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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Die Australierin Naomi beginnt im New Yorker Stadtteil Brooklyn ein Praktikum bei Nick, der den Nachlass seines verstorbenen Schwiegervaters archiviert. Der ältere, verheiratete Mann entwickelt schnell ein romantisches Interesse an seiner neuen Mitarbeiterin. Die trifft sich wiederum öfter mit Buddy, weil sie an diesem interessiert ist. Nicks Frau Alyssa und deren Schwester Gwen sind derweil besorgt ob der attraktiven Naomi, denn Ehemann Nick ging früher bereits fremd. Buddy schwankt hingegen hin und her, ob er Naomis Avancen nachgeben soll oder stattdessen seiner Ehefrau Jess treu bleibt…

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Gedankenverloren und erwartungsvoll sitzt die von Emily Browning (Sucker Punch) gespielte Naomi in der Eröffnungsszene von Golden Exits auf Treppenstufen und singt ihre eigene Version von Hellos New York Groove. Die leise, gefühlvolle Stimme der Schauspielerin verleiht den rockigeren Klängen des ursprünglichen Songs umgehend eine melancholische Färbung, die den Erzählton von Alex Ross Perrys (The Color Wheel) 5. Spielfilm treffend einfängt. In seinem vorangegangenen Werk Queen of Earth schlug der talentierte Indie-Regisseur zuor ungewohnte Bahnen ein, indem er seine bevorzugten Motive rund um zwischenmenschliche Komplikationen um Stilmittel des subtil-bedrohlichen Psycho-Horrors erweiterte. Das eskalierende Verhältnis zwischen zwei Freundinnen, von denen die eine vollkommen in depressive Wahnzustände abzugleiten scheint, brauchte Vergleiche mit den großen Filmen von Regisseuren wie Roman Polanski (Der Mieter) und Ingmar Bergman (Persona) keineswegs zu scheuen.

Golden Exits wirkt auf den ersten Blick so, als habe sich Perry nach der kräftezehrenden Intensität von Queen of Earth selbst eine Art Erholungskur verschrieben. Begleitet von einem Score, der überwiegend aus melodischer Piano-Musik besteht, und von Bildern, die Kameramann Sean Price Williams für den Regisseur wie gehabt auf kriseligem 16-mm-Film gedreht hat, erstrahlt der Streifen zunächst als farbenfrohe Rückkehr in jenen Teil New Yorks, der Perry auch schon in Listen Up Philip als Schauplatz diente. Das Brooklyn in Golden Exits, in dem die Figuren immer wieder von der warmen Frühlingssonne angestrahlt werden und förmlich zu glimmen beginnen, kann allerdings nicht lange darüber hinwegtäuschen, dass sich der Regisseur erneut Themen zuwendet, die den Zuschauer tief treffen und noch lange beschäftigen dürften. 

Ausschlaggebend für die Ereignisse des Films ist die Ankunft der 25-jährigen Australierin Naomi in New York. Hier assistiert die junge Frau dem verheirateten Archivar Nick dabei, den Nachlass seines verstorbenen Schwiegervaters zu ordnen und aufzubereiten. Dabei sorgt die Anwesenheit der wesentlich jüngeren Naomi bei Nicks Ehefrau Alyssa für sichtliche Spannungen. Wie sich in einem der zahlreichen, eher nebensächlich geäußerten und doch ungemein bedeutenden Dialoge des Films herausstellt, ist es in der Vergangenheit schon einmal zu einem Vorfall gekommen, bei dem Nick seine Frau mit einer seiner Assistentinnen betrogen hat. Nur noch stärker Öl ins Feuer gießt derweil Alyssas Schwester Gwen, die Nick ohnehin nicht sonderlich leiden kann und damit beginnt, sich alleine mit Naomi zu treffen und ihr Ratschläge für das Leben in der Großstadt zu erteilen. 

