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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Der bucklige und im Geiste simple Gotho stellt sich in die Dienste des Zellforschung betreibenden Prof. Dr. Orla, damit dieser seine geliebte Ilsa wieder zum Leben erweckt.

Kritik

Vermutlich war Der Glöckner der Leichenhalle, so die eigentliche Übersetzung des von Regisseur Javier Aguirre (Count Dracula's Great Love) inszenierten El Jorobado de la Morgue, für den deutschen Verleih nicht reißerisch genug. Also entschied man sich kurzerhand und vermutlich in Richtung des ein Jahr zuvor erschienen Die Nacht der reitenden Leichen schielend, für den klangvollen Titel Die Stunde der grausamen Leichen. Mit dem Inhalt des Films hat dieser Name natürlich rein gar nichts zu tun (also bitte keine wandelnden Toten erwarten). In der Hauptrolle dieser spanischen Produktion ist Paul Naschy (The Werwolf) zu sehen, der in diversen europäischen Filmproduktionen unter anderem die klassischen Filmmonster wie Graf Dracula, Die Mumie, Das Phantom der Oper oder Frankensteins Monster verkörperte. In Die Stunde der grausamen Leichen aus dem Jahr 1973 schlüpft er ebenfalls in eine Rolle, die gar nicht mal so unglaublich weit von den genannten (Kult-)Figuren entfernt ist.

Naschy spielt den buckligen, geistig eingeschränkten Gotho, der in einem kleinen deutschsprachigen Örtchen namens Feldkirch lebt. Seine Mitmenschen, seien es nun die AnwohnerInnen oder die Angestellten der Klinik, in der er arbeitet, verspotten und demütigen ihn. Die rotznäsigen Kinder des Ortes tun es den Erwachsenen auf ihre Art gleich, indem sie mit Steinen nach ihm werfen. Ein schönes Leben ist es nicht, das er führt. Einer der wenigen Lichtblicke für ihn ist die sterbenskranke Ilsa, für die er tiefgehende Gefühle hegt. Ilsa, die seit Kindheitstagen mit ihm befreundet ist, stört sich weder an seinem Erscheinungsbild noch an seiner Einfachheit. Als sie ihrer Krankheit erliegt, sucht der verzweifelte Gotho Prof. Dr. Orla auf, um diesen um Hilfe zu bitten. Da der Professor Pläne hat, bei denen der gutgläubige Gotho ihm von Nutzen sein könnte, verspricht er diesem, Ilsa wieder zum Leben zu erwecken.

Der Glöckner von Notre-Dame trifft auf Frankenstein. So in etwa ließe sich der zugegebenermaßen doch etwas klischeehafte Die Stunde der grausamen Leichen salopp umschreiben. Gotho erinnert aufgrund seines Aussehens, seiner Gefühle für die hübsche Ilsa und des Spotts seiner Mitmenschen an den französischen Kirchturmbewohner Quasimodo. Dazu kommt noch seine liebevolle Art, die sich darin manifestiert, dass er Ilsa täglich in ihrem Krankenhauszimmer besucht und sich hingebungsvoll um sie kümmert. Dabei wäre ihm allein schon durch seine Außenseiterrolle unsere Zuneigung gewiss gewesen. Letztere bleibt selbst dann noch bestehen, als er die ersten grausigen Morde an seinen Peinigern begeht. Den Part des mad scientist übernimmt der von Alberto Dalbés (Todesmarsch der Bestien) gespielte Professor Doktor Orla. Dieser ähnelt in seinem Vorhaben Figuren wie Viktor Frankenstein oder den von Autor H. P. Lovecraft erschaffenen Dr. Herbert West (Re-Animator). Orla instrumentalisiert den einfältigen Gotho um heimlich jene Experimente weiterführen zu können, die ihm erst kürzlich untersagt wurden. 

