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Inhalt

Im 18.Jahrhundert wird in Paris Jean-Baptiste Grenouille mit einer sensorischen Anomalie geboren: er hat keinen Eigengeruch wie jeder andere Mensch, weswegen er von seiner Umwelt abgelehnt, ja praktisch gehaßt wird. Allerdings hat er im Umkehrschluß auch ein besonderes Talent: er besitzt einen Geruchssinn, den sonst niemand auf dem Planeten vorweisen kann. Schließlich geht er bei dem berühmten Parfümeur Guiseppe Baldini in die Lehre, der sich von Grenouilles Fähigkeit, jede Zutat eines Parfüms durch Riechen zu erkennen und sie blind zu mischen und zu verfeinern, großen Erfolg verspricht. Daß Grenouille bereits einen Mord begangen hat, ahnt niemand, doch der Lehrling hat große Ziele: er will den wunderbarsten Duft der Welt herstellen und findet dafür auch die passende Blume, Laure, die Tochter eines reichen Mannes. Plötzlich kommt es in seiner Umgebung zu einer Reihe von Todesfällen unter jungen, hübschen Mädchen...

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Patrick Süskind ist ein Phänomen auf zwei Beinen: Sein Leben hat der Deutsche voll und ganz dem Schreiben gewidmet, hat es in seiner Karriere, neben einigen Novellen und Drehbuchvorlagen, aber nur auf einen einzigen Roman gebracht: „Das Parfum“. Jedem ist dieser Titel wohl geläufig, jeder hat eine ungefähre Ahnung davon, welch (welt-)literarische Bedeutung dieses Werk genießt. Längst im allgemeinen Kanon der Meisterwerke des Schrifttums eingegangen, gehört das „Das Parfum“zweifelsohne für jede Leseratte zum guten Ton und das mit geistreichen Bonmots und memorablen Satzgefügen durchzogene Buch wird problemlos aus dem Stegreif rezitiert. Dem scheuen Süskind, der sich immer gekonnt aus der Öffentlichkeit zurückhielt, aber war der Trubel nie viel wert, die unzähligen Honorierungen, die durchbrochene Marke von 20 Millionen verkauften Exemplare, all dieser Rabatz erschien dem in Ambach am Starnberger See geborenen Schriftsteller zuwider. Dass der Mann sich daher auch wenig beglückt gegenüber der Idee zeigte, seinen Jahrhundertroman auf die Leinwand projizieren zu lassen, erklärt sich wohl von selbst.

Constantin-Film hatte letztlich aber die mit 10 Millionen Euro Rechte- und Entwicklungskosten die ausschlaggebenden Argumente und schritt zur Tat, einen bekanntlich als unverfilmbar geltenden Roman für das Kino zu adaptieren. Jeder, der „Das Parfum“ gelesen hat, wird verstehen, warum es eigentlich eine Unmöglichkeit ist, dem Roman filmisch gerecht zu werden, stehen die Medien in ihrer Wirkung doch schon von vornherein in Konflikt: Ein Buch ist eine diffizile Angelegenheit, etwas, dessen Schönheit schlussendlich durch die Gedankenwelt seiner Leser keimt und sich Seite für Seiten entfalten darf. Süskinds Eloquenz hat eine Dimension geöffnet, die so greifbar, so konkret und doch so ungebunden erschien, um ein Gefühl zu vermitteln, als wäre man der erste Mensch, der sich in diesen stimulierenden Sphären verlieren darf. Ein Film, eine audiovisuelle Form der Kunst, verweigert das eigene Erschaffen, er setzt dem Zuschauer die Visualisierung des Regisseurs vor, mit der er sich dann anzufreunden hat oder eben nicht. Soviel sei an dieser Stelle gesagt: Die Kassen klingelten und das Budget von ansehlich en 60 Millionen Dollar wurde beinahe um ein Vierfaches potenziert.

