Gesehen im Rahmen des Film Festival Cologne 2023
Wenn Imitate von Agnès Varda, Jim Jarmusch, Jean-Luc Godard, Steven Spielberg, Werner Herzog, David Lynch und Jackie Chan am Ende eine der spannendsten Filmgeschichten des letzten Jahres darbieten, hat man als Zuschauer längst sein Herz an die Dokumentation von David Redmon und Ashley Sabin verloren. Nicht nur, weil sie mit begrenzten Mitteln ein packendes Erlebnis geschaffen haben, sondern auch wegen der wahrhaft unglaublichen und zuweilen absurd anmutenden Geschichte, die sie hier aufdecken.
Da ist dieser Mr. Kim, ein koreanischer Einwanderer, der sich nach ein paar Reinigungen einen Traum erfüllt und sich ein Videothekenimperium in New York City aufgebaut hat und schließlich die größte Filmsammlung der Welt sein Eigen nennen kann. In seiner Sammlung stehen die schrägsten Schmuckstücke direkt neben französischen Kunstfilmen, Hollywood-Schmonzetten, Titeln aus den Bahnhofkinos und Pornografie. Viele davon sind Bootlegs, aus den verschiedenstem Ecken der Welt zusammengetragen. Das FBI und die Filmstudios waren darüber natürlich nicht begeistert, aber selbst Razzien konnten Mr. Kim nicht von seinem Vorhaben abbringen, die Sammlung immer weiter zu vergrößern und der Kundschaft zur Verfügung zu stellen.
Die Liebe von Mr. Kim zu Filmen war ansteckend, und seine Videotheken wurden von vielen geschätzt. Sogar die Coen-Brüder waren Stammkunden, wobei sie immer noch Schulden wegen nicht zurückgebrachter Filme haben. Auch der Komödienspezialist David Wain (Wet Hot American Summer) oder Arthouse-Regisseur Alex Ross Perry (Her Smell) waren bei Kim's Video anzutreffen und stehen in der Doku neben alten Mitarbeiter*innen vor der Kamera. Aber die Entdeckungsreise von David Redmon und Ashley Sabin bietet weit mehr als nur gängige Talking Heads. Denn als die Ära der Videotheken langsam auslief, suchte Mr. Kim nach einem neuen Zuhause für seine Filme. Und das fand er nicht in einem Museum oder bei einem anderen Cineasten, sondern in der sizilianischen Provinz, genauer gesagt in der Stadt Salemi.
Die wahnsinnige Odyssee beginnt, als die Dokumentarfilmer auf Spurensuche gehen. Die Einheimischen sprechen kein Englisch, und die Filmemacher kein Italienisch. Nur wenige wissen von einer Filmsammlung, die hier seit zehn Jahren existieren soll, und je mehr sie forschen, desto absurder wird die Geschichte. Plötzlich tauchen Themen wie die Mafia, laufende Ermittlungen und mysteriöse Machenschaften im Schatten auf, die jedoch weniger ernst, sondern eher humorvoll präsentiert werden. Einige Dinge wirken fast zu verrückt, um wahr zu sein, etwa wenn sich der örtliche Fahrer als angeblicher italienischer Filmkomponist entpuppt.
Man kommt nie wirklich davon los, dass hier etwas faul ist, aber das ist keineswegs ein Nachteil. Es macht die ganze Geschichte umso unterhaltsamer. Besonders im letzten Abschnitt, wenn es fast wie bei einem Heist-Film zugeht, wird es schwer zu glauben, dass hier alle Dokumentarfilm-Regeln strikt eingehalten wurden. Doch trotzdem bleibt Kim's Video mit beiden Beinen in der Realität verankert, und selbst die Filmemacher selbst waren sicherlich erstaunt über den Ausgang ihres Projekts. Momentan arbeiten sie an einem Film über die Entstehung ihrer eigenen Doku, und das verspricht ebenfalls ein riesiger Spaß zu werden.