„Wenn ich ein besserer Geschäftsmann als Menschenjäger wäre, würde ich dich im Zirkus vorführen.“
Seinerzeit als künstlerischer wie kommerzieller Misserfolg verschrien, sollte Michael Cimino das New-Hollywod-Kino mit seinem visionären Mammutwerk Heaven's Gate - Das Tor zum Himmel endgültig unter sich begraben. Die desaströse Produktionsgeschichte, die Bücher füllen hätte können, wurde mit einer Lawine der Ablehnung veredelt, die nicht nur aufzeigt, dass das damalige Publikum noch nicht bereit war für ein derart gewichtiges Stück filmischer Ewigkeit, sondern auch, dass sich die schöpferische Sprengkraft eines Filmschaffenden zuweilen erst dann entfalten kann, wenn er zum Scheitern verurteilt ist. Ähnliches gilt auch für den vier Jahre zuvor erschienen Duell am Missouri von New-Hollywood-Urgeistein Arthur Penn (Bonnie & Clyde). Die Hintergründe der Dreharbeiten müssen, nicht zuletzt Dank des aufsässigen Marlon Brando (Der Pate), eine Katastrophe gewesen sein, das Echo des Feuilleton viel entsprechend vernichtend aus. Der Film allerdings ist ein hochinteressanter.
In einer Zeit, in der der Western auf der Leinwand bereits in einer dekonstruktivistischen Phase angekommen war, sollte sich das Publikum immer noch dem Status Quo des Mythen-verhangenen Genres verpflichtet zeigen. Die moralische Reinheit von Howard Hawks Klassiker Rio Bravo sollte nicht der Vergangenheit angehören, doch im Lichtspielhaus wurde die aufrichtigen Ideale der amerikanischen Nation unter Leichen begraben. Duell am Missouri ist ein Ergebnis dieser Epoche – und somit auch das Resultat des Missverständnisses zwischen Kunst und Zuschauerschaft. Arthur Penn, dem das Projekt zusehends aus den Händen glitt, weist hier eine auffällige Motivation dahingehend auf, inszenatorisch (größtenteils) konsequent an den Konventionen des klassischen Western vorbeizumarschieren, obgleich die Handlung um marodierende Pferdediebe, die es mit einem Kopfgeldjäger zu tun bekommen, in ihren Grundzügen ungleich altbackener anmutet.
Duell am Missouri jedoch legt wenig Wert auf die vordergründige Spannung, die dem Rahmen der Geschichte eingeschrieben ist, und fokussiert sich auf die mehrschichtigen Charaktere, deren moralische Abstimmung kontinuierlich schwankt. Tom Logan (Jack Nicholson, Einer flog über das Kuckucksnest) ist Anführer einer Bande Gauner und wäre im traditionellen Western sicherlich als Antagonist eingeführt worden. Hier allerdings fungiert er als Protagonist, verschreibt sich einem niederträchtigen Gewerbe, kann vom Zuschauer aber nicht verdammt werden, weil er Beweggründe für sein Handeln besitzt – was ihn nicht weniger schuldig macht. Die Schwierigkeit, beziehungsweise, das Wunderbare an Duell am Missouri, ist, dass er sich klaren Gut-und-Böse-Zuschreibungen verweigert. Wenn mit Robert E. Lee Clayton (Marlon Brando) der Regulator die historische Bühne betritt, der Logan zur Strecke bringen soll, wird dieses ambivalente Figurenverständnis weitergehend potenziert.
Wenn Duell am Missouri also mit dem integren Wertesystem des traditionellen Western, dem Heimatfilm, aufräumt, dann bezieht sich das primär auf die Persönlichkeitsstruktur dieser eigenwilligen Akteure, die durch ihre klaffenden Widersprüche eine einnehmende Charakterdynamik entwickeln und die Suche nach der erlösenden Heldenrolle durch ihre differenzierten Wesen unterminieren. Dass sich Arthur Penn in diesem Psycho-Duell zweier Männer, die sich beide auf ihre Weise methodisch auf ihr Ziel zubewegen, auch immer wieder humoristische Ausreißer erlauben kann, ohne das in seiner Zweifelhaftigkeit beunruhigende Klima des Geschehens zu verwässern, liegt an der angenehm-diffusen Tonalität der Erzählung. Als ein Werk, welches sich irgendwie zwischen die Stühle gesetzt hat, konnte es nur den Missmut des Zuschauers auf sich ziehen, dabei liegt in dieser inneren Zerrissenheit eine bereichernde Faszination, die sich eben nur aus dem Scheitern an sich selbst ergeben kann.