Das moderne Horrorkino scheint von einer stilistischen Dichotomie eingeholt worden zu sein. Die Filme, die sich in dieses Genre eintragen, versuchen entweder, den Horror so extrem zu intellektualisieren, dass bei all der Verkopfung letztlich nur noch die bewegungslose Idee, nicht aber das durchdringenden Gefühl übrigbleibt, oder der Horror bleibt deswegen auf der Strecke, weil die inzwischen inflationär ausgebeutete Jump-Scare-Mechanik so tumb, faul und transparent ist, dass sich der Schrecken immerzu als effekthascherischer Gegenstand eines ineffektiven Spiels auf der Angstklaviatur veräußert. Ausnahmen bestätigen natürlich weiterhin die Regel. Eine willkommene Abwechslung stellt nun Halloween Haunt dar, der nichts mit diesen beiden Welten zu tun haben möchte und allein deswegen niemals Gefahr läuft, zu einem großen Missverständnis zu verkommen. Stattdessen besinnt man sich auf ganz andere Tugenden.
Scott Beck und Bryan Woods erarbeiteten sich durch ihre Drehbuchvorlage zum Box-Office-Hit A Quiet Place das nötige Maß an Renommee, um möglichst schnell ihr eigenes Spielfilmdebüt umzusetzen. Und Halloween Haunt stellt nun sehr gekonnt unter Beweis, wo die Stärken des Duos eigentlich liegen: In der Besinnung auf das Wesentliche. Beck und Woods verschwenden nur selten Zeit damit, der Geschichte rundum eine Gruppe Studenten, die am Halloween-Abend ein entlegenes Spukhaus aufsuchen, um sich im Schreckenskabinett mal so richtig den Schauer über den Rücken jagen zu lassen, mehr erzählerischen Gehalt einzuverleiben, als es dem Szenario eigentlich dienlich wäre. Natürlich hat Hauptakteurin Harper (Katie Stevens, Polaroid) mit einem Trauma zu kämpfen, dieses allerdings wird genutzt, um die junge Frau endgültig in den Final-Girl-Modus schalten zu lassen.
Ohne krampfig-bedeutungsschwangere Psychologisierungen zu forcieren geht Halloween Haunt über knapp 90 Minuten seinen garstigen Weg. Wenn die Truppe alsbald erkennt, dass die Attrationen in dem Horrorhaus nicht nur extrem erscheinen, sondern tatsächlich echt sind, verlieren Scott Beck und Bryan Woods keine Zeit, um die verwinkelte Terroranlage, irgendwo im Nirgenwo, zum Schlachthof zu erklären. Oftmals an die Atem- und Hemmungslosigkeit des Exploitationskinos erinnernd, scheint das Regie- und Autorengespann merklich viel Freude daran gehabt zu haben, die diversen Räumlichkeiten samt maskierter (Psychopathen-)Gefahr in Szene zu setzen, um die Studenten nicht nur vor immer neue Rätsel zu stellen, sondern auch, um sie mit kreativen Möglichkeiten des Ablebens zu konfrontieren. Der Weg in die Freiheit muss sich erkämpft werden – und das bedeutet eine nicht zu verachtende Opferzahl auf beiden Seiten.
In diesem Punkt lässt Halloween Haunt ebenfalls nichts anbrennen, denn wenn die grobe Blutwurst erst einmal ihre Runde dreht, Köpfe plätze, Knochen gebrochen und Körper deformiert werden, gibt es kein Halten mehr. Genau dann findet auch kurzweilige Reißer auch ganz zu sich und verbindet Temporeichtum mit Sadismus. In der Brutalität, die vor allem im letzten Drittel des Films ausgelebt und teilweise auch zelebriert wird, merkt man zudem auch den Einfluss von Eli Roth (Hostel, The Green Inferno), der hier als Produzent aktiv gewesen ist. Katie Stevens, die keine herausragende Darstellerin ist, vollbringt es dennoch, die Wandlung vom verstörten Mauerblümchen zur Furie im Blutrausch gekonnt zu porträtieren, weil Scott Beck und Bryan Woods ihre Figur durchweg unter der Berücksichtigung der Genre-Maßstäbe behandeln. Eine bauchige, entschlackte Sause mit keinem Gramm zu viel auf den Rippen.