Wird es Paul Schrader überhaupt noch einmal vergönnt sein, einen Film von der Prä- bis zur Post-Produktion vollständig unter seine Fittiche nehmen zu dürfen und das Endprodukt so guten Gewissens autorisieren zu können? Na gut, ganz schlimm ist es nicht, die Querelen um die chaotischen Dreharbeiten zu „Dominion: Exorzist – Der Anfang“, dem Prequel zu William Friedkins „Der Exorzist“, stehen aber immer noch beharrlich in der Luft. Schrader, eines der letzten Reliquien glorreicher New-Hollywood-Tage, hatte früh seinen Ruf als sturer Trotzkopf weg, dass er nun mit „Dying of the Light“ erneut vordergründig durch Differenzen mit dem Studio auf sich aufmerksam macht, passt da ins inzwischen festgefahrene Bild des Mannes, der uns die großartigen Drehbuchvorlagen zu den Martin Scorsese Klassikern „Taxi Driver“und „Wie ein wilder Stier“ geschenkt hat. Von der Fertigstellung des finalen Feinschnitts ausgeschlossen, ist „Dying of the Light“ nun vor allem ein Film geworden, der Schraders künstlerischer Vision absolut nicht gerecht wird.
Und diese Vision ist durchaus vorhanden gewesen, nicht umsonst hat sich die partizipierende Prominenz entrüstet über die Impertinenz des Studios gezeigt (→ http://bit.ly/1zf11mS) und an die künstlerische Freiheit innerhalb eines Entstehungsprozesses eines jeden Filmschaffenden appelliert. Nicolas Winding Refn („Only God Forgives“) war zu Anfang noch als Regisseur für das Projekt vorgesehen, in der Hauptrolle sollte da nochHarrison Ford („Jäger des verlorenen Schatzes“) fungieren, der zeigte sich aber unzufrieden über den letzten Akt des Skriptes. Immerhin noch Produzent mit an Bord gewesen, hat Refn Platz für Paul Schrader gemacht, dem mit Nicolas Cage („Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen") und Anton Yelchin („Stark Trek Into Darkness“) zwei Schauspieler zur Verfügung standen, die durchaus in der Lage sind, darstellerische Duftmarken zu setzen, wenn sie denn anständig gecastet wurden. Um es gleich vorweg zu nehmen: Anton Yelchin ist als CIA-Greenhorn Milton Schultz fehlbesetzt, sein milchbärtiges Babyface stellt sich permanent jedwedem Ansatz charakterbezogener Authentizität in den Weg.
Mit Nicolas Cage ist das da schon ganz anders. Sicher hat seine Person unter der Mitwirkung unausstehlicher Schleuderware gelitten, man darf nur nicht außer Acht lassen, dass Cage ein Vollblutschauspieler ist und immer bleiben wird. Gibt man ihm die Chance, einer Figur seinen individuellen Stempel aufzudrücken und diesen dann homogen in die Geschichte einzubringen, ist der Mann eine Bank. Als alternder, an fronttemporaler Demenz leidender CIA-Agent Ewan Lake macht Cage seine Sache natürlich solide, mit graumelierter Frisur und unübersichtlicher Narbe am Ohr, die ihm sein indes selbst todkranker Widersacher Muhammed Banir (Alexander Karim) unter Folter zugefügt hat, ist Nicolas Cage letztlich auch der einzige Grund, warum man sich „Dying of the Light“ ansehen könnte, wenngleich ihm die Möglichkeit zum Freidrehen nicht gewährleistet wird. Von seinen Vorgesetzten nicht mehr sonderlich ernst genommen und dafür bezichtigt, Geistern der Vergangenheit hinterherzujagen, ist Ewan davon überzeugt, dass Banir noch unter den Lebenden weilt und er für seine terroristischen Taten endlich zur Rechenschaft gezogen werden muss.
Immer mal wieder flammt er auf, der künstlerische Gedanke Schrader, der mit Sicherheit kein so dermaßen nach Strich und Faden konfektioniertes Lüftchen im Schilde geführt hat, sondern wohl auf ein substantielles Charakter-Drama bauen wollte. Nicolas Cage lässt in einzelnen, rar gesäten Augenblicken die emotionale Tiefe seines Ewan Lake hervorschimmern, einem Menschen, der noch auf Werte baut, zum Kampf gegen die Vergangenheit aber nicht nur aus Rachegelüsten ansetzt, sondern auch aus dem aus der Verzweiflung keimenden Versuch, der eigenen Persönlichkeit nicht zu entgleiten und zu Staub zu zerfallen. Das antagonistische Duell dient „Dying of the Light“ auch als spiegelnde Projektionsfläche beider Oppositionen und bringt sie durch die anvisierte Parallelisierung nach und nach auf einen Nenner. Was aus „Dying of the Light“ aber letzten Endes geworden ist, ist obligatorische Schleuderware, die jedem dienlichen Anlaufpunkt einen massiven Riegel vorschiebt, eine mächtig verwässerte Systemkritik aufbereitet und Ideale zur Ideologie heranwachsen lässt, in dem die Wahrung von jenen Werten nur über Gewalt hergeleitet werden kann.