Der stoische Victor gerät in Streit mit dem jugendlichen Gangmitglied The Selfie. Kurz darauf werden Victors Hunde ermordet. Er sinnt auf Rache und macht sich bewaffnet auf die Suche nach dem spurlos verschwundenen Rivalen. Doch die Reise gestaltet sich schwierig, befinden sie sich doch in Sinaloa, jenem Landstrich an Mexikos Pazifikküste, den ein skrupelloses Verbrecherkartell in blutiges Terrain verwandelt hat. Hier stehen Gewalt und Tod auf der Tagesordnung. Victors Weg ist gesäumt von exzentrischen Charakteren, von denen jeder einen neuen Hinweis auf den Aufenthaltsort von The Selfie preisgibt – bis die beiden in einem überraschenden Finale fulminant aufeinandertreffen. Die Regisseure Raúl Rico und Eduardo Giralt Brun erzählen mit Los débiles eine zeitgenössische Variante von Schuld und Sühne. Virtuos gelingt ihnen das scheinbar Unmögliche: einen Rachefilm zu entwerfen, in dem Vergeltung schließlich in den Hintergrund tritt. Mit besonnener Kamera und erstaunlich skurrilem Humor schaffen sie ein atmosphärisch außerordentlich dichtes Roadmovie, an beeindruckenden Schauplätzen und in einer faszinierenden Landschaft, die beides ist: Hölle und Paradies.
Kritik
Der stoische Protagonist des filmischen Katalogs der Gewalt und Verwahrlosung, den Raúl Rico und Eduardo Giralt Brun in ihrem lakonischen Langfilmdebüt durchblättern, ist kein Mann vieler Worte. Die übrigen Protagonisten, deren Weg er auf der Suche nach dem mutmaßlichen Mörder seiner Hunde kreuzt, sind nicht viel anders. Entweder bekommen sie kein Wort heraus, oder sie monologisieren mehr, als dass sie kommunizieren. Kommunikation oder genauer, der Mangel an Kommunikation ist eine der fatalen Schwächen, die den früh verhärmten Gestalten das Leben zur Hölle macht. Markiges Gebaren, Provokationen und Aggression scheinen die einzige Sprache, die in dem von Bandenkriminalität versehrten Sinaloa an Mexikos Pazifikküste verstanden wird. Über dem verarmten Landstrich liegt ein bleischweres Klima der Brutalität, die jeden Moment in blutige Exzesse ausbrechen kann.
Wen kümmerten bei all den Kidnappings zwei Hunde, fragt ein Schrottplatz-Betreiber den jungen Victor (José Luis Lizárraga), der nach einer Auseinandersetzung hinter einem Jungen genannt The Selfie (Joshua Estrada) her ist. The Selfie ist 13 - das Alter, mit dem mexikanische Kinder schlecht werden würden, wie ein Kneipenkunde genannt El Gringo (Sean Hennessey) Victor in einer Tirade verkündet. Victor hört sich teilnahmslos an, was er und die anderen Randfiguren ihm mit auf den Weg geben. Manchmal sind es wirre Reden oder Beleidigungen, manchmal nur ein starrer Blick. Ob die Menschen ihn anblicken oder durch ihn hindurch, scheint gleichgültig. Die stumme Botschaft ist die Gleiche: Ein Leben ist nichts wert in diesem Land des Todes, wo Victors Trauer um seine Hunde fast sentimental wirkt.
Tatsächlich etabliert das Regie- und Autorengespann den in sich gekehrten Arbeiter als letzten Menschen in einer verrohten Welt. Tiere wecken sein Mitleid, auf der kleinen Insel, zu der ihn ein Fischer (Javier Diaz Dalannais) übersetzt, findet er in der Natur einen raren Moment der Ruhe. Sie unterscheidet ihn von den Übrigen, deren durch Waffen, dröhnende Musik und Provokationen untermauerte Stärke eine kümmerliche Hülle ist. Der minimale Spannungsbogen des bizarren Road Movies, das einen Blick für Gesichter und Szenerie erahnen lässt, fixiert sich vollkommen auf Victors inneren Kampf mit seinem Vergeltungsdrang. Doch auf seiner rasch in Wiederholungen stagnierenden Suche zerfällt das inszenatorische Gerüst. Die Reise der Hauptfigur und das abrupt abreißende Werk erscheinen wie der Prolog eines existenzialistischen Dramas, das nie erzählt wird.
Fazit
Die Rache-Story nutzen Raúl Rico und Eduardo Giralt Brun lediglich als Aushängeschild einer geführten Tour durch ein Kuriositätenkabinett voll verwüsteter Gestalten und zerstörter Unschuld. Das einzig starke Element während dieser nur mühsam vom roten Faden der Rache verbundenen Stationen ist der triste Naturalismus. Doch ihr visuelles Gespür und die markanten Schauplätze in eine emotional resonierende Geschichte einzubinden, vermögen die Regisseure nicht.
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