Natürlich fällt es ungemein schwer, „Das Parfum“ als Filmversion zu akzeptieren, von seiner übermächtigen Vorlage zu trennen und nicht alle fünf Minuten mit einem laut starken „Sakrileg!“ auf den Lippen aus dem Sitz zu springen. Als Buchverfilmung nämlich ist „Das Parfum“ nahezu untauglich, weil er die Schwerpunkte rapide verschiebt und die Tonalität des Romans rücksichtslos der Massenkompatibilität unterordnet. Jean-Baptiste Grenouille wurde von Süskind als abstoßender „Zeck“ beschrieben, ein humpelnder, gebückter, dreckiger Mensch, der sich auf die Suche nach DEM Parfum, welches er aus der Unschuld junger Mädchen extrahierte, gemacht hat, um die Wirkung dieses ganz für seinen eigenen Vorteil auszunutzen. In Tom Tywkers „Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders“ ist Jean-Baptiste Grenouille kein hässliches Insekt, sondern hat mit Ben Whishaw einen durchaus ansehnlichen Schauspieler geschenkt bekommen, der nichts Diabolisches in seinem Auftreten zu verbuchen hat und in seinem beschmutzen Antlitz fortwährend wie absichtlich respektive aufgesetzt verdreckt. Und doch ist seine Besetzung immer noch begrüßenswerter als es die des geplanten Leonardo DiCaprios („Der große Gatsby“) es gewesen wäre.

Logisch, aufgrund der angesprochenen Massenkompatibilität, ist es da auch, dass „Das Parfum“ nicht mehr so abtrünnig, gnadenlos und widerwärtig erscheint, sondern Grenouille immer wieder zur Sympathiefigur erklärt und durch den Fokus auf seine traurigen Augen der Zuschauer oftmals zum Mitleid animieren möchte. Grenouille handelt nicht mehr aus Niedertracht, aus dem Verlangen heraus, von den Menschen vergöttert zu werden, sondern auf den Wunsch hin, in seiner Hilflosigkeit geliebt zu werden, was mehr oder weniger konträr zur Intention Süskinds steht. Lassen wir diese Ungereimtheiten außer Acht, auch wenn es verdammt schwer erscheint, bekommen wir mit „Das Parfum“ einen – und das ist in der Kontradiktion mit dem Roman wirklich wahnsinnig – schönen, einen ungemein ästhetischen Film. Tiefe Farben eskortieren den Zuschauer durch ein historisches Frankreich, der Flieder blüht und wird in breiten Fotografien zum Gemälde. Die Landschaften sind im Allgemeinen von pittoresker Größe, die Kamera selbst ist famos geführt, gleitet durch enge Gassen und über riesige Felder, dreht sich um die eigene Achse, um dem olfaktorischen Genie Grenouilles Ausdruck zu verleihen und verharrt in sinnlicher Statik, hat der mörderische Parfümeur ein Objekt der Begierde erschnüffelt.

„Das Parfum“ ist ein audiovisueller Film, der die mondäne Abendgarderobe, die grauen Perücken, die stolzen Dekolletees, umklammert, mit farblichen Kontrasten akzentuiert, wie er die Leichen der Frauen gar anmutig aufreiht und ihre toten Körper feinsinnig zelebriert. Auch hier ist Leben und Tod das Leitmotiv, doch die Weichen sind verschoben, wie die Informationen über die Kopfnote, die Herznote, die Basisnote, die Akkorde und die Harmonie über Mischverhältnisse einzig als Randnotizen durch das tragische Szenario mäandern. Was man „Das Parfum“ jedoch positiv anrechnen muss, ist die Tatsache, dass der Film in seinen 150 Minuten Laufzeit zu keiner Minute langweilig erscheint und ohne Durchhänger von Anfang bis Ende, dem von Kotze, Jauche, Innereien und Fäkalien besudelten Fischmarkt nahe des Cimetière des Innocents, auskommt. Es fehlt natürlich der zynische Grundton, die vielfältige Möglichkeit der Interpretation, das Bacchanal ist eine Meer aus nackten Leibern, bildgewaltig, untermalt von sakralem Gesang, aber nicht von dieser nachhaltigen Konkretheit formuliert, genau wie der abschließende Satz: „Zum ersten Mal hatten sie etwas aus Liebe getan“. Ein angenehmer Film, der im Schatten seiner Vorlage verkümmert, weil er es muss.

Fazit

Auch „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“ eilt das typische Problem einer Romanverfilmung: Er verkürzt und verwässert den kontroversen Stoff kontinuierlich und distanziert sich zusehends von der Essenz des Jahrhundertwerkes von Patrick Süskind. Zurückzuführen ist dieser Umstand nicht zuletzt auf die anvisierte Massenkompatibilität der Großproduktion, was den Möglichkeiten natürlich die Hände fesselte. Nichtsdestotrotz ist „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders ordentliches Kino, audiovisuell herausragend, größtenteils solide gecastet und durchweg unterhaltsam – nur inhaltlich, da rumpelt es, gerade Kenner und Liebhaber der Vorlage wollen sauer aufstoßen. Ein Film, der im Schatten seiner Vorlage voller Anmut verkümmert.

Kritik: Pascal Reis

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