Inhalt
Bei dieser Klassenlehrerin schaffen die Kinder die erforderlichen Noten für die gymnasiale Empfehlung nie, da sind sich alle einig: Frau Müller muss weg! Aber die ist nicht bereit, dem Drängen der Eltern nachzugeben. Der Elternabend entwickelt sich zunehmend zu einem Desaster und als sie allen um die Ohren haut, was sie wirklich von ihren Schülern hält, bröckelt die Solidarität unter den Aufständischen. Frau Müller verlässt schließlich wutentbrannt das Klassenzimmer, vergisst aber ihre Tasche mit der Notenliste. Ein kurzer Blick darauf genügt, um allen Eltern klar zu machen: Kommando zurück, die Noten sind wider Erwarten gut. Nun muss man die Müller irgendwie zum Bleiben bewegen...
Kritik
Helikopter-Eltern. So werden Eltern genannt, die ihre lieben Kleinen so sehr betreuen und betüddeln, dass sie jederzeit wie ein Hubschrauber um sie herum schwirren. Genau diese Form von Menschen versammeln sich in der Kinoadaption des erfolgreichen Theaterstücks „Frau Müller muss weg“ in einem Klassenzimmer um der titelgebenden Klassenlehrerin nahe zu legen ihr Amt niederzulegen. Begründung: Ihr pädagogisches Konzept funktioniert nicht mehr – zumindest in den Augen der Eltern. Aus ihrer kammerspielartigen Situation entbrennt recht schnell Wortduell. Aufgebrachte Erziehungsberechtigte gegen die erfahrene Lehrerin. Anscheinende Gutmenschen gegen eine anscheinend total überforderte, ausgebrannte Pädagogin.
Doch die Sicht auf die Dinge verschiebt sich rasch. Die Eltern, die nach einem beherzten, verbalen Rundumschlag mit anschließender Flucht von Frau Müller, diese im Schulgebäude suchen, müssen sich nach und nach selbst die Frage stellen, ob vielleicht nicht alle schulischen Probleme auf die erfahrene Lehrerin zurückzuführen sind. Eigenen Überambitionen, ein verzerrte Weltbild, eine starre Positionierung im Gutmenschen-Ghetto und die allgegenwärtige Verleugnung der eigenen erzieherischen Fähigkeiten. Daraus entspinnt Regisseur Sönke Wortmann einen visuell unscheinbaren Film, bei dem jede Figur einmal Tacheles reden, bzw. brüllen, mit geballter Faust aufs Pult schlagen und mindestens einmal laut „So ist es doch“ von sich geben darf. Mehr ein eine plumpe Verkettung von schnaubenden Phrasen des Kleinbürgertums kommt dabei aber nicht zustande. „Frau Müller muss weg“ besteht voll und ganz aus verbalen Duellen. Verschiedene Gesellschaftsschichten die Subjektivität mit Objektivität im Sorgenwahn um ihre Kinder und die eigene Verantwortungsreputation verwechseln.
Diese Klarheit wird dem Publikum nach wenigen Minuten brav und überfürsorglich aufgetischt. Was dann bleibt ist das typische Kammerspielgekeife, ohne jedoch die Tragweite und den subversiven Diskurs anderer Werke, wie etwa Polanskis „Der Gott des Gemetzels“, auch nur im Ansatz zu erreichen. Die Grunde macht es sich der Film zu einfach. Wie ein altes, aufziehbares Spielzeugauto wird zu Beginn alles schon aufgezogen und dann geht einfach alles seinen Lauf. „Frau Müller muss weg“ überrascht einfach niemals. Die dargestellten Typen bleiben stetig linientreu, die Streitigkeiten untereinander bieten nicht mehr als eine Darstellung übelster Tropen. Natürlich passt dass perfekt ins Konzept, aber es wird niemals wirklich hinterfragt oder gar aufgearbeitet. Stattdessen füttert Wortmann die Suche nach der geflohenen Klassenlehrerin mit Situationskomiken, die schon bevor sie wirklich richtig in Gang kommen, einen röchelnden Todeskampf ausfechten.
Fazit
Schlachtfeld Elternsprechtag. Was eine formidable wie komödiantische Destruktion von Idealen und Eigenverantwortung hätte werden können, ist nicht mehr als ein müdes begaffen des deutschen Kleinbürgertums. Vorgetragen mit viel Hysterie aber ohne wirkliche Courage und Feuer.
Autor: Sebastian Groß