Es ist wieder so weit. Der Fortbestand der Menschheit wird durch ungebetene Besucher aus dem Weltall bedroht. Es ist nicht das erste Mal und wird mit absoluter Sicherheit auch nicht das letzte Mal gewesen sein. Viele der extraterrestrischen Übergriffe, die der (Film)Kosmos für uns bereithält, geschehen anfänglich im kleinen Stil oder gar im Geheimen. Manche davon folgen einem groß angelegten Plan sowie bei Die Dämonischen. Wieder andere sind eher dem Zufall geschuldet, so etwa bei Slither. Offen geführte Invasionen wie in Independence Day sind ebenfalls keine Seltenheit. Oft werden die Kämpfe gegen uns mit überlegener Technologie geführt (Mars Attacks), aber Zähne und Klauen (Kosmokiller) sind ebenfalls keine Seltenheit. In die letzte Kategorie fällt dann auch der vom chinesischen Regieneuling Hui Yu stammende Mori jiuyuan, der hier bei uns unter dem Titel Earth Rescue Day veröffentlicht wurde.
In Earth Rescue Day erhalten die ErdenbürgerInnen (im Speziellen die chinesische Bevölkerung) unangemeldeten Besuch von einem schwebenden Monster gigantischen Ausmaßes. In seinem Schlepptau hat der Riesen-Kun, so der Name, den das Wesen erhält, scharenweise deutlich kleinere Kuns. 20 Jahre später ist nichts mehr, wie es einmal war. Der Mensch hat den Kampf verloren. Die Erdoberfläche liegt in Trümmern. Die letzten Überbleibsel der Menschheit haben sich im wahrsten Sinne des Wortes in den Untergrund verzogen. Dort wurde ein waghalsiger Plan zur Rettung der Menschheit geschmiedet, der nun von einer Handvoll SoldatInnen in die Tat umsetzen werden will. Der Zufall in Form eines abgelaufenen Kaugummis will es so, dass drei ZivilistInnen sich an dem Vorhaben beteiligen. Unter ihnen Mo Fei, der seinen Lebensunterhalt mit Ausflügen an die zerstörte Oberfläche bestreitet, um von dort lieb gewonnene Antiquitäten wie Gameboys oder Sonnenbrillen mitzubringen, für die auf dem Schwarzmarkt gutes Geld bezahlt wird.
Die Story rund um die Rettung der Welt klingt erst einmal wenig originell. Schließlich hatten wir das schon in unzähligen Werken wie The Great Wall, Pacific Rim, The Tomorrow War oder im weitesten Sinne auch bei Starship Troopers. Fans von Science-Fiction-Spektakeln respektive monströsen Alien-Invasionen stört dies aber keineswegs. Insbesondere dann nicht, wenn ein Film bezüglich des „Kriegs“ in die Vollen geht und abseits einer dramatischen Geschichte noch spektakuläre Gefechte in Verbindung mit einer gewaltigen Zerstörungsorgie bietet. Letztere bleibt im Falle von Earth Rescue Day allerdings aus. Wir erleben zwar den Auftakt der Zerstörung einer Stadt durch den Riesen-Kun, was u. a. an Cloverfield erinnert, doch bevor es richtig interessant wird, befinden wir uns bereits zig Jahre in der Zukunft. Dort bieten sich ein Bild, das frappierend an Werke wie Das fünfte Element oder Blade Runner erinnert.
Wir sehen schier endlose Wohnblöcke, tiefe Hochhausschluchten, haufenweise bunte Leuchtreklame sowie durch die Lüfte fliegende Autos. Die reinste Mega-Großstadt und alles inmitten einer derart enormen Höhle gelegen, dass einem direkt Godzilla vs. Kong bzw. die dort gezeigte Hohlerde in den Sinn kommt. Sonderlich schlecht scheint es den dort lebenden Menschen nicht zu gehen. Von Armut, Nahrungsknappheit oder Epidemien bekommen wir jedenfalls nichts mit. Von einem verzweifelten Überlebenskampf ist ebenfalls wenig zu spüren. Ein echter Unterschied zum Leben vor der Kun-Invasion ist, abgesehen von technischen Errungenschaften, nicht auszumachen. Eine ausführliche oder wenigstens plausibel erscheinende Erklärung zu den Hintergründen bzw. dafür, wie dies alles inmitten eines "Vernichtungskriegs" möglich wurde, erhalten wir nicht. Es wird von uns erwartet, dass wir das Szenario ohne Fragen zu stellen, annehmen. Ganz egal wie sehr uns diese auch auf der Zunge brennen mögen.
Doch wer nach Logik oder einem glaubhaften worldbuilding sucht, ist bei Earth Resuce Day an der falschen Adresse. Vielmehr wirkt Yus Film die meiste Zeit über wie ein bloßes Flickwerk aus Ideen, die von Videospielen sowie diversen anderen Filmen entliehenen wurden. Visuell präsentiert sich Earth Rescue Day dabei, wie viele andere chinesische Filme dieser Art auch, stark cgi-lastig. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn die digitalen Effekte on point wären. Sind sie in den allermeisten Fällen aber nicht. Ganz übel wird es bei einer motorisierten Verfolgungsjagd oder wenn größere Mengen der Kuns in Erscheinung treten. In diesen Momenten ist Earth Rescue Day visuell deutlich näher an einem (nicht gerade neuen) Videospiel als an einer Realverfilmung. Der Atmosphäre kommt dies selbstverständlich nicht gerade zugute. Trotzdem gibt es auch einige stimmungsvolle Ausnahmen. So zum Beispiel eine Sequenz, in der die ProtagonistInnen durch die Überbleibsel eines eingeschneiten Jahrmarkts schleichen.
Was die Action angeht, gibt es leider ebenfalls wenig Herausragendes zu vermelden. Zwar sind eins, zwei gute Einfälle dabei, die Mehrheit der ohnehin nicht gerade allzu häufig vorkommenden Actionszenen ist jedoch uninspirierte Standartkost. Der Löwenanteil besteht lediglich aus stupider Ballerei, bei der aus allen Rohren auf regelrechte Wellen von anrückenden (und meist mäßig animierten) Kuns gefeuert wird. Mitreißend ist das nicht. Zumal einem die Figuren mit ihren hauchdünnen backstories ohnehin komplett egal sind. Nichtsdestotrotz wird um das Ableben von Charakteren ein riesiges Tamtam veranstaltet, wobei man sich in Pathos gesuhlt und mächtig auf die Tränendrüse drückt. Das wirkt nicht nur maßlos überzogen, sondern stellenweise geradezu peinlich sowie in der Tonalität unausgewogen. Denn mal will Earth Rescue Day übertrieben komödiantisch sein, dann wieder rührselig, um nicht zu sagen theatralisch. Letztendlich funktioniert nichts davon.