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Ohne Ahnung weshalb, wird Josef (A. Perkins) von zwei Polizisten abgeführt und eingesperrt. In Gefangenschaft wartet er nun auf seinen Prozess, dessen Ausgang für ihn aufgrund der mysteriösen Umstände seiner Verhaftung im Dunkeln liegt. Dennoch versucht er sich vor Gericht nach bestem Wissen selbst zu verteidigen, doch scheinbar ist er hier einem ganz perfiden Spiel aufgesessen … - Verfilmung des Romans von Kafka durch Orson Welles.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Wenn der eigensinnige Exzentriker Orson Welles (Im Zeichen des Bösen) ein Werk von Franz Kafka verfilmt, dürfte eines klar sein: das Ergebnis kann unmöglich konventionelle Kost darstellen. Welles bleibt dabei der zwischen 1914 und 1915 von Kafka verfassten, aber erst nach seinem Tod anhand von hinterlassenen Manuskripten fertiggestellten Geschichte inhaltlich weitestgehend treu, zumindest in den wichtigsten Eckdaten. Es gibt hier und da kleinere Abweichungen und Anpassungen, im Grunde ist es aber eine sehr werkgetreue Adaption. Diese galt als unverfilmbar und diverse Kritiken bemängelten seiner Zeit, dass Welles Stimmung und Tonalität des Romans nicht gerecht werden würde. Ob dies jedoch überhaupt sein Anliegen war, sei mal dahingestellt. Welles selbst war von seinem Werk begeistert und nannte es einmal seine beste Arbeit. Darüber kann natürlich ausgiebig diskutiert werden, zweifellos ist Der Prozess aber ein Film, der unweigerlich im Gedächtnis bleibt, insbesondere aufgrund der gewagten wie beeindruckenden Inszenierung.

Die Geschichte des Angestellten Josef K. (Anthony Perkins, Psycho), der am frühen Morgen von Justizmitarbeiter in seinem Schlafzimmer aufgesucht und eines (im gesamten Film niemals konkret benannten) Verbrechens bezichtigt wird, realisiert Orson Welles von Beginn an als eine Mischung aus verstörend-surrealem Albtraum und giftiger Satire, die die absurden Auswüchse von weltfremder Bürokratie und selbstherrlicher Staatsgewalt in sämtlichen Bereichen auf die Spitze treibt. Das Spiel mit Verhältnissen und Perspektiven nimmt dabei eine bedeutende Rolle ein. So erscheint beispielsweise die Decke in K.‘s Wohnung am Anfang viel zu niedrig, was für ein zusätzliches Gefühl der Beklemmung und Bedrängung führt. Hingegen ist der Gerichtssaal nicht nur unglaublich gefüllt mit Menschenmassen, sondern verbirgt sich auch noch hinter einer überdimensional großen Tür, was die Stellung der Figuren in den jeweiligen Szenen deutlich hervorhebt. Immer wieder sprechen Figuren entweder von oben herab oder blicken hinauf, obwohl man sich rein perspektivisch auf Augenhöhe befinden müsste. Welles nutzt die Vorteile gegenüber der Bühne maximal aus und liefert allein durch seine Bilder, Winkel und Einstellungen einen Lehrbucheintrag für die Möglichkeiten des Mediums.

Natürlich lässt es sich der Meister nicht nehmen, auch wieder vor der Kamera aufzutreten. In der Rolle des göttergleichen Advokaten, der sich einen von ihm abhängigen Klienten praktisch wie ein Haustier hält. Die Show gehört aber eindeutig Anthony Perkins, der eine fantastische Performance abliefert und diesen Spagat zwischen verstörendem Surrealismus und sarkastischem Humor auch in seinem Spiel optimal zum Ausdruck bringt. Beinah schon zynischer Pessimismus geht in ein Wechselspiel mit intelligenter Gesellschaftskritik und kulminiert in grotesken wie genialen Metaphern. Darin erinnert Der Prozess sowohl an das hinterfragend-politische Kino eines Costa-Gavras (Das Geständnis), abstraktes Albtraum-Kino von David Lynch (Eraserhead), intelligentes Genre-Kino von Elio Petri (Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger) und sogar schrille Science-Fiction Parabeln von Terry Gilliam (Brazil). Es gibt so viele kleine und große Details, auf die man hier im einzelnen eingehen könnte, dann würde dieser Text aber ebenso abstruse und überdimensionale Entgleisungen annehmen, wie sie der Plot am laufenden Band präsentiert.

Fazit

Es ist in der Tat schwer, dieses „Ereignis“ in passende Worte zu fassen, da es hier wirklich um das Erleben eines cineastischen Kraftaktes geht. „Der Prozess“ ist mutiges und vor allem grandios inszeniertes Kino, das natürlich Grenzen auslotet und im Grunde nur auf pure Gegenliebe oder irritiertes Achselzucken stoßen kann. Jeder mit der Affinität zum Film sollte diesem speziellen Exemplar wenigstens mal eine Chance geben, denn ob es nun wirklich der beste Film von Orson Welles ist oder nicht: es ist auf alle Fälle einer seiner Interessantesten. Auf seine Art sogar vielleicht interessanter als „der beste Film aller Zeiten“ „Citizen Kane“.

Kritik: Jacko Kunze

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