Der Liebhaber des filmischen Taschentricks Quentin Dupieux (Die Wache) meldet sich nach nur kurzer Pause mit seinem Film Monsieur Killerstyle zurück. In einem dem Presseheft beigelegtem Interview erklärt Dupieux, dass dieser ein Novum in seiner Filmographie darstellt: Während er bislang völlig absurde Welten kreiert hat, soll es diesmal um eine normale Welt gehen, die der unseren gleicht, in der ein einzelner Mann allmählich durchdreht. Gespielt wird dieser Mann - namentlich Georges - von Jean Dujardin (The Artist), der eine wiederholt überzeugende Leistung abliefert.
Der Film beginnt ohne große Vorgeschichte, wir werden direkt ins Geschehen geworfen. Die ersten Aufnahmen begleiten Georges beim Tanken, wo er sich und seine Jacke in einer Spiegelung bewundern kann. Er ist furchtbar unzufrieden mit diesem Anblick und beschließt kurzerhand, sie die Toilette hinunter zu spülen. Wenig später investiert er mehrere tausend Euro in eine neue, "todschicke" Lederjacke und eine Videokamera, die er dazu geschenkt bekommt. In der Jacke sieht er etwas, das kein anderer sehen kann - weder der Zuschauer noch ein anderer Charakter im Film. Er ist jedoch davon überzeugt, dass dies die schickste Jacke ist, die wohl jemals jemand getragen hat. Aus dieser Überzeugung wird schnell ein Wahn und er bildet sich ein, alle Aufmerksamkeit würde aufgrund des schicken Lederprodukts auf ihm lasten.
So lernt er letztlich die Bardame und Cutterin Denise (Adèle Haenel,Das unbekannte Mädchen) kennen, die in der örtlichen Kneipe in der Nähe eines Hotels arbeitet, in dem sich Georges niedergelassen hat. Aus Geldnot gibt er vor, er arbeite als Regisseur an einem neuen Film, engagiert sie als Cutterin und leiht sich regelmäßig Geld von ihr, das er wiederum in zu der Jacke passende Lederprodukte investiert. Das Aufnahmematerial, das er seiner neu engagierten Cutterin zukommen lässt, umfasst anfangs nur skurrile Aufnahmen seiner Jacke. Bis diese letztlich mit ihm zu kommunizieren beginnt und ihm befielt, Menschen zu ermorden.
Die besondere Skurrilität des Filmes erwächst dabei aus der Grundlosigkeit: Wir erfahren nicht, warum Georges allmählich durchdreht, warum er von dieser Jacke so besessen ist, wer er überhaupt ist und was er für eine Vorgeschichte erlebt hat. Der Film beginnt dort, wo er anfägt am Rad zu drehen und die Fetzen, die wir über sein Privatleben an die Hand gereicht bekommen, verraten uns genau so viel, um zu wissen, dass er nicht immer so war. Diesen Eindruck der völligen Absurdität kennen wir aus den vorigen Dupieux-Werken nur zu gut, doch diesmal können wir uns als Zuschauer auf der richtigen Seite wägen: Während er uns vorher Filme präsentiert hat, in denen die Absurdität tief in die Struktur der Welt eingeschrieben war, präsentiert uns die Welt aus Monsieur Killerstyle Georges als Individuum, dessen Verhalten von Absurdität geprägt ist.
Das wird nicht zuletzt Grund dafür sein, dass ihm hier sein vielleicht bester Film geglückt ist: Während seine Welten stets die Neigung hatten, in grenzenloser Beliebkeit zu ertrinken, hat diese Welt feste Regeln, gegen die Georges mit zunehmender Intensität verstößt. Sein Wahn treibt ihn dazu, soziale Konventionen zu missachten, zu lügen, neurotische Züge an den Tag zu legen und letztlich zu morden. Als Zuschauer forschen wir mit Denise nach und versuchen zu ergründen, was das Ganze soll, was hinter dem Mann mit dem todschicken Style steht. Nur um am Ende von Dupieux die Grundlosigkeit ins Gesicht gedonnert zu bekommen. Monsieur Killerstyle endet wie ein bitterböser Witz, dessen Pointe in 77 Minuten nur so an einem vorbeirast.
Doch das Werk überliefert die Grundlosigkeit, die sich als Motiv durch die gesamte Filmographie des Ausnahmeregisseurs zieht, nicht nur besser als seine vorigen, sondern bettet sie in einen besonderen Kontext ein: Im Zentrum steht die filmische Dokumentation der Serienmorde. Während das Filmmaterial für jeden Außenstehenden gänzlich unverständlich erscheinen muss, sind wir als Zuschauer zumindest insofern eingeweiht, als dass wir erkennen, welche Gedanken Georges zu diesen Aufnahmen getrieben haben. Denise verliert wiederum selbst allmählich den Verstand dabei, etwas Höheres und Tiefgründigeres in dem "Werk" von Georges zu sehen. Demnach ist auch ein Metakommentar auf das Medium "Film" als Kunstform geglückt, und vielleicht auch ein Metakommentar auf Dupieux´ eigenes Schaffen, an dem sich Zuschauer nach wie vor den Kopf zerbrechen - wahrscheinlich auch ein wenig zu sehr.