Bis heute ein wahrhaftes Phänomen, die nicht im Traum prognostizierte Erfolgsgeschichte von French Connection – Brennpunkt Brookyln. Einem Film, der nicht nur wie kaum ein zweiter stellvertretend ist für das New Hollywood (neben Easy Rider und vielleicht noch Bonnie und Clyde), darüber hinaus aber das Genre des Cop-Films komplett neu definierte, so wie das noch junge Kino der 70er maßgeblich prägte und die Filmlandschaft im allgemeinen für immer veränderte. Als wäre das alles noch nicht genug wurde sein Wert im vollen Umfang nicht wie sonst oft üblich erst im Nachhinein erkannt, er ging sofort steil durch die Decke, selbst auf der elitären Ebene der Academy Awards. Bei der Oscarverleihung 1972 der unumstrittene Abräumer mit 5 Trophäen bei 8 Nominierungen, vier davon in den Königsdisziplinen. Bester Schnitt, Bestes adaptiertes Drehbuch, Bester Hauptdarsteller, Beste Regie und Bester Film. Schier undenkbar für ein vorher mit nicht sonderlich hohen Erwartungen in Produktion gegangenes Werk eines gerade mal 30 Jahre alten, noch recht unbekannten Regisseurs namens William Friedkin (Der Exorzist), in der Hauptrolle besetzt mit der vierten Wahl (Gene Hackman, Erbarmungslos) und mit einem als Verwechslung aus Spanien eingeflogenen Antagonist-Darsteller (Fernando Rey, Lasst uns töten, Companeros), den man aus Mangel an Zeit und Alternativen dann zähneknirschend doch verpflichtete. Das Resultat: Nicht nur ein Klassiker, sondern ein atemberaubendes Meisterwerk.
Aufgeladen bis in die Haarspitzen zelebriert Friedkin exzessiv die hohe Kunst der puren Anspannung, obwohl er gar nicht mal mit der Tür direkt ins Haus fällt. Aber bereits von Beginn an liegt da was in der Luft, dass sich kaum konkret greifen, eher nur instinktiv wittern lässt. Wie die Vorboten eines schweren Unwetters, eine latente Nervosität, ein unruhiges Zucken, ein nicht genau zu lokalisierendes Jucken, das sich nicht kratzen lässt. Womit er ganz offensiv hantiert und es als fast irritierendes Element verwendet, ist die Gegenüberstellung von Kontrasten, allerdings in einem für das klassische Hollywood asymmetrischen Stil: Während der Held als impulsiv, gewalttätig, unflätig, sexistisch und sogar rudimentär rassistisch eingeführt wird – als ein eigentlich durch und durch unangenehmer Zeitgenosse -, erscheint der Bösewicht zunächst wie ein sanftmütiger, kultivierter, besonnener, höflicher, fröhlicher und eigentlich recht sympathischer älterer Herr. Brooklyn als rauer, dreckiger Ort des Verbrechens auf offener Straße, Marseille als sonniges Paradies fernab allen Bösen, doch der Schein trügt natürlich. Nicht, dass sich all diese Ersteindrücke als falsch herausstellen würden, die meisten werden sogar bestätigt.
Die entscheidende Frage ist jedoch, auf welcher Seite sie sich bewegen und das definiert sie letztlich wirklich als Held oder Schurke. Wofür sie ihren Hals riskieren, die Methoden oder der Umgangston ist da eher zweitrangig. Zwischen Gut und Böse, Recht und Unrecht ist oftmals nur eine dünne Linie, der Zweck kann die Mittel durchaus heiligen, auch wenn das niemand gerne zugibt. Den groben Spürhund „Popeye“ Doyle (Hackman) und den eloquenten Drogenbaron Alain Charnier (Rey), sie trennen Welten, auf jede nur erdenkliche Weise. Auf fast sarkastische, das unangenehme Ungleichgewicht dokumentierende Weise hervorgehoben in einer Beschattungsszene, in der sich die Verbrecher im Nobelrestaurant fürstlich bedienen lassen, während die Observanten sich auf der Straße nur mit einem Stück fettiger Pizza und Kaffee aus dem Pappbecher begnügen müssen. Es gibt in diesem Winter zwar noch keinen Schnee in New York, aber er steht praktisch schon vor der Tür, im doppelten Sinne. 60 KG reinstes, französisches H warten darauf den Besitzer zu wechseln. Popeye und Partner Russo (Roy Scheider, Der Weiße Hai) wissen es, Charnier und seine Mittelsmänner wissen, dass sie es wissen. Trotzdem kann der Deal nicht abgeblasen werden, dafür steht zu viel auf dem Spiel.
Somit läuft es auf eine logische Konsequenz hinaus, die alles dominiert: Jagen. Die Jagd und die Flucht. Das Lauern auf den entscheidenden Moment, den Jägern zu entkommen oder die Beute stellen zu können. Mündend in zahlreichen Variationen des Katz- und Maus- oder auch Hase- und Igel-Spiels, eine grandioser als die andere. Legendär, das zwar gediegene, aber raffinierte Rein-Raus-Spiel in der U-Bahn, rasant das Wettrennen zwischen Bahn und Auto, bei dem Adrenalin und Tacho durch die Decke gehen. Der gesamte Film ist wie das Jonglieren mit scharfen Handgranaten, bei dem ständig neue dazu geworfen werden, am Ende direkt mit rausgezogenem Stift. Zwischen roher, authentischer Intensität und radikalem Nervenkitzel liegen keine Barrieren, alles verbindet sich bei Friedkin’s Durchbruchs-Geniestreich zu einem explosiven Gemisch. Welches nah am Puls der Zeit ist und durchaus als realistische Bestandsaufnahme eines am Verbrechen erstickenden New York der 70er verstanden werden darf, gleichzeitig aber natürlich als revolutionärer Genre-Beitrag auf Sterne-Niveau den Laden mal komplett aufmischt und neu aufstellt. In vorher nie gesehener Qualität ist French Connection – Brennpunkt Brooklyn immer noch wie ein Schlag direkt in die Fresse, von dem man jedesmal wieder unvermittelt auf die Bretter geschickt wird, obwohl man es doch inzwischen vorher wusste. Das Ende: Nur ein Schuss im Off…denn bequem kann ja jeder.