„Er braucht die Gehirne, aber ich brauche seinen Saft. So einfach ist das.“
Der Beginn einer (naja, so ganz dann doch nicht) wundervollen Freundschaft: Elmer (eigentlich Aymer, aber relativ wurscht, wird sich wohl nie ausweisen müssen), ein schnuckeliger, sprechender, wurmiger Parasit bückst aus der Badewanne des alten Ehepaares aus, die ihn wie ein Haustier halten, da er genug von den langweiligen, nicht besonders nahhaften Tierhirnen hat, die sie ihm zum Fraß vorsetzen. Ein neues Zuhause findet er bei Nachbar Brian (Rick Hearst, Crossing the Line) wo er sich ungefragt einnistet. Zumindest stellt sich Elmer hinterher höflich vor und überzeugt seinen neuen Wirt mit seinem bezirzenden Charme, sich auf das unnachahmliche Erlebnis einzulassen, das die Symbiose mit ihm bietet. Während das geprellte Ehepaar im panisch-kalten Entzug den Schaum vorm Maul sammelt, weiß Brian gar nicht, wie ihm geschieht. Als er erst seinen blutigen Nacken bemerkt und dann ein exzessives, nicht zu definierendes Rauschgefühl erlebt. Noch bevor seiner neuer, bester Freund ihm erst schrittweise offenbart, was er ist, was er ihm „anbietet“ und erst in letzter Konsequenz begreift der berauschte Packesel, was dies wirklich für ihn – für sie – bedeutet.
Frank Henenlotter (Basket Case-Trilogie) schuf mit Elmer (im Original Brain Damage, was die Doppeldeutigkeit seines Films schon im Titel zum Ausdruck bringt) ein groteskes Unikat, irgendwo zwischen David Cronenberg (Videodrome) und Troma, das einen mehr als einmal in leicht fassungsloses Staunen versetzt. Was als ausgeflippter, jedoch jederzeit unglaublich uriger Blödsinn beginnt, entwickelt sich zu einer ungeahnt hintergründigen, sogar recht cleveren Allegorie auf Drogen- und Suchtproblematik. Feinschmecker Elmer (sieht aus wie eine Hand in einem mit Teer überzogenen Tennissocken, mit aufgeklebten Augen und Gummizähnen), der seine Bregenwurst am liebsten ohne Wurst drumherum und direkt aus dem Schädel frisst, sorgt bei Gastwirt Brian für Dauer-Disco und unendliches Glücksgefühl, nimmt ihm alle lästigen Dinge wie Sorgen, Gedanken oder freien Willen ab, fordert im Gegenzug nur frisches Menschenhirn. Eine Win-Win-Situation, solange man sich nicht der Folgen gewahr wird und sich nur dem euphorisierenden Rausch hingibt. Schwierig wird das Ganze dann, wenn man den ungeliebten Gast wieder loswerden möchte. Cold Turkey der schlimmsten Sorte ist die Konsequenz, die Abhängigkeit zum zerstörerischen Freudenspender zu groß, der zu allem Überfluss noch mit seinem Sirenengesang aus dem Waschbecken lockt. Und dann wären da ja noch die Vorbesitzer, denn wer einmal von Elmer’s zauberhaften Saft genascht hat, braucht ihn immer wieder.
„Das ist der Beginn deines neuen Lebens. Eines Lebens ohne Sorgen, Schmerzen oder Einsamkeit. Eines Lebens, das stattdessen erfüllt ist mit Farben, Musik und Euphorie. Eines Lebens des Lichtes und der Freude!“
Wenn Ecstasy sprechen könnte…
Wüster Blödsinn oder intelligenter Body-Horror mit subversiven, sexuellen Querverweisen (elegant, wie Henenlotter hier einen eindeutigen Blowjob als Splatter-Szene verhökert und damit wenigstens die US-Sittenwächter komplett verarscht)? Beides und sogar eher letzteres. Selbstredend ist Elmer keine große (Genre)Kunst, aber ein durchaus prägnantes, auf seine Art fast einzigartiges Werk, das lässig mit Elementen und Anspielungen hantiert und neben seiner klugen Referenzen mit saftigen Gore-Effekten auftrumpft. Ein Film, wie er so kaum heute noch reproduzierbar wäre. Was nur für ihn spricht.