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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Es ist ein folgenschwerer Spaziergang für den Apotheker Grégoire Duval: Als er eine am Wasser badende, schöne junge Frau entdeckt, packt ihn die Lust und er will sie küssen. Es kommt zu einem Handgemenge, in dessen Folge er sie tötet. Er flüchtet vom Tatort und verhält sich so, als ob nichts gewesen wäre. Der Verdacht fällt auf den Freund der Ermordeten. Als es zum Prozess kommt, wird Duval als Geschworener berufen. Er versucht daraufhin, die Unschuld des Angeklagten auf eigene Faust zu beweisen, ohne sich selbst zu stellen…

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Georges Lautner (Der Profi) beginnt seinen Film mit einer - selbst für heutige Verhältnisse – ungewöhnlichen und durchaus riskanten Vorgehensweise: Protagonist Grégoire (Bernard Blier, Das schwarze Monokel) begeht einen Mord. Juristisch gesehen handelt es sich zwar um Totschlag im Affekt, aufgrund der triebhaften Natur des Geschehens wird die Hauptfigur aber schon nach wenigen Minuten als maximal abstoßend dargestellt. Kann und will man so eine emotionale Bindung zu einer Figur aufbauen, aus deren Sicht man die folgenden 107 Minuten erleben wird? Mit ihr mitfiebern, ob und wie ihre Schuld jemals aufgedeckt und gesühnt wird oder gar Mitleid mit ihr empfinden? Der siebte Geschworene (nach dem gleichnamigen Roman von Francis Didelot) wählt sehr bewusst diesen kontroversen Weg, ohne dabei heuchlerisches Mitgefühl für einen Mann zu implizieren, über dessen besondere Schwere der Schuld keinerlei Zweifel bestehen.

Es werden auch keine schuldmindernden Relativierungen zu Tage gefördert, auch wenn das Publikum durchaus begreift, was dieses wohlangesehene Mitglied der Gesellschaft zu dieser abscheulichen Tat aus dem vermeidlichen Nichts getrieben hat. Erklärung wird hier (Gott sei Dank) nicht gleichgesetzt mit Rechtfertigung oder Legimitation, selbst das sich daraus entwickelnde charakterliches Dilemma des Protagonisten steht nicht ausdrücklich im Vordergrund. Vielmehr entpuppt sich das vielschichtige Justizdrama als Sezierung und Bloßstellung kleinbürgerlicher und spießiger Moralvorstellungen, die mehr Wert auf den äußeren Anschein und das Wahren des Satus quo legen, als auf Gerechtigkeit und die tatsächliche Wahrheitsfindung, wenn diese das eigene Selbstbild auch nur geringfügig deformieren könnte. Zunächst versucht auch der in seiner Gemeinde geachtete und angesehen Apotheker Grégoire (von Bernard Blier in all seiner Ambivalenz und dem persönlichen Zwiespalt vortrefflich verkörpert) seine Tat in anfänglich dominierenden, inneren Monologen zu rechtfertigen. Sucht dabei zunächst die Schuld beim Opfer – einer stadtbekannten Dirne –, die es ja mehr oder weniger „nicht besser verdient“ bzw. es mit ihrer offen dargestellten Art und Weise „provoziert“ hätte. Später dann zerfließend in Selbstmitleid, da er ja zu früh geheiratet und seit nun mehr 18 Jahren gefangen wäre in einer einem Gefängnis gleichenden Ehe, die jedwede Form von Abenteuer und Leidenschaft vermissen ließe.

Erst mit der Berufung zum Geschworenen im folgenden Mordprozess – der nicht ihn, sondern Sylvain (Jacques Riberolles, Das Mädchen von Rochefort), den Geliebten des Opfers der Tat bezichtigt -, stellen sich echte Gewissensbisse ein. Die Tötung des Mädchens konnte er sich zumindest ansatzweise schönreden, nicht jedoch, dass ein Unschuldiger für sein Verbrechen hingerichtet werden soll. Während seine Gattin Geneviève (Danièle Delorme, Die Elenden) in dem Geschworenendienst eine Chance für einen gesellschaftlichen Aufstieg sieht, ist es für Grégorie die Möglichkeit für etwas Schadensregulierung und persönliche Buße. Von der Geschworenenbank aus übernimmt er insgeheim und inoffiziell die wahre Verteidigung von Sylvain, der Aufgrund seines lockeren Lebenswandels praktisch schon verurteilt scheint. Ob tatsächlich des Mordes scheint nur eine unwichtige Detailfrage; ein notwendiges Übel. Der gesamte Prozess scheint für die Gemeinde dabei mehr Segen als Fluch zu sein. Für alle Beteiligten eine Chance, sich zu profilieren und ihre überlegene Tugendhaftigkeit wie vorbildliche Moral scheinheilig zur Schau zu tragen.

Der beißend-zynische Blick hinter die moralinsaure, verlogene Fassade des Spießbürgertums im Korsett eines Kriminalfalls erinnert frappierend an die Werke von Claude Chabrol (Das Biest muss sterben). Auf dem eigentlichen Thriller-Plot liegt dabei nur vordergründig das Hauptaugenmerk. Mit zunehmender Laufzeit entpuppt es sich als bittere Gesellschafts- und Charakterstudie, die dabei sehr bewusst in Kauf nimmt, keinerlei Identifikationsfiguren anzubieten oder gar eine erlösende Katharsis – zumindest keine mit Happy End. Doch das wäre auch unpassend für einen Film dieser Art, der in seiner entlarvenden Struktur den Finger tief in die Wunde einer moralisch ach so wohlschaffenden, in Wahrheit aber vollkommen verrohten Gesellschaft bohrt, der der eigene Schein weitaus wichtiger ist als Gerechtigkeit.

„Einer von euch darf kein Mörder sein. Damit verurteilt ihr euch selbst.“

Fazit

Zugleich spannender Justiz-Thriller als auch abgründige Gesellschafts-Studie, die für eine Farce leider viel zu sehr eine glaubwürdige Realität widerspiegelt und über die Jahrzehnte kaum etwas von ihrer Aktualität verloren hat. Gesellschaftliche Normen mögen sich gelockert haben, das im Kern geschilderte Problem von bigotter Heuchelei und Doppelmoral innerhalb einer nach Außen makellos auftretenden Gemeinschaft ist dabei nach wie vor das Gleiche.

Kritik: Jacko Kunze

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