Wer sich gemütlich vor den Fernseher setzt, durch die Kanäle zappt und auf der Suche nach irgendetwas ist, was für einen persönlich von Wert sein könnte, dürfte bis auf seltene Ausnahmen enttäuscht werden. Unsere Fernsehlandschaft in Deutschland ist bis auf einige wenige Spartensender, die sich eher an ein überschaubares Publikum richten, mit grauenvollen Trash-Formaten, billigem (Fake-)Reality-TV, unzählig wiederholten Sitcom-Episoden, Kochsendungen oder gemütlich-naiven Heimat-Telenovelas zugepflastert. Es ist eine Entwicklung, die sich schon länger über Jahre hinweg vollzogen hat und von Regisseur Helmut Dietl (Schtonk!) in seinem Film Late Show bereits im Jahr 1999 aufgegriffen wurde.
Conny Scheffer, Programmdirektor des Fernsehsenders "Tele C", steckt zu Beginn in einer Krise, denn seine Formate befinden sich in einem quotentechnischen Rekordtief. Sicherlich hat das auch mit der Qualität zu tun, was Conny selbst entsetzt festellt, als er sich die neue Folge der "Mick Meyer Show", eine seiner Sendungen, ansieht. Auf der Couch sitzt da als Gast tatsächlich ein Mann mit Down-Syndrom, der vom Moderator zum sexuellen Verhältnis mit einer Ziege befragt wird. Conny braucht dringend ein rettendes Format, das er sich mit der Unterstützung des Radio-Moderators Hannes Engel verspricht, dessen Stimme ihn sofort fasziniert.
Neben einer Satire auf die immer grotesker werdenden Inhalte des Fernsehens ist Dietls Late Show vor allem ein entwaffnender Blick hinter die Kulissen dieser Industrie und auf die schmutzigen Mechanismen, die hier wie kleine Zahnrädchen ineinander greifen und eine gefährliche Lawine in Gang setzen. Dem Regisseur gelingen einige unterhaltsam-bissige Pointen, die er in erster Linie mithilfe von Harald Schmidt (Zettl) zündet. Der Entertainer war mit seiner "Harald Schmidt Show" zum Zeitpunkt der Produktion bereits ein mehr als bekanntes Gesicht, das von vielen dafür geliebt wurde, Late-Night-Unterhaltung auf amerikanischem Niveau abzuliefern. In der Rolle des erfolgsbesessenen Programmdirektors lässt er für Dietl im wahrsten Sinne des Wortes alle Hüllen fallen und ist großartig als launischer Berserker, der mühelos zwischen charismatischem Geschäftsmann und ekelhaftem Scheusal schaltet.
Als problematisch erweist sich dagegen Thomas Gottschalk (Die Supernasen) als aufstrebender Fernsehmoderator. Obwohl dieser ebenfalls so gut wie jedem Deutschen bekannt sein dürfte, entpuppt sich Gottschalk als mäßiger Schauspieler, der trotz seiner vorherigen Zusammenarbeiten mit Mike Krüger (Zwei Nasen tanken Super) einen der Schwachpunkte von Late Show markiert, wenn er verschüchtert und unsicher durch seine Szenen tapst. Neben der satirischen Schlagkraft, die sich leider relativ schnell erschöpft sowie hin und wieder die Grenze zum puren Trash streift, steckt Dietls Werk zudem voller kitschiger Momente. Beim Handlungsstrang mit Veronica Ferres (Das Superweib), die als Freundin von Hannes besetzt wurde, wird gar nicht erst klar, ob dieser ernst gemeint ist oder absichtlich unfreiwillig komisch und überzogen angelegt wurde.
Wenn sich eine Assistentin des Programmdirektors nach einem verzweifelten Heulkrampf das Leben nimmt, weil sie angeblich nicht telefonieren kann, der Star einer Sendung völlig den Verstand verliert, nachdem er von seiner Ablösung erfahren hat oder ein Reporter der Klatschpresse unter seinen eigenen sensationsgierigen Schlagzeilen begraben wird, schüttelt Late Show einige bösartige wie amüsante Höhepunkte aus den schmutzigen Ärmeln. Nach gut einer Stunde ist das Konzept des Regisseurs aber sichtlich ausgeschöpft. Dietl fokussiert sich zu sehr auf belanglose Nebensächlichkeiten, findet keinen funktionierenden Rhythmus mehr und enttäuscht zuletzt mit einer Schlusseinstellung, die sich einfach falsch anfühlt. Das ist bedauerlich, denn dadurch erzielt der Film genau den Effekt, den er eigentlich aufs Korn nehmen möchte: Man würde am liebsten wegzappen.