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Inhalt

Die erfolgreiche Rechtsanwältin Anne lebt ein perfektes Leben. Gemeinsam mit ihrem Mann Peter – einem erfolgreichen Arzt – und ihren beiden Töchtern wohnt sie in einem wunderschönen Haus. Als Peter eines Tages beschließt, seinen 16-jährigen Sohn Gustav bei sich aufzunehmen, der bislang bei seiner Ex-Frau lebte, will Anne dem rebellischen Teenager ein liebevolles Zuhause bieten. Doch schon bald empfindet sie mehr für Gustav als nur mütterliche Gefühle. Was als spielerischer Flirt beginnt, wird schon bald zu einer leidenschaftlichen Beziehung, die droht, alles zu zerstören, was Anne und Peter sich aufgebaut haben.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Es kaum eine andere Sexualphantasie, die durch die Pornographie in den letzten Jahren derartig geprägt und konditioniert wurde, wie das verbotene Stelldichein mit der eigenen Steifmutter. Wählt man sich in die Kategorie MILF ein, dann trifft man hier vornehmlich auf aufreizende, ältere Damen, die sich auf (sehr) jung aussehende Männer einlassen, um sich das zu holen, wozu Papa nachts im Ehebett die Standhaftigkeit fehlt. Der Reiz des Verbotenen thront wie ein Damoklesschwert über diesem erotischen Szenario. Nun ist mit Königin von May el-Toukhy (Die Erbschaft) ein Film erschienen, der sich genau diesem sündigen Gedankenexperiment annimmt. Anstatt sich jedoch als enthemmtes Lustspiel zu begreifen, lotet das psychologische Drama moralische Grenzen aus – und liefert simultan dazu einen ungemein spannenden Kommentar zur MeToo-Tagesakutalität ab.

Im Zentrum steht hier die erfolgreiche Anwältin Anne (Trine Dyrholm, Who A I – Kein System ist sicher), die mit ihrem Mann Peter (Magnus Krepper, A Cure for Wellness) und ihren gemeinsamen Zwillingstöchtern wohlbehütet in einem luxuriösen Anwesen irgendwo am dänischen Waldesrand lebt. Mit dem Einzug des 16-jährige Gustav (Gustav Lindh, Die Tage, an denen die Blumen blühen), Peters Sohn aus einer früheren Beziehung, gerät die heimisch-gutbürgerliche Ordnung der vierköpfigen Familie nicht nur ins Wanken. Anne und Gustav beginnen eine Affäre – die Katastrophe ist vorprogrammiert. Interessant an Königin ist dabei nicht nur das psychologisch-aufgeladene Spannungsgeflecht, welches sich selbstredend den Mechanismen des Suspense-Kinos bedient und den mitwissenden Zuschauer mit der auch für ihn bedrohlichen Frage konfrontiert, wann die Wahrheit ans Licht kommt.

Königin formuliert auch eine ins geschlechtliche Gegenteil verkehrte Betrachtung der MeTo-Bewegung. Nachdem diese in schockierender Deutlichkeit an die Oberfläche getragen hat, dass Geschlechtsverkehr eben nicht nur Triebabfuhr ist, sondern vor allem ein überaus wirksamen Instrument, um Machtgefälle zu verdeutlichen. Genau auf diese Art und Weise nutzt Anne den Sex mit Gustav: Als Werkzeug der Zerstörung, jenseits von Moral und Ratio. Damit führt May el-Toukhy nicht nur die berufliche Position der Rechtsanwältin Anne im Privaten ad absurdum, wenn diese Gustav darauf einstellt, dass ihm als vorbestrafter Minderjähriger wie ganz selbstverständlich jedwede Glaubwürdigkeit aberkannt wird, sollte er versuchen, die Affäre an die Öffentlichkeit bringen zu wollen. Königin verweigert seinem Zuschauer auch jegliches Identifikationspotenzial mit Anne, wenn die mit eisiger Autorität geflissentlich das Leben eines jungen Menschen in Trümmer schlägt.

Trotz der streng-unterkühlten Formalität, mit der May el-Toukhy Königin über fast 130 Minuten in Szene setzt, gelingt es dem Film, seine Zuschauerschaft zu fesseln. Das liegt nicht nur an der erzählerischen Präzision, mit der el-Toukhy ihre Charakterstudie formuliert, wenn sie die schwerwiegenden Schattenseiten menschlichen Fehlverhaltens offenbart. Es ist vor allem die grandiose Performance seitens Trine Dyrholm, die Königin zu einer echten Erfahrung macht. Gleichermaßen verführerisch, neugierig und kalkulierend, liefert die 48-jährige Schauspielerin eine Darbietung ab, die beeindruckendes Unbehagen heraufbeschwört. Eine Frau, der man ins Netz gehen würde, letztlich aber nur aus dem Grund, weil sie es so beabsichtigt. Damit beweisen May el-Toukhy und Trine Dyrholm einmal mehr, dass hinter dem gepflegten Schein des Geborgenen, Souveränen und Privilegierten im besten Fall nur etwas Listiges, zumeist aber auch etwas Vernichtendes lauert.

Fazit

Das bittere Nachspiel eines Stepmom-Pornos. May el-Toukhy lotet mit ihrem psychologisch-aufgeladenen Drama "Königin" nicht nur gekonnt moralische Grenzen aus, sondern schafft es auch, dieses vom Reiz des Verbotenen beseelte Spannungsgeflecht in einen packenden Gegenwartskommentar zu verpacken. Darüber hinaus liefert Trine Dyrholm eine sensationelle Performance als verführerisch-berechenende Lebenszerstörererin.

Kritik: Pascal Reis

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