Zusätzlich ins Spiel kommen außerdem noch das Ehepaar Buddy und Jess, von denen Buddy als Gefallen für seine Mutter Zeit mit der frisch eingetroffenen Naomi verbringen soll, damit sie in der Millionenmetropole nicht den Anschluss verliert, wobei sich Sam, die Schwester von Jess, ebenfalls irgendwie in die Geschehnisse einzufügen scheint. Trotz des für Perrys Verhältnisse ungewohnt vielzähligen Figurenensembles verliert der Regisseur zwischen den Charakteren niemals den Überblick und sorgt mithilfe eleganter Schnitte und Perspektivwechsel dafür, dass sich Golden Exits mit jeder fortschreitenden Minute der Laufzeit als exzellent beobachtete Studie verschiedenster Menschen entfaltet, deren Schicksale fortwährend verknüpft werden. Während seine vorherigen Filme regelmäßig auf Momente der extrovertierten Entladungen sowie unvermeidlichen Eskalationen zusteuerten, hat Perry für seinen 5. Film den umgekehrten Weg gewählt. In Golden Exits zählt trotz der wieder einmal erstaunlich hohen Dichte an Dialogen weniger das, was gesagt wird, sondern das, was die Figuren unbeholfen verschweigen und stattdessen unter eindeutigen Blicken sowie Gesten durchscheinen lassen.

In einer Szene des Films wird Nick von Naomi danach gefragt, wie er sich in seiner eher unspektakulären, beinahe öden Routine als Archivar fühlen würde. Nick entgegnet daraufhin, dass ihn gerade diese kontrollierten Abläufe in einem überschaubaren, kleinen Rahmen so sehr gefallen, wobei sein Blick durchaus etwas anderes verrät. Während er das Vorgefertigte, Festgesetzte offenbar notdürftig akzeptieren musste, gibt sich Naomi dagegen vordergründig als junge Frau zu erkennen, der mit 25 Jahren die ganze Welt offensteht. Dabei spricht die gutaussehende Australierin davon, dass sie es meistens nie länger als ein paar Wochen an einem festen Ort oder mit einem festen Partner aushält, bevor es sie bereits an neue Orte zieht. Durch das Einbeziehen der anderen Figuren, die allesamt älter als Naomi sind, schält Perry nach und nach einen komplexen Konflikt der Generationen heraus, in dem ein weiteres Mal das zentrale Motiv seines Schaffens, die alles überstrahlende Einsamkeit, den Verlauf der Geschichte bestimmt.

In Golden Exits blicken die älteren Figuren wehmütig auf eine jüngere Generation, die für sie als Sinnbild ihrer eigenen Jugend erstrahlt, welche längst nur noch als verblasste Erinnerung existiert und ihnen den Weg in eine Sackgasse voller unterdrückter Gefühle sowie unausgesprochener Probleme geebnet hat. Auch wenn sich Perry einer weißen, privilegierten Gesellschaftsschicht widmet, die in teuren Apartments lebt und Berufen wie Psychotherapeut, Archivar oder Betreiber eines Aufnahmestudios nachgeht, sind die Konflikte der dargestellten Personen von einer nachvollziehbaren Allgemeingültigkeit. Erstaunlich souverän formt der Regisseur aus Figuren, die zunächst fast schon Züge von Karikaturen tragen, vielschichtige Menschen, die Gefangene ihrer eigenen unausgelebten Lüste und Ziele sind. Am stärksten erhebt sich hierbei Naomi über ihren anfänglichen Status als klischeehaftes Objekt der Begierde hinaus. Obwohl die 25-Jährige scheinbar diejenige ist, die alle anderen Figuren um sich herum maßgeblich beeinflusst, ist es am Ende sie, die als aufrichtige Person am wenigsten Beachtung findet und als hoffnungsvolles Sternchen im Großstadtdschungel verglimmt. Perry umgeht unterdessen sämtliche dramaturgische Stolperfallen dieser Figurenkonstellation und führt seinen Film zum Schluss einfach wieder an den Anfang zurück.

Fazit

Mit "Golden Exits" scheint Alex Ross Perry nach dem intensiv-mitreißenden Charakterdrama "Queen of Earth" wieder einige Gänge zurückgeschaltet zu haben. Dabei erweist sich der 5. Spielfilm des Regisseurs nur auf den ersten Blick als deutlich zurückgenommener und offenbart bei näherer Betrachtung einen von Perrys komplexesten Filmen, in dem die dramatischsten Höhepunkte des souverän balancierten Ensembles hinter eindeutigen Blicken, vorsichtigen Gesten und unausgesprochenen Wörtern inmitten all der Dialoge verborgen liegen. Es liegt ganz am Zuschauer, diese für sich zu entdecken.

Kritik: Patrick Reinbott

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