Man könnte ihn als Mozart der Zerstörung beschreiben oder auch als van Gogh der Gewaltexzesse. Die Rede ist von Hongkong-Action-Regisseur John Woo. Niemand vermag es besser, mit einer unverwechselbaren Handschrift, so viele Bösewichte in perfekter künstlerischer Art ins Jenseits zu befördern. Nicht umsonst gilt er als Inbegriff des „heroic bloodshed“ (ein Subgenre des Actionfilms). Unzählige Filme und Regisseure kopieren heute den Stil von Woo, um ihre Action so galant wie möglich in Szene zu setzen. Woo selber hatte in Hollywood allerdings einen recht schlechten Start. Mit seinen anfänglichen Werken Harte Ziele sowie Operation: Broken Arrow hatte er die Erwartungen der Fans nur zum Teil erfüllen können. Zu groß war die Umstellung auf amerikanische Produktionsverhältnisse. Erst mit dem opulenten Im Körper des Feindes, konnte der Meister zu alter Stärke zurück finden. Die Geschichte um zwei Todfeinde, die ihre Körper tauschen, stellt einen Meilenstein des Hollywood-Action-Kinos da.
Das John Woo den gewissen überdramatischen Einfluss mit in sein Action-Werk nimmt, wird schon bereits am Anfang sehr deutlich. Mit völlig überzeichneten Figuren, einer doch sehr fantastischen Grundidee sowie einem hohen Bodycount treibt der Action-Virtuose seine Handlung voran. Durch die hervorragend dichte Inszenierung passen sich alle Elemente einander an, dass eine wahre Oper aus Feuerwerk, schießwütigen Charakteren sowie witzigen wie dramatischen Dialogen entsteht. Die Körpertauschthematik ist hier nur ein Stilmittel und bedient keinerlei Anspruch auf Realität. Sie dient dazu John Travolta und Nicolas Cage die ultimative Bühne der Darstellung zu geben. Jeder von ihnen darf mal den Guten und mal den Bösen mimen. Das daraus entstehende Thriller-Drama bietet eine intelligente, dramatische Geschichte über Schuld, Vergeltung sowie Familie, das zusammen mit seinen emotionalen Eindrücken den Hollywood-Action-Klassiker schlechthin darstellt.
Überhaupt ist die Fixierung von Woo auf seine beiden Hauptprotagonisten ein Geniestreich in Sachen Erzählkunst. In perfekter Symbiose erzählt er die beiden Geschichten der unterschiedlichen Charaktere, fügt sie zusammen, tauscht ihre Rollen und lässt sie sich zusätzlich bis aufs Blut bekämpfen. Dabei sind zeitweise die Grenzen zwischen Gut und Böse sogar verschwommen. Jeder führt auf seine Weise einen Feldzug gegen den anderen. Wie viel diese jeweils kosten ist völlig egal, nur die blanke Rache zählt. Eine beinah beängstigende Symmetrie legt Regisseur Woo dabei an den Tag. Besonders wenn sich beide Todfeinde gegenüberstehen, zwischen ihnen nur ein doppelseitiger Spiegel mit dem jeweiligen Spiegelbild, wird dies zum Synonym dafür, dass trotz der Unterschiedlichkeit der Figuren sich beide in vieler Hinsicht ähneln.
Sieht man sich jeden John Woo Film hintereinander an, wird man ein ständiges Déjà-Vu-Gefühl in Sachen Inszenierung und Stil bekommen. Kaum ein anderer Regisseur hat eine so markante Handschrift wie Woo. Sei es A Better Tomorrow, The Killer oder Hard-Boiled, eine stets galante Reduzierung auf das Wesentliche sowie ein hervorragender Einsatz von Kamera, Zeitlupeneffekte und Schnitt sind seine Markenzeichen. Aber auch die berühmten weißen Tauben dürfen natürlich nicht fehlen. All diese Elemente finden auch ihren Weg in Face Off. Die Actionszenen die Woo dem Zuschauer präsentiert wirken nie aufgesetzt, sondern meist unausweichlich. Es muss zum erbitterten Kampf kommen. Und genau hier spielt der Hongkong-Regisseur seine Trümpfe aus. Wenn die Figuren so majestätisch wie möglich durch die Luft springen, sich drehen, handwerklich perfekt teils ganze Inneneinrichtungen zu Kleinholz verarbeiten, dann wird einem als Zuschauer ein Feuerwerk dargelegt, dass einen so schnell nicht loslässt. Das Ganze passend untermalt mit Zeitlupen und einem unverwechselbaren Score, hat Woos Actionkrachwerk zeitweise den Titel The Biggest Action Movie Ever eingebracht. Darüber lässt sich besonders in Hinblick auf John Woos frühere Produktionen zwar streiten, dennoch stellt Im Körper des Feindes eine klare Genreperle da, die mit dem Stilmittel Action hervorragend umzugehen weiß. Dass beim hohen Bodycount sowie den teils desaströsen Explosionen, immer ein wenig typische Hongkong-Übertreibung mit im Spiel ist, muss man dabei allerdings akzeptieren. Lässt man sich aber darauf ein, ist ein Nonstop-Action-Vergnügen garantiert.
Damit so eine Geschichte, die auf beide Hauptprotagonisten fixiert ist, auch durchweg funktionieren kann, braucht man zwei Darsteller, die zueinander in perfekter Harmonie spielen können sowie das gewisse Etwas haben. Cage und Travolta erfüllen die Voraussetzungen hierbei mühelos. Und das gewisse Etwas ist einfach die unglaublich Coolness, mit dem beide ihre Rollen anlegen. Hierbei kann jeder von ihnen mal den Helden, mal den Bösen mimen. Immer stets in konsequenter Überzeichnung. Travolta zeigt sich anfangs vom Schmerz verfolgt, vor Trauer zerfressen, aber auch gehetzt von seiner Rache. Hingegen spielt Cage den durch geknallten Soziopaten, mit dem gewissen Hang zum Wahnsinn. Sobald jedoch der Körpertausch vollzogen ist, wandeln sich die Figuren. Jeder übernimmt die Rolle des jeweiligen anderen, darf aber dennoch hin und wieder in seine alte Rolle schlüpfen und so stets ein breites Spektrum ausschöpfen. Man sieht beiden förmlich an, wie viel Spaß sie beim Drehen ihrer facettenreichen Rollen hatten. Sei es John Travolta der sich engelsgleich mit leichten Schritten in einer Kirche seinen Feind stellt oder Nicolas Cage, der sich auf Drogen an seine wahre Identität zu erinnern versucht, dabei aber eher den Verstand zu verlieren scheint.