Inhalt
Tagsüber sitzt Jan an der Supermarktkasse, abends hilft sie im Pub des kleinen walisischen Dorfes aus, in dem sie lebt. Die Kinder sind aus dem Haus, ihr Ehemann Brian schaut kaum noch vom Fernseher auf und auch sonst ist ihr Alltag alles andere als aufregend. Doch Jan hat einen Traum: Sie will ein eigenes Rennpferd züchten. Obwohl sie weder finanzielle Mittel noch Erfahrung mitbringt, gelingt es ihr, sowohl Brian als auch den Buchhalter Howard für die Idee zu begeistern. Gemeinsam beschließen sie ein Syndikat zu gründen, das die Kosten für ein Pferd miteinander teilt. Das irrwitzige Projekt reißt die gesamte Nachbarschaft aus ihrer Lethargie und schnell findet sich eine skurrile Gruppe, die sich mit einem Zehner pro Woche beteiligt. Tatsächlich wird bald darauf ein Fohlen namens Dream Alliance geboren …
Kritik
Wenn man den Titel des Films hört, könnte man denken: „Nicht schon wieder ein Pferdefilm.“ Dream Horse ist aber kein Teenie-Pferdefilm, bei dem die innige Beziehung zwischen einem Pferd und einem Mädchen im Mittelpunkt steht. Das Pferd Dream Alliance gibt dem Film zwar seinen Namen und spielt auch eine wichtige Rolle, aber es steht nicht im Vordergrund. Es ist vielmehr ein Film, in dem es um Zusammenhalt, Freundschaft und Hoffnung einer Dorfgemeinschaft geht. Dream Horse basiert auf einer wahren Geschichte und als Grundlage diente Regisseur Euros Lyn (Capital - Wir sind alle Millionäre) der Dokumentarfilm Dark Horse: The Incredible True Story of Dream Alliance aus dem Jahre 2015.
In dem kleinen walisischen Dörfchen sind die Menschen nach der Schließung der örtlichen Mine desillusioniert. So geht es auch der Hauptfigur Jan (Toni Collette, Little Miss Sunshine), die in ihrem trostlosen Leben und ihrer trostlosen Ehe gefangen zu sein scheint. Früher hatte sie Tauben und Hunde gezüchtet und nun hat sie den großen Traum ein Rennpferd zu züchten. Sie ist es, die mit ihrer Begeisterung die Gemeinschaft mitreißt und daran fest hält, dass alle Träume wahr werden. Die Dorfbewohner selbst sorgen immer wieder für witzige Momente, etwa der Dorftrunkenbold, der plötzlich ohne Hose herumläuft oder die ganze Dorfgemeinschaft, die zum elitären Pferderennen anreist und weder äußerlich noch vom Benehmen in die hochtrabende Gesellschaft der Pferdeliebhaber passt. Auch wenn nicht jeder Gag zündet, der Film bewahrt trotzdem stets seinen Charme.
Viele überraschende Momente hat der Film hingegen nicht zu bieten. Es ist die klassische Underdog-Story, die so oder so ähnlich in vielen Sportfilmen vorkommt. Aber die Geschichte um das Pferd Dream Alliance hat sich genauso ereignet, sodass Regisseur Lyn hier nicht viel Handlungsspielraum blieb. Es ist eine gute Familienunterhaltung und ein absoluter Feel-Good-Movie, den man einfach genießen kann, wenn man nicht zu viel erwartet. Die Story ist durchgehend schlüssig und es gibt Höhepunkte und dramatische Ereignisse. Besonders hervorzuheben sind Toni Collette und Owen Teale (King Arthur) als Jan und Brian Vokes. Diese sind in ihren Rollen absolut authentisch, und zwar nicht nur schauspielerisch, sondern auch optisch. Die Maskenbildner haben wirklich eine hervorragende Arbeit geleistet, wovon sich jeder selbst überzeugen kann, der sich auch den Abspann ansieht.
Toni Collette versprüht immer wieder einen Optimismus, der nicht nur die Dorfbewohner im Film mitreißt, sondern auch den Zuschauer. Glücklicherweise hat sie die Rolle bekommen und nicht Catherine Zeta-Jones (Rock of Ages), die aufgrund ihrer walisischen Herkunft zuerst für die Rolle vorgesehen war, aber den Produzenten dann doch zu glamourös erschien. Das Zusammenspiel, gerade mit Owen Teale, ist derart überzeugend, dass man beiden das Ehepaar abkauft, das schon viele Jahre verheiratet ist und bei dem vieles zur Routine wurde. Trotzdem unterstützen sich die beiden immer noch gegenseitig. Brian ist ein großer Rückhalt für Jan und er schafft es sie auch nach Rückschlägen immer wieder aufzubauen.
Die Nebenrollen der Dorfbewohner sind charmant besetzt mit sympathischen Figuren. Nur die von Damian Lewis (Band of Brothers) verkörperte Figur des Howard Davies wirkt teilweise etwas fehl am Platz. Für die Handlung ist er durchaus wichtig und auch diese Figur hatte ein reales Vorbild, aber irgendwie wirkt er in vielen Szenen zu aufgesetzt. Oft hat er ein Lächeln auf den Lippen, das so manches Mal nicht zur Handlung passt. Vielleicht war es nur ein gutes Rollenstudium und der echte Howard Davies ist genauso, aber auf den Zuschauer wirkt es doch manchmal befremdlich. Wenn über Leben oder Tod des Pferdes diskutiert wird, dann passt dieser Gesichtsausdruck irgendwie nicht. Gerade diese Momente wirken auch in anderer Hinsicht etwas merkwürdig, wenn eine schnelle Entscheidung erforderlich ist und der Regisseur aus dramaturgischen Gründen eine lange Diskussion zwischen den Dorfbewohnern entfachen lässt.
Die Inszenierung der Szenen mit dem Pferd bzw. bei den Pferderennen sind Regisseur Lyn, der zuvor hauptsächlich für das Fernsehen drehte, hingegen gelungen. Auch wenn diese Szenen bei Weitem nicht den Raum einnehmen, wie etwa bei Seabiscuit, zeigt Lyn, wie ein spannendes Rennen inszeniert werden muss. Was man von Dream Horse nicht erwarten darf, ist Kritik am Pferderennsport selbst, obwohl sich aus dem Film (und auch der wahren Geschichte von Dream Alliance) Diskussionsstoff über den Umgang mit den Pferden im Rennsport ergeben würde. Jedoch hätte eine solche Kritik der Leichtigkeit des Films geschadet.
Fazit
„Dream Horse“ist alles in allem eine nette Familienunterhaltung und sehenswert. Ein Film zum Entspannen und Träumen, der die klassischen „Filmwerte“ vermittelt, wie „glaube an dich selbst, dann kannst du alles erreichen!“ oder „tue, was du liebst, dann hast du Erfolg!“ Die schönsten Geschichten schreibt meistens das Leben selbst und die wahre Geschichte, die dem Film zugrunde liegt, macht gerade den größten Charme dieses Films aus.
Autor: Andy Mieland