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Tahiti, 1891. Der französische Künstler Paul Gauguin hat sich in sein selbsterwähltes Exil nach Französisch-Polynesien zurückgezogen. Er lässt sich vom Dschungel verschlucken, trotzt Einsamkeit, Hunger und Krankheit. Während seinen Erkundungstouren über die Insel trifft er auf die junge Eingeborene Tehura, die seine Muse und auch Modell seiner bekanntesten Gemälde werden wird. Als freier Mann in der Wildnis - fernab der Politik und Regeln eines zivilisierten Europas, entwickelt er einen neuen Stil des Malens.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Zeit seines Lebens musste der französische Maler Paul Gauguin (1848-1903) am Hungertuch nagen. Seine siebenköpfige Familie pferchte er in einer überschaubaren Wohnung in Paris ein, während seine Werke höchstens dann einen Abnehmer fanden, wenn mit reichlich Nachdruck auf etwaige Interessenten eingeredet wurde: Die Menschen fanden noch keinen rechten Zugang zu seiner Kunst und verkannten diese. Im Jahre 2015 ist Gauguins Ölgemälde Nafea faa ipoipo für kolportierte 300 Millionen US-Dollar verkauft worden – die höchste Summe, die jemals für ein Bild aufgebracht wurde. Man kann sich anhand dieser Zahlen also ungefähr vorstellen, wie extrem die Wertschätzung Gauguins in einem Zeitraum von über 100 Jahren gewachsen ist, zählt der Mann, der mit seinem reduzierten Stil das Echte ausdrücken wollte, heute doch zu den bedeutsamsten Künstlern aller Zeiten.

Die Lebensgeschichte dieser Persönlichkeit ist indes eine ungemein interessante, weil sie aufzeigt, wozu ein Mensch bereit sein kann, um sein Dasein mit seiner Leidenschaft in einem rhythmischen Einklang zu bringen. 1891 verwirklichte er den bereits vor Jahren in seinem Kopf verfassten Entschluss und brach nach Polynesien auf: Er wollte zurück zum Ursprünglichen, zum Unverbildeten, zum Primitiven. Zurück zu dem Gefühl, welches seine Bilder seit jeher formulierten. Und hier beginnt Edouard Delucs Biopic, welches sich dem titelgebenden Künstler annimmt und primär die Opferbereitschaft für die malerische Passion herauskristallisiert. In Paris wird Gauguin (Vincent Cassel, Irreversibel) nicht mehr glücklich; alles dreht sich nur noch um das Geld und leere Worte bilden die Dialoge zwischen den Großstädtern. Tahiti scheint der geeignete Ort zu sein, um sich jenseits der Laster der Zivilisation aufs Neue inspirieren zu lassen.

Deluc wollte keinen Künstler-, sondern einen Abenteuerfilm drehen. Und wahrlich, ein Abenteuer ist es mitanzusehen, wenn Gauguin durch die polynesischen Tropen streift, ohne finanzielle Mittel oder zwischenmenschliche Kontakte, und nur noch wenige Stunde von dem eigenen Erschöpfungstod entfernt zu sein scheint. Gauguins Rückkehr zum Ursprünglichen fördert vor allem auch ein Verständnis für die tödliche Macht des Unschuldigen. Die Schönheit des Dschungels ist gleichzusetzen mit der Gnadenlosigkeit der Natur. Durch die zufälligen Ankunft in einem Eingeborenendorf und der Begegnung mit der bildhübschen Tehura (Eine vielsprechende Entdeckung: Thei Adams) wandelt sich das Blatt vorerst. Gauguin kämpft nicht mehr nur um das bloße Überleben, er kämpft auch mit der musischen Kraft, die der Anblick von Tehura in ihm auslöst. Nun entstehen Werke, die später für einen Millionenerlös vertrieben werden.

Aber auch auf dieser Insel im Pazifik, im Schatten von Kokospalmen, erhält das Barbarische der Gesellschaft Einzug. Gauguin, der einst ausgebrochen ist, um sich zu finden, wurde gleichwohl von dem entdeckt, vor dem er geflohen ist: Von Geldnöten, von Eifersucht, von Unmoral. Und Vincent Cassel spielt dieses Flüchtling mit wucherndem Bartgestrüpp wunderbar frustriert, ausgemergelt und arrogant. Deluc besteht darauf, ein hagiografisches Abbild seines renommierten Hauptakteurs zu vermeiden, ohnehin lassen sich zu viele Fragwürdigkeiten in der Vita Gauguins entdecken, die es als nahezu unmöglich erkläreb, einige seiner Handlunge über die unverkennbare Genialität seiner Person zu legitimieren. Gauguin allerdings verkürzt und komprimiert den Werdegang des Kunstschöpfers, lässt zwar auch einige Ambivalenzen übrig (gerade wenn es um die französische Kolonialvergangenheit geht, die Gauguin verurteilt, aber gleichermaßen ausnutzt), bleibt insgesamt jedoch seltsam irrelevant. Wie ein Film ohne Standpunkt, ohne innere Balance.

Fazit

Edouard Deluc ist weniger daran interessiert, Paul Gauguin ein Denkmal zu setzen, als dessen Kompromisslosigkeit in Bezug auf die Verwirklichung seiner Lebens- Kunstauffassung aufzuzeigen. In seinen besten Momenten ist "Gauguin" ein introspektives Charakter-Drama um einen Menschen, der Zeit seines Lebens scheiterte und erst nach seinem Tod die ihm gebührende Anerkennung erhielt. Delucs Biopic allerdings fehlt der Mut, Ambivalenzen zu schüren, was dem Film nicht die schauspielerischen Leistungen nimmt – Vincent Cassel ist stark -, aber reichlich unter seinen Möglichkeiten.

Kritik: Pascal Reis

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