch recht schematischen Rollenmustern. Allerdings stört diese ungenutzte Chance nur marginal, denn dafür erweist sich das Sequel als durchaus witziger und stellenweise vitaler als der Vorgänger.
So gibt es z.B. die wohl lustigste Profi-Stripszenen der Filmgeschichte zu bestaunen und die Chemie zwischen den Strippern Tarzan (WWE-Wrestler Kevin Nash), Tito (Adam Rodriguez, „CSI: Miami“), Big Dick Richie (Joe Manganiello, „Sabotage“), Esoteriker Ken (Matt Bomer, „White Collar“) und natürlich dem Titelhelden wirkt noch um einiges stimmiger und glaubhafter als im ersten Teil. Das erzeugt eine Kurzweiligkeit, die aber hin und wieder ins Stocken gerät – meist dann wenn der Film es dann doch kurz mit einer etwas anspruchsvolleren Dramaturgie versucht.
Was sicherlich hätte auch Spaß machen können ist der Regiewechsel. Denn „Magic Mike“ gehörte neben „Side Effects“, „The Girlfriend Experience“, „Contagion“ und „Haywire“ zum Abschiedswerk von Steven Soderbergh, der als Regisseur dem Kino den Rücken zukehrte, um sich voll und ganz anderen Projekten (wie etwa der TV-Serie „The Knick“) zu widmen. So sprang Produzent Gregory Jacobs ein und saß beim Sequel auf dem Regiestuhl. Von diesem Wechsel ist leider aber nichts zu spüren. „Magic Mike XXL“ sieht aus wie ein Soderbergh-Film, fühlt sich an wie ein Soderbergh-Film, ist ein Soderbergh-Film. Denn der Oscar-Preisträger war hier unter seinen bekannten Pseudonymen als Director of Photography sowie als Chef-Cutter tätig, von daher ist die Möglichkeit groß, dass Regisseur Jacobs letztlich nicht mehr als ein Platzhalter für den Abspann war.
Den Fans des magischen Mikes wird das sicherlich egal sein, denn die bekommen das, was der Titel verspricht. Die Fortsetzung hat sich nämlich ganz der klassischen Sequel-Mechanik verschrieben. Soll heißen: alles ist etwas größer und aufwendiger. Bei den Striptease-Einlagen ist das deutlich zu sehen. Vor allem das Finale bietet tänzerisch hochklassige Arbeit. Doch bereits bevor es zum großen Auszieh-Showdown kommt, beweist vor allem Channing Tatum, warum er als gelernter Tänzer seine Kinokarriere mit „Step Up“ und „Step Up 2 the Streets“ begonnen hat. Bei „Magic Mike XXL“ werden also nicht bloß Fans von gut gebauten Männerkörpern glücklich, die sie zur Musik entblättern, sondern auch Fans von aufwendig choreographierten Tanzszenen.
Quasi als Kontrapart dazu frönt „Magic Mike XXL“, genau wie sein Vorgänger, wieder einer sehr dialoglastigen Erzählweise. Die alte Narration-Regel show don’t tell wird hier gerne mal mit Füßen getreten, was mit dazu führt, dass die Geschwätzigkeit des Films, wie die bereits erwähnte Dramaturgie, dazu führt, dass der Flow des Films hin und wieder ins Stolpern gerät. Dass viel geredet wird ist dabei nicht schlimm. Ein guter Dialog kann und sollte auch neben einer professionell ausgeführten Tanzszenen bestehe können, doch leider bestehen die manchmal doch recht aufgeblähten Worthülsen, die zwischen den Figuren hin und her sausen, aus heißer Luft. Aber wirklich verwundern tut das nicht. Charaktere die auf Stillstand gepolt sind, haben halt meist nicht sonderlich viel Interessantes zu erzählen und wenn doch, sind es letzten Endes dann doch nicht mehr als Marginalien.
Das klingt jetzt recht hart, allerdings erfüllt „Magic Mike XXL“ im Grunde seinen Zweck. Die Fortsetzung wirkt im Gegensatz zum Vorgänger zwar schon etwas prüder, vor allem wenn es um Nacktheit und Drogenmissbrauch geht (diesmal gibt es weder Szenen mit Dealern noch den Einsatz einer Penispumpe zu bestaunen), dennoch macht sie in groben Zügen Spaß und diese Wertung ist weder an ein Geschlecht, noch an eine sexuelle Ausrichtung gekoppelt. Wenn die Stripper-Freunde einen Road Trip machen und auf dem Weg zu ihrem Ziel immer wieder beweisen, worin sie gut sind und das ganze mit einer guten Prise Witz, Charme und Schwung verbunden ist, verzeiht man „Magic Mike XXL“ seine Mängel gerne, auch wenn seine Meriten nicht alles wieder ausbügeln können. Ach ja und irgendwie schade, dass sich das Sequel einzig und alleine auf Trockenübungen begrenzt.
Fazit
Die Rückkehr des magischen Mikes ist so tanz- wie dialoglastiges geraten, aber wirklich viel zu erzählen, geschweige denn zu sagen, hat das Sequel nicht. Mehr als beeindruckende Striptease-Szenen (eine davon gehört wohl zu den amüsantesten der Filmgeschichte) mit schwächelndem Dramaturgie-Puffer in den Zwischenräumen, bietet der Film von Regisseur und Soderbergh-Klon Gregory Jacobs nicht. Aber hey, die Tanzszenen sind toll choreographiert, die Chemie in der Stripper-Gruppe stimmt und für seine fast zwei Stunden Laufzeit fühlt sich „Magic Mike XXL“ dann doch recht kurzweilig an.
Autor: Sebastian Groß