15 Jahre hat Sandras Leben sich allein um ihren Sohn gedreht. Nun dreht er sich von ihr weg. Zeit, etwas Neues anzufangen.
Kritik
Der Schaum auf der Kernseife, mit der Sandra die Shirts ihres jugendlichen Sohnes wäscht; das eng anliegende Top, das ihr die Verkäuferin in der Modeboutique empfiehlt; der süße Nachgeschmack eines Bonbons, den ihr der Busfahrer geschenkt hat. Es sind die kleinen Gesten und flüchtigen Blicke, die verraten, was in der stillen Protagonistin Yennifer Uribe Alzates zurückgenommenen Langfilm-Debüts vorgeht. Mit ihrem präzisen Blick für Details lädt die kolumbianische Regisseurin auch das Publikum zu genauen Hinschauen ein.
Dieses aufmerksame Beobachten fordert Geduld, umso mehr, da die naturalistischen Bilder nie die Schaulust des Publikums zentrieren. Im Gegenteil zentriert die intime Inszenierung statt des Körpers der Sicherheitsbeamtin Anfang dreißig (Laura Zapata, Siempre Reinas), deren eigene Wahrnehmung und Wiederentdeckung ihrer Physis. Dabei ist ihre Rückbeanspruchung eines eigenen Lebens nach 15 Jahren Mutter- und Dienstpflicht auch eine mentale und soziale. Die vormals einsilbige Hauptfigur beginnt, Kontakte zu Kolleginnen zu pflegen und wagt einen Flirt mit dem Busfahrer.
Dieser Prozess ist auch ein emanzipatorischer, da Sandra zu jenen Personen gehört, die im Alltag doppelt unsichtbar sind. Als Ordnungskraft ist sie auf ihrer Runde durch die Mall für die Kundschaft nur wandelnde Auskunft, als Frau mit Kind wird ihr eine eigene Sexualität abgesprochen, ausgerechnet von ihrem Teenager-Sohn, der ihr Make-up mit chauvinistischen Sprüchen kommentiert. Doch die unwahrscheinliche Heldin dieser späten Selbstbehauptung lässt sich nicht beirren. Trotz Dämpfer ist der äußerlich dezente Wandel innerlich fundamental.
Fazit
In ihrem feministisch gefärbten Debüt, das im Berlinale Forum Premiere feiert, wird Yennifer Uribe Alzate zur unaufdringlichen Begleiterin einer Angestellten, die Schritt für Schritt den Weg zurück zu sich selbst findet. Laura Zapatas selbstsicheres Schauspiel ist zugleich eines mit der Kamera, deren Blick zwischen dokumentaristischer Sachlichkeit und subtile Sinnlichkeit wechselt. Obgleich das betont unaufgeregte Porträt mitunter zu sehr ins Triviale abdriftet, überzeugt es als aufrichtige Anerkennung der unscheinbaren Triumphe des Alltags, die oft übersehen werden.
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