Das Gefühl, in einer Masse aufgehen zu können, sich den Rhythmen hinzugeben, die schon längst losgelöst von Musik und Körpern eine Eigendynamik genommen haben, ist ein Gefühl der absoluten Gegenwärtigkeit. In vielen Szenen macht Heidewitzka das deutlich: Kamerafahrten, die an dröhnenden Anlagen vorbeiführen, Zeitlupen, die hektische Bewegungen im kurzen Eindruck von Ewigkeit strecken, Grenzen, die verschwimmen, wenn nicht mehr klar ist, wer Veranstaltender, DJ oder Gast ist. Diesen Momenten, die für die Besuchenden des Festivals ein willkommener Ausbruch sind, widmet sich das Team rundum Rene Erhardt nicht vordergründig. Stattdessen wirft es einen Blick hinter die Kulissen und vollzieht den Werdegang zu jenen Bildern nach, wodurch wir diese erst in ihrem Wert schätzen können.
Der Film begleitet Danny Brohm, dem Kopf hinter "Heidewitzka", das irgendwo im Nirgendwo - genauer: in Südthüringen - einer Marktlücke, dem schlechten Angebot für eine zunehmend verjüngte Population, Rechnung trägt. Er beginnt in Dannys Jugendjahren, die bereits von seiner Partyliebe, seinem Organisationstalent, durchzogen sind. Allmählich wird uns sein Umfeld in Interview-Sequenzen vorgestellt. Es kristallisiert sich die Gemeinschaft heraus, die für das Gelingen des Festivals sorgen wird. Indem wir der Kerngruppe stetig folgen, in der Danny als Protagonist mit einem biographischen Hintergrund versehen wird, schafft Heidewitzka eine Narrative, die den Zuschauenden an die Hand nimmt, auch wenn ihm das Sujet der Dokumentation fremd ist. Damit ermöglicht Erhardt einen empathischen Zugang zum Festival, ermöglicht breites Verständnis für dessen Szene und Organisierenden.
Sich so seines Publikums versichernd, macht sich Heidewitzka auf, den Werdegang des Festivals aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten: Visionen, erste Gehversuche, Organisation, wachsender Einfluss – den sukzessiven Siegeszug der zuvor albern anmutenden Idee begleiten nicht nur die Kommentare der Kerngruppe, zu ihnen gesellen sich Interviews mit DJs, Familie, Gästen und Helfenden. Die Zuschauenden bekommen einen Eindruck der Vision hinter "Heidewitzka", das als "Kleines Großes Festival" preislich wie personell für jeden zugänglich sein soll. Sie bekommen einen Eindruck des immensen Aufwands, der hinter den kurzen Veranstaltungszeiten steht, der nahezu das restliche Jahr ausfüllt. Sie bekommen einen Eindruck von dem Lebenstraum, den sich Danny erfüllt, aber auch von dem Preis, den dafür zahlen muss, wenn er Privat- und Arbeitsleben nicht mehr zu trennen versteht.
Neben der Zugänglichkeit eines nischigen Themas, ist es die große Stärke des Filmes, die Entsprechungen zwischen Party-Aufnahmen und Organisationsabläufen herauszuarbeiten. So soll "Heidewitzka" nur so familiär wirken, weil die Kerngruppe dahinter familiär ist. Die DJs und Gäste geben nur ihre gesamte Leidenschaft an den Festivaltagen, weil Danny und sein Team das restliche Jahr über ihre gesamte Leidenschaft geben. Die Offenheit widerfährt den Veranstaltungen nur, weil sich auch hinter den Kulissen kein Musiksnobismus verbirgt, sondern ein Wille, möglichst vielen die Teilnahme am Festival zu ermöglichen. Diese Entsprechungen werden unter dem Motiv der Lebenstraumerfüllung Dannys subsumiert, finden demnach einen traulichen Abschluss. Bei aller Sympathie und handwerklicher Kompetenz unterstreicht diese Sinnrichtung den Eindruck eines reinen Werbefilmes, den man während der Sichtung nie ganz loswerden kann. Die ausbleibende Kontextualisierung außerhalb der Beteiligten verleiht dem Werk einen Making-Of-Charakter, den es nie übersteigen kann, wodurch es nie über den Kosmos "Heidewitzkas" hinausstrahlt.