Inhalt
Seit mehr als einem Jahrzehnt befinden sich Andy (Zac Efron, Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile, Greatest Showman) und Vicky (Sydney Lemmon, Fear the Walking Dead, Succession) auf der Flucht: Verzweifelt versuchen sie, ihre Tochter Charlie (Ryan Kiera Armstrong, American Horror Story, The Tomorrow War) vor einer geheimnisvollen Regierungsbehörde zu verstecken, die ihre einzigartige Fähigkeit, Feuer zu entfachen, als Massenvernichtungswaffe einsetzen will. Andy hat seiner Tochter beigebracht, ihre durch Wut oder Schmerz ausgelöste Fähigkeit zu kontrollieren. Doch für die nun elfjährige Charlie wird es immer schwieriger, das Feuer zu bändigen. Als durch einen Zwischenfall der Aufenthaltsort ihrer Familie offenbart wird, nimmt ein mysteriöser Agent (Michael Greyeyes, Wild Indian, Rutherford Falls) die Verfolgung auf, um Charlie ein für alle Mal in die Gewalt der obskuren Organisation zu bringen.
Kritik
Zu behaupten, Stephen King-Verfilmungen wären wieder zurück, wäre eine Übertreibung, wenn man bedenkt, dass seit den 80ern konstant Adaptionen des Schriftstellers erscheinen. Dennoch häuften sich die Veröffentlichungen in den letzten Jahren besonders an: Es, Doctor Sleeps Erwachen, Carrie, Friedhof der Kuscheltiere - um nur die bekanntesten unter ihnen zu nennen. Ein nostalgisch-warmes Bauchgefühl und die Hinwendung zu Minderheiten, die in Form von Mobbing-Opfern bei King stets eine besondere Aufmerksamkeit erfuhren, stellen nur die vielleicht prägnantesten Gründe dafür dar. Regisseur Keith Thomas wendet sich mit Firestarter nun einer weniger beliebten Romanvorlage zu, die in den 80ern eine ebenso nur stiefmütterlich in den Kanon aufgenommene Adaption nach sich zog.
Grund dafür dürfte zum einen die thematische Ähnlichkeit zu Carrie, dem Erstlingsroman Stephen Kings, sein, dessen Verfilmung von Brian de Palma (Scarface) bis heute Kultstatus genießt. Zum anderen dürfte ein besonderes Risiko zur Enttäuschung bereits thematisch veranlagt sein. In einem Film, in dem es darum geht, gegen jeden Widerstand zu einem Selbst zu finden, das es zu entfesseln gilt, scheint ein besonderer Höhepunkt, ein Befreiungsschlag, von nöten zu sein. Firestarter läuft - noch stärker als Carrie - letztlich auf ein Ende hinaus, das alles in Flammen aufgehen lässt. So konnte man sowohl bei der aktuellen Verfilmung, als auch bei der ersten Adaption, in Kritiken häufig lesen, dass das Finale nicht funktionieren mag, nicht imposant genug erscheint.
Keith Thomas ist zuletzt mit The Vigil positiv aufgefallen, einem Horrorfilm, der gekonnt die Ästhetik des Chassidismus aufgreift und den Horror im auch heute nicht überwundenen Antisemitismus erkennt. Auch hier scheint es ihm auf den ersten Blick zu gelingen, dem Rahmen einer herkömmlichen Blumhouse-Produktion zu entrinnen. Im Zentrum der Erzählung stehen intime Momente der Familien-Begegnung, der Vater-Tochter-Beziehung und der Erkundung der eigenen Kräfte. Besonders Zac Efron (Bad Neighbors) gelingt es dabei, Momenten die Stimmung fürsorglicher Zärtlichkeit abzugewinnen. Diese Betonung scheint Firestarter eine Bedeutungsschwere zu verleihen, die den Weg zu einem fulminanten Finale ebnet. Tatsächlich wirkt dieses nach all dem wie ein Befreiungsschlag.
Mit etwas Distanz erkennt man jedoch, dass dieser Film seine Themen nur oberflächlich behandelt, sie lediglich ausstellt, um darüber hinweg zu täuschen, dass über weite Strecken nichts passiert und Unheimliches nur zu entdecken ist, wenn die Kamera kurze Blicke auf verbrannte Haut und entstellte Gesichter erhascht. Die Flucht, auf der sich die Familie befindet, nimmt nie Fahrt auf und fühlt sich an, als befände sie sich im stetigen Stillstand. Die wenigen Stationen, die sie auf ihrer Reise durchmachen, strotzen nur so vor Vorhersehbarkeit und die Visualisierung der übernatürlichen Fähigkeiten wirkt schlicht. Gebündelt wird das bis dahin ziellos anmutende Drehbuch, das durch Einzelmomente immer wieder den Eindruck von Bedeutsamkeit erhält, lediglich unter einem Finale, das sich nur durch laut aufgedrehte Synthesizer-Musik, einem spärlichen One-Liner und viel Feuer vom Rest des Filmes abheben mag, davon abgesehen jedoch ebenso einfallslos erscheint.
Übrig bleiben einzelne Szenen, die es verstehen, der Suche und Einordnung des Selbsts eine Stimmung zu verleihen. Das gilt sowohl für die familiäre Verankerung, die in Traumsequenzen und Rückblenden verarbeitet wird, als auch für Augenblicke, in denen sich unsere Protagonistin Charlie (Ryan Kiera Armstrong, The Tomorrow War) erstmals mit der zerstörerischen Konsequenz ihrer Fähigkeiten konfrontiert sieht. Letzteres hat ein Film wie Brightburn vor kurzem deutlich eindrucksvoller verarbeitet, indem er die Erkundung der eigenen Fähigkeiten verstärkt als Analogie an die Phase der Frühpubertät gebunden hat. Hier bleibt lediglich die Überwindung der väterlichen Moral hin zu denselben Erfahrungen, die dieser zu verarbeiten versucht, wodurch die Protagonistin in ihrer isolierten Existenzform essenzialisiert wird. Alles bleibt beim Alten und man selbst nur bei seinesgleichen.
Fazit
"Firestarter" versucht durch vermeintliche Intimität über seine erzählerischen Defizite und altbackenen Motive hinwegzutäuschen. Hier ist nichts unheimlich, außer der Uninspiriertheit, die sich schon im 1:1 vom Original übernommenen Filmplakat andeutet und sich bis zum wenig fulminanten Finale durchzieht.
Autor: Maximilian Knade