Dass Gotho um die Existenz von geheimen Katakomben sowie deren Zugängen weiß, kommt ihm dabei gerade gelegen. Kurzerhand werden sämtliche für die Versuche benötigten Aperturen dorthin geschafft. Nun kann Orla seine Arbeit, die im Verlauf immer unethischere Züge annehmen wird, ungestört und vor allem ungesehen durchführen. Sein erklärtes Ziel ist es, künstliches Leben zu erschaffen, wodurch die Geschichte zum Ende hin sogar zu einem gewissen Maße Züge eines Creature-Feature-Films annehmen wird. Bis es so weit ist, gestaltet sich Die Stunde der grausamen Leichen recht unterhaltsam. Das Tempo mag zwar nicht allzu hoch sein und das Geschehen drückt einen auch nicht unbedingt vor Spannung in den Sitz, aber interessant genug, damit man geistig fokussiert bleibt, ist das Treiben allemal. Dies liegt zu großen Teilen an der tragischen Figur des Gotho, der von Naschy äußerst überzeugend und menschlich dargestellt wird. Eine schauspielerische Leistung, für die er mit dem französischen Georges-Méliès-Award als bester Schauspieler ausgezeichnet wurde. 

Außerdem vermag die Geschichte mit ihren bereits erwähnten Versatzstücken eine gewisse Faszination zu versprühen (obgleich die Thematik des Erschaffens von Leben nur sehr oberflächlich behandelt wird). Einen großen Anteil daran haben dabei die Kulissen, vor denen der Film spielt. Das deutsch anmutende Städtchen, eine feuchtfröhliche Schenke sowie das nahe gelegene Krankenhaus samt Leichenhalle sind allesamt nett in Szene gesetzt. Gedreht wurde nicht etwa im Filmstudio, sondern an echten Schauplätzen, was sich natürlich positiv auf die Atmosphäre auswirkt. Vor allem die Katakomben sind es, die zu gefallen wissen. Besonders dann, wenn sämtliche wissenschaftlichen Gerätschaften inklusive blubberndem Säurebad inmitten der ansonsten mittelalterlich anmutenden Räumlichkeiten aufgebaut wurden. Wie die moderne Technik da so neben den historischen Folterwerkzeugen steht, das hat schon was. Da verkneift man sich sogar die Frage, woher zum Teufel, denn bitte der Strom kommen soll. Und wenn einem etwas schon zur Verfügung steht, wird es natürlich auch eingesetzt. 

Dementsprechend finden im Verlauf des Films nicht nur die Säure, sondern ebenso eine Eiserne Jungfrau Verwendung. Was die Gewaltdarstellung angeht, präsentiert sich Aguirres Film ausgesprochen freizügig. Hier werden nicht nur Körperteile abgetrennt, sondern da hängen auch schon einmal die Gedärme aus dem Bauch heraus. Dass mit einem simplen Messerchen durch Knochen geschnitten werden kann, gilt es dabei zu verzeihen. Unentschuldbar ist es hingegen, dass für den Film lebendige Ratten in Brand gesetzt wurden. Derartiges stellt ein absolutes Nogo dar und ist einfach nur verachtenswert. Davon einmal abgesehen ist Aguirre mit Die Stunde der grausamen Leichen jedoch ein überaus stimmungsvoller Genremix aus Drama, Exploitation- sowie Horrorfilm gelungen, der mit einem konsequenten Ende aufwartet, das tonal hervorragend zum Rest des Films passt. Da sieht man gerne über manche unnötige, da zusammenhanglos wirkende Füllsequenz wie etwa die einer Krankenhauspatientin, die eine andere bis aufs Blut auspeitscht, hinweg.

Fazit

In „Die Stunde der grausamen Leichen“ treffen Motive des mad scientists auf eine an Quasimodo aus dem Roman Der Glöckner von Notre-Dame angelehnte Figur. Daraus erwächst, ungeachtet aller Klischees, eine gleichwohl tragische wie gewalttätige Geschichte. Paul Naschy darf derweil als buckliger Gotho eine seiner besten schauspielerischen Leistungen überhaupt abrufen. „Die Stunde der grausamen Leichen“ mag zwar kein filmisches Meisterwerk darstellen, für Fans von Euro-Trash ist der Film allerdings trotzdem absolut zu empfehlen.

Kritik: Constantin Wieckhorst

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