Regisseur Tom Hooper hat sich in nur kürzester Zeit zu einer wahren Größe des englischen Kinos manifestiert. Nach unzähligen TV-Beiträgen schuf er 2009 mit dem Sport-Drama und Kino-Debüt The Damned United bereits ein Werk, welches sich durch eine hervorragende Inszenierung sowie einem gelungenen Schauspiel auszeichnete. Nun legt Hooper mit dem Historienfilm The King’s Speech noch einen drauf und erschafft so einen Film, der voller gelungener Bilder und Botschaften steckt. Die Geschichte um den stotternden König George VI von England, der sich seiner größten Herausforderung stellt, ist ein beeindruckendes wie großartiges Stück Kino, was besonders durch die brillanten Darbietung von Colin Firth zu einem wahren Meisterwerk geworden ist. The King’s Speech offenbart sich schon zum Anfang als detailgetreuen Historienfilm, der vor allem durch seine herausragende wie ungewöhnliche Optik besticht. In einer stets leicht düsteren und grauen Atmosphäre präsentiert Regisseur Tom Hooper Prinz Albert vor einer Ansprache in einem Stadion. Nervös, beklemmend aber ruhig scheint die Szenerie.
Eine Rede nicht nur zu den Anwesenden, sondern zur Nation, ja gar zum ganzen Commonwealth. Als Albert jedoch an das riesige blanke Mikrofon tritt, bekommt er vor lauter Stottern kein einziges Wort heraus. Alle Augen sind auf ihn gerichtet, bis sich die ersten beschämt wegdrehen. Was bleibt sind Schmach und Demütigung. So macht Hooper schon recht früh klar, mit welcher Eindringlichkeit und authentischen Ader er die Geschichte von George VI erzählen möchte. Dies gepaart mit dem wahrlich herausragenden Schauspiel von Colin Firth ergibt ein Drama der ganz besonderen Art. Der Zuschauer wird regelrecht hypnotisiert von dieser wahrhaft fesselnden Inszenierung. Dennoch macht Hooper nicht den Fehler, dass Ganze hierbei als trockene Geschichtslektion zu präsentieren, auch wenn Dinge wie Hitler, Stalin, der Tod von Alberts Vater oder das Abdanken von seinem Bruder und das Einsetzen Churchills als Premierminister in den Ansätzen erwähnt werden. Im Kern steht dennoch stets die ungewöhnliche Freundschaft zweier Männer, die einen langen und beschwerlichen Weg gehen müssen.
Hierbei mit leichtem Humor, aber auch ernsten Noten – eben ein Kammerspiel der königlichen Art. Früher musste ein König eigentlich nur respektabel in seiner Uniform aussehen und durfte nicht vom Pferd fallen, heute müssen wir in die Wohnzimmer der Menschen eindringen und uns bei ihnen einschmeicheln. Dieses Zitat von König George V bringt es relativ gut auf den Punkt. Waren Prinzen und Könige früher meist nur von weiten zu sehen, sind sie heute Stars der Boulevard-Presse, die auf Tritt und Schritt beobachtet werden. Mit der Einführung von Fernsehen und Radio rückte das blaue Blut in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Ein stotternder König hätte England, gerade zu Zeiten des 2. Weltkrieges, viel vom Kampfeswillen nehmen können. Genau hier setzt Tom Hooper mit seiner Geschichte an und erzählt die Hintergründe von Bertie und Lionel. Während Bertie im Laufe der Jahre vom Prinzen zum König wurde, wuchs auch die Zahl seiner öffentlichen Auftritte. In all dieser Zeit besuchte er regelmäßig die Therapiestunden von Lionel Logue, um sein Stottern in den Griff zu bekommen, und dies mit äußerst ungewöhnlichen Methoden.
Von körperlicher Ertüchtigung, Singen, Schreien sowie das Herausbrüllen von Beleidigungen zeigt Hooper es so, wie es zum Großteil auch gewesen ist. Basierend auf den echten Unterlagen von Logue erschafft Hooper ein wundervolles Theaterstück, das auch auf der großen Leinwand funktioniert. Besonders die geistreichen Dialoge, tiefen Gespräche und Vertrautheiten beider stellen hier die Highlights dar. Stets etwas ironisch und mit reichlich trockenem Humor untermalt, geben sie viel von der Psyche der Protagonisten preis. Drehbuchautor David Seidler wurde zu Recht mit einer Oscar-Nominierung ausgezeichnet und dürfte wohl auch die größten Chancen auf die goldene Statue besitzen. Neben all diesen stimmigen Elementen schafft es The King’s Speech fast beiläufig immer, auch den richtigen Ton zu treffen. Der Score von Alexandre Desplat ist eine äußert gelungene und hervorragende Bereicherung, die sich durch langsame wie ruhige Klavierstücke auszeichnet und so die Handlung immer passend zum Geschehen untermalt.
Dass dieses hierbei immer imposant und lockerleicht wie möglich gezeigt wird, ist zum Großteil der exzellenten Kameraarbeit von Danny Cohen geschuldet. Ihm gelingt es spielend, sehr ungewöhnliche Kamerawinkel mit dem grandiosen Schauspiel in Einklang zu bringen. Das The King’s Speech über die kompletten 118 Minuten so wunderbar funktioniert, liegt neben der abwechslungsreichen Inszenierung zum Großteil an seinen beiden männlichen Hauptdarstellern. So spielt Colin Firth den stets etwas nervösen, stocksteifen Adligen mit solch einer Hingabe, dass wohl kaum niemand diese Rolle hätte authentischer spielen können. Neben der perfekten Imitation des Stotterns sind auch die gelegentlich aufbrausenden Momente, wie auch die bitterlich traurigen ein geniales Schauspiel eines wahren Meisters. Ihm zur Seite steht dabei Oscar-Preisträger Geoffrey Rush (Shine – Der Weg ins Licht), der den etwas wahnsinnigen aber ebenso genialen Lionel Logue perfekt in Szene setzt. Immer einen flotten Spruch auf Lager mit einer leicht eloquenten Art, bildet er so den perfekten Gegenpart zum adligen Albert. Hinzu kommt der äußerst passende australische Dialekt, weshalb man Hoopers Film unbedingt im Original sehen sollte, wenn man die Chance dazu hat. Helena Bonham Carter als Queen Elizabeth hat es indes schwer sich gegen zwei solch fabelhaften Leistungen zur Wehr zu setzen. Sie spielt ihre Rolle wunderbar, doch bleibt sie stets ein wenig hinter ihren männlichen Kollegen zurück.