Was waren das doch für Zeiten, in denen Nicolas Cage (Das Vermächtnis der Tempelritter) noch als Zugpferd familientauglicher Großproduktionen herhalten durfte. Keine Frage, der Oscar-prämierte Vollblutschauspieler ist auch heute noch in prestigeträchtigen Kinofilmen zu sehen (wie zum Beispiel zuletzt in Oliver Stones Snowden), aber die Hauptrolle in einem Film, der auch mit einer gewissen kommerziellen Erwartungshaltung versehen ist? Das gehört wohl der Vergangenheit an, ist Nicolas Cage durch seine private Verschuldung inzwischen doch gezwungen, jedem Direct-to-DVD-Plunder seine Einwilligung zu versichern. Das Schöne aber ist: Nicolas Cage ist ein Profi, der sich immer mit Leidenschaft vor die Kamera bewegt, anstatt, wie Kollege Bruce Willis (Stirb langsam – Jetzt erst recht), mit seinem Desinteresse regelrecht hausieren zu gehen. Ein, wie eingangs schon erwähnt, echter Vollblutschauspieler eben.
Und deswegen ist es, gemessen an der Qualität der jeweiligen Performances, auch erst einmal vollkommen belanglos, in welchem Jahr wird uns befinden: Ob 1990, 2000 oder 2010 – Nicolas Cage gibt alles, dringt tief in seine Figuren ein, atmen sie, lebt sie. So auch im von Brett Ratner (X-Men: Der letzte Widerstand) inszenierten Family Man, der eigentlich all das vereint, was amerikanische Weihnachtsfilme so unausstehlich macht, durch den engagierten Hauptdarsteller aber eine Pufferzone errichtet, die die Toleranz gegenüber dem Gezeigten merklich erweitert, ja, sogar erträglich und fast schon lieblich gestaltet. Dreh- und Angelpunkt ist der Börsenspekulant Jack Campbell, unverschämt gutaussehend im 2000 Dollar Nadelstreifenanzug, aber durch den Erfolg zum Gefühlslegastheniker verkommen, der sich allein über Statussymbole definiert: Den anthrazitfarbenen Ferrari, das luxuriöse Apartment, die hochdotierte Stelle an der Wall Street. Wie es sich aber für einen Weihnachtsfilm aus der Hollywoodschmiede gehört, muss dem narzisstischen Kapitalisten aufgezeigt werden, dass Materialismus nicht alles ist, sondern nur die Liebe zu innerem Frieden geleitet.
Ja, Family Man artikuliert sich über Phrasen, er ist konservativ und gefühlsduselig, appelliert fortwährend an das Heile-Familie-Blue-Collar-Ideal und hinterfragt (vielmehr: verurteilt) den (selbst-)gefälligen Lebensstil der Karrieristen dieser Welt. Und natürlich ist Weihnachten, ganz besonders im Kino, die Zeit der Wunder und des Phantastischen, was Jack Campbell die Möglichkeit darbietet, einen Blick in ein Leben zu werfen, welches er vor 13 Jahren aufgegeben hat, als er sich gegen seine damalige Freundin und für den Job entschieden hat. Was folgt, ist eine moralische Lektion, die Jack – entsprechend der Auffassung des Filmes – zur Besinnung kommen lässt und den Zuschauer durch das gewohnt eifrige Spiel von Nicolas Cage durchaus packt. Mit 130 Minuten mag der Film, gemessen an seiner stofflichen Resonanz, zu lang geraten sein, der Gefühlsdusseligkeit der Narration aber gibt man sich letzten Endes doch gerne hin – vor allem, wenn der Schnee in dicken Flocken gegen das Fenster weht.