Destination Wedding ist sicher eine der größten Überraschungen des Jahres und eine sehr intelligente wie auch einfühlsame Liebeskomödie über die Absurdität des menschlichen Narzissmus und wie er uns, in seiner subtilsten und bemitleidenswertesten Form, begegnen kann. Im Fokus - und das ändert sich über die Lauflänge hinweg bis auf wenige intensive Momente nicht - stehen Frank (Keanu Reeves, John Wick) und Lindsay (Wiona Ryder, Stranger Things). Beide Charaktere sind auf eine Hochzeit eingeladen, auf der sie sich fehl am Platz fühlen. Frank ist ausschließlich wegen seiner Mutter, zu der er ein gestörtes Verhältnis pflegt, vorort und Lindsay wegen des Bräutigams, der absurderweise ihr Ex-Verlobter ist. Frank fühlt sich genötigt hinzugehen und Lindsay möchte nicht ihr Gesicht verlieren, indem sie der Einladung des Bräutigams nicht nachgeht.
Da erkennen wir auch schon den ersten Bruch in der Fassade: Beide wollen unbedingt den Anschein erwecken, sich nicht darum zu kümmern, was andere von ihnen denken, agieren jedoch nach gesellschaftlichen Konventionen. Das wird auch deutlich, wenn beide in einer Diskussion den moralischen Wert ihrer Berufe verteidigen. Es geht ihnen zu Beginn nur um sich selbst und dazu gehört auch das Bild nach außen, auch wenn beide kein Interesse an einem eigenen Bild vom Außen hegen. Beide kennen nur den eigenen Nutzen und suhlen sich im Selbstmitleid. Sie bedienen sich eines Pessimismus, der nicht konstruktiv erscheint, sondern rein nihilistisch.
Doch warum bedienen sie sich dieses Zustandes? Er ist einfach und erstickt jedes Verantwortungsgefühl im Keim. Jemand, der alles als absolut schlecht anerkennt, verschreibt sich der Ablehnung von allem, ebenso wie ein jemand, der alles als absolut gut anerkennt, sich der Zustimmung von allem verschreibt. Beides ist gefährlich und läuft auf dasselbe hinaus, auf das Beibehalten gegebener Zustände. So tappen Lindsay und Frank auf der Stelle, entziehen sich der Realität und versuchen nicht schöpferisch auf ihr eigenes Schicksal einzuwirken. Der Film erkennt, dass diese Form von Anti-Kitsch selbst auch eine Art Kitsch darstellt und persifliert das auf unterhaltsame Art und Weise. Das ist deshalb so vergnüglich, weil in den letzten Jahren die Angst davor, kitschig zu sein, unverhältnismäßig groß erscheint. Viele Komödien lassen dann den Anti-Kitsch (der selbst auch Kitsch ist) in einer kitschigen zweiten Hälfte kulminieren. Destination Wedding endet jedoch im rechten Moment, nämlich genau dort, wo normalerweise der Kitsch einsetzen würde.
Im letzten Drittel des Filmes sehen wir Frank alleine an einem Taxi-Stand stehen und er versucht mit einem Fremden zu interagieren, der ihn jedoch zu ignorieren scheint. Er erkennt, dass der Zustand, in dem er sich befand, ein einsamer war und das an dieser Einsamkeit nichts Nobles ist, wie er es versucht sich in der ersten Hälfte noch zu zurecht zu legen. Die wie Opium betäubende Decke aus nihilistischen Lügen ist weg. Die Liebesbeziehung dient neben der Funktion als solche zur Konfrontation mit dem Gleichen, um die eigene Situation erkennen zu können, die eigene Feigheit und die Fehlleitung der Lebensführung.
Lindsay und Frank werden dabei in ihrer makelhaften Menschlichkeit begriffen, was die beiden Darsteller exzellent verkörpern. Die Inszenierung begleitet verständnisvoll, sensibel und lässt großen Raum für intellektuelle Gedanken und Ideen der Charaktere, die wie so oft ins Leere führen, aber auch eine Kraft in sich tragen können. Jeder Moment, jedes Schweigen und jede Mimik ist von Bedeutung für das Zwischenspiel der Protagonisten. Victor Levin (Von 5 bis 7) hat einen Film geschaffen, der eigenartig unterhaltsam, optimistisch und dennoch melancholisch daherkommt. Besonders ist daran, dass er es versteht auf gesellschaftliche Trends zu verweisen (Generation Maybe, Anti-Kitsch, Narzissmus, etc.) und dabei die Liebe als Gefahr und Gegenmittel zugleich begreift.