"Leiter der Abteilung Leichtigkeit, Ignoranz und großzügige Geldausgaben, Olympionike und an sich einfach Hochkultur wie Ulf. Wo Hela, Fleisch und leckere Biogetränke mit glücklichen Männern drauf sind, ist Heiko nicht weit. Du kannst Heiko hassen – er nimmt dich trotzdem wahr. Und erst sein Zehenspiel."
Das ist Heiko (Martin Rohde). Zumindest, wenn man der Beschreibung des Hip-Hop-Labels "Nordachse" Glauben schenkt. Und wer könnte Heiko besser beschreiben als die Crew, die er als eine Art Maskottchen repräsentiert? Heiko ist nicht nur der vielleicht ikonischste Label-Artist, sondern umwirbt auch die hauseigene Biermarke: das Nordberliner! Nebenbei wirft er Dartpfeile, wie kein Zweiter und macht die Berliner Kneipenszene unsicher. Als Kultfigur am Tresen begonnen, konnte er diesen Status 2022 in den deutschen Lichtspielhäusern manifestieren.
Es ist alleine schon diese sympathische Hintergrundgeschichte, die Heikos Welt interessant macht. Dabei hat der Film nicht umsonst in Berlin einen lokalen Hype ausgelöst. Er würdigt verschiedene Kulturstätten, Alt-Berliner Kneipen, die teils vom Aussterben bedroht sind, sich teils jedoch auch erneuter Beliebtheit erfreuen. Filme wie Heikos Welt tragen dazu natürlich bei. Doch auch der Plot spielt Sympathiepunkte ein. Neben der Schulle und dem Futschi liebt Heiko nämlich vor allem eines: seine Mama. Die Augenkrankheit dieser wird zum Aufhänger der Story, in der Heiko versucht, das Preisgeld bei einem Dart-Kneipenturnier abzuräumen, um seiner Mama eine Augen-OP zu finanzieren.
Schnell bemerkt er jedoch, dass er gegen seine größte Konkurrentin Jadefuchs (Leyla Roy) keine Chance hat. Er versucht, sie zu überreden, nicht an dem Turnier teilzunehmen. Sie willigt ein, allerdings nur unter der Bedingung, dass er ihr bei einem kleinen Coup hilft. Heiko bleibt keine andere Wahl, als das Angebot anzunehmen. Regisseur Dominik Galizia gelingt es dabei wunderbar, Heiko als Kultcharakter zu etablieren und im ersten Drittel die gelassene Stimmung der Kiezkaschemmen einzufangen. Gaststars und Auftritte von Rappern aus der eigenen Crew integriert er, ohne gezwungen zu wirken. Von dem wie maßgeschneiderten Soundtrack aus dem Hause Nordachse ganz zu schweigen.
Seine Schwächen hat Heikos Welt vor allem im zweiten Drittel, wenn er sich verstärkt auf die Love-Interest-Beziehung zwischen Heiko und Jadefuchs konzentriert. Diese fällt leider nicht nur vorhersehbar aus, sondern bremst die urig-sympathische Stimmung des Filmes ein Stück weit zur konventionellen deutschen Romcom aus. Das liegt vor allem an Drehbuch und Inszenierung und weniger an der Chemie zwischen Rohde und Roy, die durchweg spannungsreich bleibt. Das kann die große Freude, die der wortwitzige, wie situationskomische Film bereitet, jedoch nicht überschatten. Besonders, wenn er im großen Finale wieder zu seinen anfangs etablierten Qualitäten zurückfindet.
Vor allem bleibt es das Kennenlernen mit Heiko und seinem Lebensstil, das uns Zuschauenden Freude bereitet: Vom geliebten Mama-Humor am Morgen in der Küche bis zum flapsigen Spruch beim Bierwettsaufen am Abend in der Kneipe bekommen wir die geballte Ladung Heiko geboten. Kein Wunder, dass sich da selbst ein Franz Rogowski (Große Freiheit) als abgehalftertes Dartass die Ehre gibt. Man darf ihm und allen, die an das Projekt geglaubt haben (vor allem den Fans aus dem Crowdfunding) dankbar sein.